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Zeitgenosse
Aus „Australia“ wird allmählich Austria. Austria? Donau — Walzer — Lipizzaner — Sängerknafoen — Staatsoper. Wiener Kongreßzentrum? Der Heurige. Tirol? Olympia. Salzburg? „Jedermann.“ Sigmund Freud — Österreich ein Land der Spinner? Derlei „Dogmen“ auszumerzen, ist eine Aufgabe der Fremdenverkehrswerbung.
Mit der Hoffnung, daß ihm auch dies gelingen möge, trat im Jahre 1974 ein Mann an die Spitze der österreichischen Fremdenverkehrs-werfoung; es war der damals 31jähri-ge, fünfsprachige Diplomkaiufinann und Doktor der Handelswissenschaften Helmut Zolles, theoretischer Public Relations Manager (mit Fordinstitut) und internationaler Reiseleiter (mit staatlicher Prüfung). Autor mannigfaltiger Fachlektüre. Ihm zur Seite: Dkfm. Franz W. Kubier (als „Rechnungshof“) für Verwaltung und Organisation, Norbert Hofbauer, ein VoiaiMutjournalist, als Pressereferent — dazu weitere 75 in-und 120 ausländische Mitarbeiter, ehrenamtliche, für den Fremdenverkehr tätige Handelsdelegierte und ... die AUA.
Dr. Zolles' Aufgabe bestand nun nicht in der schöpferischen Tätigkeit, sondern vor allem auch in der mühsamen Koordination der einzelnen Bundesländer- und Ortswerbungen, die allein 200 Millionen Schilling ausmachen. Zum Jahresbudget der als unparteiischer Verein (Obmann: Syn-dicus Dr. Gustav Zedek) konstituierten österreichischen Fremderwer-kehrsweribunig stiften 60 Prozent das Handelsminiisterium, 20 Prozent die neun Bundesländer und 20 Prozent die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft. Spenden sind natürlich willkommen. Dieses Budget wird durch die Schaffung neuer Ideen, die Arbeit mit Wissen und Intelligenz, das eingespielte Team hundertfach aufgewertet. So zeigt das Femsehen gegen Jahresende eine Anneliese-
Rotheniberger-Show über Wien und Österreich, eine Perry-Como-Show „Christimas in Austria“, die von der amerikanischen Bob Barner Corporation mit 500 Millionen Dollar finanziert wird. Mexiko, Lateinamerika, Japan und die Eurovision sind angeschlossen (das heißt: 200 Millionen Zusehern wird „Austria“ ins Haus geliefert).
Ein weiteres Aufgabengebiet besteht in der Beschickung internationaler Fremdenverkehrsausstellungen mit Material und in Multimedia-Shows, die um die ganze Welt kreisen. Ausländische Diskotheken erhalten Miniimultivisionsshows als Programmeinilage, was wieder beiden Seiten — den Diskotheken als Attraktion und Österreich als Werbung — zugute kommt. Abgesehen von speziellen Inseraten, Postkarten, gezielter Briefwerbung, ist nun das Arbeitspensum Dr. Zolles' und seines Teams einigermaßen abzuschätzen. Dazu kommt die aktive Unterstützung des ORF (zum Beispiel in der Sendung „Wir“) mit Presse- und Filmmaterial, überhaupt der Massenmedien, aller ausländischen Vertretungen (17 Dependancen in Belgien, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Italien, Japan, Niederlande, Spanien, der Schweiz, den USA dazu die ehrenamtlich tätigen Handelsdelegationen), sowie der einzelnen in- und ausländischen Reisebüros mit kompletten Ferienprogrammen in Wort, B'ild und Zahl.
Seit drei Jahren wird auch die Inlandswerbung immer mehr angekurbelt, ein Tonibandkundendienst (Wien 0222/15 23) gibt laufend Fremdenverkehrsauskünfte, ein Computer liefert auf Anruf und Abruf den individuellen Urlaub nach Maß. Fünfundvierzig verschiedene und signifikante Urlaubsvarianten pro Fremdenrverkehrsort sind eingespeichert.
„Nema problema“, es gibt kein Problem, sagt man in Jugoslawien und meint damit: es wird alles geregelt. Und diese populäre Umschreibung geschickter Improvisation als Ergänzung durchdachter Planung paßt auch auf den Chef der österreichischen Fremdenverkehrswerbung. Mit „Hirn“, Witz und Sachverstand werden alle Möglichkeiten der Werbung ausgelotet und in die Praxis umgesetzt.
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