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Wenn Große und Kleine ratlos sind …

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Der „Turm des Friedens“ überragt den Parlamentsbezirk der kanadischen Hauptstadt Ottawa, in der eben die Staats- und Regierungsspitzen der sieben Hauptmächte des Westens ihren Wirtschaftsgipfel bestritten, aber der dumpfe Trommelwirbel eines anscheinend entfesselten israelischen Ministerpräsidenten Begin sorgte für allzu martialische Hintergrundmusik.

Der Zustand der westlichen Welt wäre im Augenblick nur mit äußerster Mühe als zufriedenstellend zu beschreiben, und weil das nicht zuletzt von der Wirtschaftspolitik gilt, hat von vornherein vom siebten Weltökonomiegipfel niemand Konkretes erwartet. Zu unterschiedlich waren die Ausgangspositionen der Teilnehmer gewesen, als - wie immer schon Tage vor Beginn dieser Konferenz - das Schlußkommunique formuliert wurde.

US-Präsident Ronald Reagan kam mit der missonarischen Predigt, daß wachsende Staatsbudgetdefizite, öffentliche Schuldenmacherei und wuchernde Bürokratismen das Elend eskalierender Infiations- und Arbeitslosigkeitsraten verursacht hätten und empfahl Steuersenkungen, Hochzinse und Abbau der Staatsaktivitäten als Universalrezept.

Auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher sieht in der Inflationsbekämpfung die Hauptaufgabe, steuerte aber außerdem vor allem einen scharfen Gegenkurs gegen japanische Billigexportwellen und urgierte Fortschritte beim Nord/Süd-Dialog.

Dieser war auch ein Hauptanliegen des neuen französischen Staatspräsidenten Mitterrand, der seinerseits der Arbeitsplatzbeschaffung Vorrang vor der Infiationsbekämpfung einräumt und auch sein Verstaatlichungs- und Arbeitszeitverkürzungsprogramm sicher nicht ohne Inflationsauftrieb über die Runden bringen kann.

Weithin auch von Italien unterstützt, fand diese Prioritätenliste nicht nur bei Amerika wenig Gegenliebe, sondern auch nicht bei der Bundesrepublik Deutschland, deren Wirtschaftskurs irgendwo zwischen dem amerikanischen und dem französischen liegt - auch in der Frage der US-Hochzinspolitik, die vor allem Kanada, Frankreich und Italien kritisierten, während Mitterrands Hoffnung auf eine schrittweise Rückkehr zu festen Währungswechselkursen so gut wie keiner der Partner teilte.

Für den globalen Freihandel plädierten sie wortreich alle, aber keinem der Sieben (Japan nicht ausgenommen) ist Protektionismus in eigener Sache fremd. Und für eine rasche Wiederankurbelung der Wirtschaft und spürbare Verringerung der Abhängigkeit vom Nahostöl ist ihnen allen miteinander nicht viel eingefallen.

Kein Grund also für Österreich, das sich globalen Konjunkturtendenzen nicht entziehen kann, sich mit Verniedlichungen zu bescheiden und auf gewagte Experimente einzulassen.

Dennoch schalt Bundeskanzler Kreisky wieder einmal die Medien, eine Wirtschaftskrise zu „erfinden“, und die Regierungspartei erweist sich als unfähig, uns klipp und klar zu sagen, ob sie von mehr oder weniger Arbeit, mehr oder weniger Leistungswillen eine Überwindung der Krise erwartet.

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