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Vor dreißig Jahren...

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... genauer gesagt, am Weih-nachtstag des Jahres 1941, schrieb der Führer der NSDAP des Frankenlandes, Julius Streicher, in seiner Zeitung „Der Stürmer“: „Wenn die Gefahr der Fortpflanzung dieses Fluches Gottes im jüdischen Blut endlich zu einem Ende kommen soll, dann gibt es nur einen Weg: die Ausrottung dieses Volkes, dessen Vater der Teufel ist.“

Einen Monat später, am 20. Jänner 1942, wurde das von dem Paranoiker Streicher verlangte Ende der Juden von dem Vorsitzenden einer in einer am Wannsee einberufenen Konferenz hochgestellter Ministerialbeamter und SS-Führer vom Chef der Sicherheitspolizei und des SD Reinhard Heydrich auf folgende Prozedur reduziert:

„Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung der Judenfrage die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Kolonnen ... werden die Arbeitsfähigen straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen...“

Die Zahl der also für die Ausrottung bestimmten Juden wurde auf der Wannseekonferenz mit insgesamt elf Millionen angegeben. Das waren sämtliche Juden Europas sowie diejenigen des asiatischen Teils der UdSSR. Unter den hierbei zu „erfassenden“ Ländern wurden durchaus nicht nur die mit Deutschland verbündeten oder von ihm besetzten angeführt, sondern auch alle neutralen, wie Irland, die Schweiz, Schweden, die Türkei, Portugal. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes auf der Wannseekonferenz, Luther, wies in seinem Referat darauf hin, daß von den Regierungen all dieser Staaten keine Schwierigkeiten hinsichtlich der Auslieferung ihrer Juden zur Endlösung zu erwarten seien. Lediglich bei den nordischen Staaten wäre es ratsam, sich zunächst einer gewissen Zurückhaltung zu befleißigen. Die Zahl der dort in Betracht kommenden Juden sei jedoch so gering, daß sich das in der Gesamtaktion nicht wesentlich auswirken werde ...

Daß bei Kriegsende „nur“ sechs anstatt der vorgesehenen elf Millionen Juden ermordet worden waren, war in der Tat nicht auf irgendwelche spezielle Widerstände der Regierungen jener Staaten zurückzuführen, sondern nur darauf, daß die deutsche Wehrmacht diese Länder bis dahin nicht erobert und „end-lösungsreif“ gemacht hatte.

All das vor dreißig Jahren. Trotzdem werden auch heute noch Konferenzen über „Endlösungen“ der Judenfrage, vergleichbar der am Wannsee beschlossenen, abgehalten. Nur mit der Verwirklichung spießt es sich diesmal weit mehr als damals. Wie immer sich diverse Regierungen und internationale Foren dazu verhalten, die Juden haben seither gelernt, sich auf sich selbst und auf ihren Staat Israel zu verlassen.

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