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Die Messe als Instrument des internationalen Handels

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Für jedes Wirtschaftsunternehmen, sei es im Bereiche der Erzeugung, des Handels oder Verkehrs, ist das Primäre der Absatz. Erst auf diesem kann sich eine Produktion oder Dienstleistung aufbauen.

In einer jahrhundertelangen Entwicklung haben sich die Messen als eines jener Instrumente herausgebildet, die den Absatz und damit die Produktion verhältnismäßig rasch vorantreiben können. Ihre Bedeutung hat zugenommen, je mehr mit der Entwicklung des Verkehrs- und Nachrichtenwesens die Wirtschaftsräume einander nähergekommen sind. Der Kulminationspunkt dieser Entwicklung ist zweifellos noch lange nicht erreicht.

Während jedoch die moderne Technik die Möglichkeit gegeben hat, immer weitere Gebiete zu großen Absatzmärkten zu erschließen, ist diese Entwicklung vielfach durch Schranken aufgehalten oder verzögert worden, die sich die einzelnen Länder selbst gesetzt haben. Insbesondere in der Periode von 1930 bis 1950 hat eine unter dem Druck schwerer deflationistischer und inflationistischer Störungen stehende Wirtschaftspolitik in der gegen seitigen Abschließung der Länder ihr Heil gesehen. In dieser Periode haben auch die Messen trotz zeitweise bedeutender Fortschritte bei weitem nicht alle potentiellen Möglichkeiten ausschöpfen können.

Seit-1950 ist jedoch zuerst allmählich, dann aber in rascherem Tempo ein Tendenzumschwung eingetreten. Die immer deutlicher werdende Tatsache, daß die Wirtschaft durch interne wirtschaftspolitische Maßnahmen sowohl gegen größere inflationistische wie deflationistische Abweichungen abgeschirmt werden kann, hat das Verlangen nach gegenseitigen Absperrungsmaßnahmen weitgehend zurücktreten lassen. Vom Ausgangspunkt des Jahres 1950 aus gesehen ist etwa die Hälfte des Weges zur wirtschaftlichen Integration der OEEC-Länder, allerdings die etwas weniger schwierige Hälfte, bereits zurückgelegt worden. Nicht ganz 90 Prozent des Waren- und Dienstleistungsverkehrs zwischen diesen Ländern gehen bereits ohne mengenmäßige Beschränkungen vor sich. Das dadurch für den internationalen Handel eröffnete neue Betätigungsfeld hat dem Messewesen den größten bisher verzeichneten Auftrieb gegeben. Die damit parallel laufende Erhöhung des Lebensstandards in allen angeschlossenen Ländern ist sicher zu einem nicht unerheblichen Teil durch die Ausweitung des internationalen Handels und seiner Einrichtungen mitverursacht worden.

Trotz oder vielleicht gerade wegen der exponierten Lage Wiens am Rande der freien Welt hat auch die Wiener Internationale Messe, insbesondere nach dem Staatsvertragsabschluß, stark an Umfang und Bedeutung gewonnen. Wien ist heute aus dem Zusammenhalt der internationalen Messen nicht mehr wegzudenken. Die räumliche Konzentration eines großen Teiles des österreichischen Warenangebotes übt eine große Anziehungskraft auf die ausländischen Interessenten aus, die sich einen raschen Gesamtüberblick über die österreichischen Erzeugnisse verschaffen können, zu dem sie sonst ein Vielfaches an Zeit und Mühe aufwenden müßten. Erfreulicherweise nimmt auch die Beteiligung ausländischer Aussteller an der Wiener Messe zu, was wieder für den österreichischen Import- und Transithandel bedeutende Folgewirkungen mit sich bringt.

Der bisherige Entwicklungsrhythmus der Wiener Messe zeigt deutlich, welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Tempo der Ausweitung dieser Institution im wohlverstandenen Interesse der österreichischen Gesamtwirtschaft beizubehalten oder zu beschleunigen. Das ausschlaggebende Moment liegt in einer geradlinigen Fortsetzung der bisherigen Integrationsbemühungen, von denen man mit Recht sagen kann, daß sie infolge eines überlegten und zeitlich ausgewogenen Vorgehens die unvermeidlichen Anpassungsschwierigkeiten auf ein erträgliches Mindestmaß reduziert haben. Welcher institutionellen Einrichtungen sich die weitere Integration bedient, ist im Grunde eine zweitrangige Frage, entscheidend. ist ;dįą Verwirklichung des bereits vpja Anfang,iLiberalisierungsmaßnahmen zugrunde liegenden OEEC-Konzepts, zunächst die mengenmäßigen und sodann auch die sonstigen Beschränkungen des internationalen Waren-, Dienstleistungs-, Arbeitsmarkts- und Kapitalverkehrs schrittweise und unter Be- dachtnahme auf die jeweiligen Rückwirkungen abzubauen. Wenn es tatsächlich gelingt, den Gesamtzeitraum der Integration und seine einzelnen Etappen schon von vornherein festzulegen, wie es derzeit beabsichtigt ist, wäre damit ein entscheidender Fortschritt erzielt.

Die Wiener Messe wird zweifellos, der traditionellen Sendung Oesterreichs getreu, berufen sein, im Zeichen der europäischen Integration immer mehr zum Kristallisationspunkt und zur kommerziellen Brücke zwischen einem sich wirtschaftlich verflechtenden West- und Mitteleuropa und den noch zögernd abseits stehenden Ländern des Ostens zu werden.

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