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Autorenlexikon der Gegenwart

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Nach einer durch den zweiten Weltkrieg bedingten Pause wird es nun wieder möglich, über das gesamte zeitgenössische Schrifttum deutscher Sprache zuverlässige Auskunft zu erhalten, die bis an die unmittelbare Gegenwart reicht. Der Kürschnersche Literaturkalender erscheint wieder. Es haften ihm zwar noch mancherlei Unvollkommenheiten an, doch die werden in dem Maße verschwinden, als die Schwierigkeiten des Postverkehrs aufhören. Wilhelm Kosch hat sein ausgezeichnetes Deutsches Literaturlexikon in zweiter Auflage vorgenommen; es berücksichtigt auch die jüngste Zeit. Von Josef Körner empfingen wir im gleichen Schweizer Verlag (Francke, Bern) ein Bibliographisches Handbuch des deutschen Schrifttums, das den erweiterten einstigen Anhang zur Walzeischen Literaturgeschichte darstellt. Im Columbia Dictionary of Modern European Literature von 1947/48 sind die Deutschschreibenden zahlreich behandelt. Kutzbach, als früherer Mitarbeiter der 1943 eingegangenen „Neuen (vor dem Schönen) Literatur“ bekannt, hat neben den erwähnten Büchern eine besondere, abgegrenzte Aufgabe. Er wählt aus der Masse der im Kürschner mechanisch, nur auf Grund dei Tatsache des Gedrucktseins aufgenommenen Schriftsteller die ihm wertvoll scheinenden und die erforggekrönten heraus. Sie alle, rund tausend, werden in ihrer Bedeutung entsprechender Ausführlichkeit oder Knappheit gewürdigt, ihr Lebenslauf ist geschildert; es folgen das Verzeichnis ihrer Werke und häufig die ihnen gewidmeten wichtigsten Monographien und Zeitschriftenartikel. Dem 450 Seiten umfassenden alphabetischen Katalog der Dichter und Prosaiker — nur die schöne Literatur wird einbegriffen — reiht sich ein 50 Seiten starker Anhang an. Er enthält sehr willkommene Angaben über die Chronik des literarischen Lebens seit 1945, dann „Hilfsmittel zur Orientierung im zeitgenössischen Schrifttum“, vorher gruppiert Kutzbach die Autoren nach den von ihnen bevorzugten literarischen Gattungen, nach ihrer engeren Heimat, ihrer Weltanschauung, ihren Stoffen und ihrer formalästhetischen Einordnung.

Die Anlage des Buches verdient alles Lob. Ein gleiches können wir vom redlichen Vorsatz aussagen, gerecht zu urteilen und unvoreingenommen auszuwählen. Auch der Grundsatz, sich auf die 1945 am Leben befindlichen Schriftsteller zu beschränken, ist zu billigen. Freilich muß der Verfasser hier von seinem Prinzip abweichen, indem er Verstorbene aufführt, deren Nachlaß erst nach dem Stich jahr bekanntgeworden ist, so vor allem Barlach. Bei Stefan Zweig wäre dagegen die Notwendigkeit, ihn wegen seiner .Welt von gestern“ einzubeziehen, zu bezweifeln. Weit lebendiger und künstlerisch unendlich bedeutsamer wären etwa Karl Kraus, der Unverqeßbare, Richard v. Schaukai, Robert Musil. Was die tausend Auserkorenen betrifft, so hätten wir nur wenige auszumerzen und noch weniger nachzutraaen. Unter den zu Unrecht Ubersehenen nenne ich Dallago, Otto Gmelin. Des weiteren Kurt Bartel-Kuba, den Dichter des „Gerichts vom Menschen“, den österreichischen Erzähler Gustav Karl Bienek, den Schweizer Dramatiker Oscar Eberle, den vortrefflichen Schweizer Romancier Paul Ilg, den Autor der Moorsoldaten“, Wolfgang Langhoff, die Märchendichterin Maria Mayer, den österreichischen Lyriker von Rang undZeit-schriftenherausgeber, derzeit Leiter der literarischen Abteilung des Senders Rot-Weiß-Rot, Ernst Schönwiese, den Redaktor des „Bund“ und führenden Schweizer Dramatiker Arnold H. Schwengeler, den sozialistischen Arbeiterpoeten Josef Luitpold Stern, den Wiener Erzähler und feinen Essayisten Franz Taucher, den sudetendeutschen Erzähler Friedrich Win-terholler. Kutzbach kündigt einen zweiten Band an, in dem er die Vertreter der sogenannten Kunstprosa berücksichtigen will. Dort sollen wir den Schriftstellern begegnen, die vor allem im Essay, in der Kritik oder in Philosophie und Geschichtsschreibung hervorgetreten sind. Er verweist in diesen künftigen Band zum Beispiel Edwin Erich Dwinger und Rudolf Pannwitz, die meines Erachtens der eine vornehmlich als Erzähler, der andere als Lyriker zu werten sind.

Daß sich in ein Lexikon allgemeiner Art stets viele Einzelirrtümer einschleichen, ist selbstverständlich. Sie auch nur einigermaßen erschöpfend anzumerken, darf nicht Zweck einer Besprechung sein. Hier seien nur ein paar Entgleisungen erwähnt, über die man den Kopf schüttelt, denn sie wären bei der unbezweifeibaren großen Bildung Kutzbachs zu vermeiden gewesen. Andrian zum Beispiel als Generalgouverneur Polens im ersten Weltkrieg zu bezeichnen, von einem javanischen Nobelpreisträger Prinz Noto zu sprechen, beides wäre nach einem Blick in Konversationslexika unterblieben. Im Schweizer Lexikon hätte der Autor zum Beispiel die Todesdaten von Otto Wirz und an vielen Orten den Geburtstag Jakob Haringers gefunden. Doch derlei Kleinigkeiten sind nicht so bedauerlich wie die übergroße Nachsicht, die Kutzbach dem — meist durch naiven Idealismus erklärten — Verhalten mancher bedeutender und einiger herzlich unbedeutender Schriftstellen entgegenbringt, die unter dem Dritten Reich zu hohen Ehren kamen. Das wird keineswegs durch die Gastfreundschaft kompensiert, die er, ebenso unnötigerweise, Modeautoren von der anderen Fakultät aus der Emigration zubilligt. Allein derlei menschliche Schwächen — wie freuen wir uns, in Literaturhandbüchern keine unmenschliche Härte zu treffen! — vermögen den Wert des sehr gelungenen Nachschlagewerkes kaum zu beeinträchtigen. Nicht zuletzt ist an ihm zu rühmen, daß es rasche Ubersicht darüber vermittelt, welchen Anteil die einzelnen Gebiete und die mannigfachen Weltanschauungen an der Leistung des heutigen Schrifttums deutscher Sprache haben. Katholiken und Österreicher können mit ihm zufrieden und auf ihn stolz sein. Univ.-Prof. Dr. Otto Forst de Battaglia

Der Lehrvertrag im Rahmen der Gewerbeordnung. Von Anton K i m m 1. Verlag Arbeiterkammer, Salzburg.

In der aktuellen Schriftenreihe der Arbeiterkammer Salzburg ist von einem der ersten Fachleute auf dem Gebiete des Lehrlingswesens, der bereits durch eine Reihe von Veröffentlichungen bekannt geworden ist, die Publikation über den Lehrvertrag erschienen. Diese stellt einen sehr wertvollen Behelf dar, sich in den im Laufe der Zeit sehr verworrenen gesetzlichen Bestimmungen im Lehrlingswesen zurechtzufinden. Die Schrift enthält im Anhang ein Verzeichnis der Lehrberufe sowie einen Auszug aus dem Gesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, welches überdies auch in der Schrift selbst erläutert wird. Die Arbeiterkammer Salzburg hat damit ihre sehr wertvolle Schriftenreihe durch ein notwendig gewordenes Werk eröffnet. Dr. Karl Kummer

Grundlagen der Instrumentenkunde. Von

Stefan Meyer und Alexander Wunderer. Universal-Edition, Wien. 219 Seiten.

Dieses Buch ist das Ergebnis einer denkbar günstigen Koalition. Wissenschaft und Kunst, vertreten durch den emeritierten Ordinarius für Akustik an der Wiener Universität einerseits und durch ein prominentes Mitglied der Wiener Philharmoniker, den Ahnherrn einer ganzen Oboistengeneration andererseits, sind hier eine Arbeitsgemeinschaft eingegangen, durch die in richtiger Abschätzung der Zwecke des Buches das umfangreiche Gebiet der Instrumentenkunde leicht faßlich und lebendig dargestellt wird. Im ersten Teil wird der ganze akustische Fragenkomplex des Schalles behandelt, wobei neben der Reichhaltigkeit der gebotenen Untersuchungen und Beispiele besonders die Freimütigkeit angenehm auffällt, mit der die Unzulänglichkeiten der Raumakustik in der Praxis zugegeben werden. Im zweiten Teile werden, ausgehend von den Saiteninstrumenten, alleMusikinstrumente ausführlich beschrieben und erklärt. Hier zeigt sich die eminente Orchesterpraxis des Verfassers aufs vorteilhafteste. Hier fallen auch treffende Bemerkungen zu dem bekannten Problem der Normalstimmung. Kurze Hinweise auf Rundfunk, Tonfilm und Schallplatte vervollständigen dieses ausgezeichnete, mit vielen Illustrationen, Musikbeispielen und graphischen Darstellungen beziehungsweise Tabellen versehene Buch, dessen weite Verbreitung in Musikkreisen, insbesondere in entsprechenden Unterrichtsanstalten, sehr zu wünschen ist.

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