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Gesetz?

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Die Anregung war unmittelbar aus den Reihen der Bundesregierung gekommen: Es müsse überlegt werden, ob die gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung des Terrorismus in und um Südtirol ausreichen; es sei zu überprüfen, ob jene „Idealisten“, deren Ideal in der gewaltsamen Verhinderung einer Aussöhnung südlich des Brenrcrs besteht, durch neue Gesetze nicht besser als bisher bekämpft werden könnten. Die vorwöchige, großspurige Ankündigung des „B efreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) machen der Regierung doch auch zusätzliche Sorgen. Zwar nimmt niemand die größenwahnsinnigen „Verbote“ des BAS ernst, aber immerhin hat dieser schon bewiesen, daß er es versteht, Leute aus dem Hinterhalt zu ermorden. Und daß die Terroristen ihre gegen die Interessen Südtirols gerichtete „Aktivität“ in dem Augenblick verstärken werden, in dem in Bozen und Innsbruck, in Wien und in Rom sich eine Einigung abzuzeichnen beginnt, ist ebenfalls zu erwarten.

Konkrete Gedanken über legislative Schritte hat man sich in der Bundesregierung allerdings noch nicht gemacht. Auch im Bundesministerium für Justiz stehen im Augenblick keine Maßnahmen auf der Ebene der Gesetzgebung zur Diskussion. Im Ministerium neigt man zur Auffassung, daß die bisherigen Gesetze zur Verfolgung der Terroristen durchaus ausreichen. Der einzige Bereich, in dem man sich von einer Änderung wirklich etwas versprechen könnte, ist das Geschworenengerichtsverfahren; aber hier scheiterten alle Versuche an der bekannt starren Haltung der Sozialisten. Im Bereich des materiellen Strafrechtes sind die Bestimmungen jedoch zweifellos scharf genug formuliert. Man muß diese Bestimmungen eben nur konsequent anwenden.

Und das ist das eigentliche Problem: Man konnte bisher den Beweis nicht erbringen, daß von allen Mitteln, die das Gesetz zur Bekämpfung des Terrors zuläßt und fordert, auch immer Gebrauch gemacht wurde. Wie kann man sich dann wundern, daß den Beteuerungen der Bundesregierung auf dem Parkett der internationalen Politik nicht immer Glauben geschenkt wird, wenn der Justizminister vor knapper Jahresfrist gewiß bona fide versicherte, „daß die Frage der Haft des Dr. Burger ... vom Bundesministerium für Justiz sorgfältig geprüft wurde, und zwar mit dem Ergebnis, daß keine hinreichenden Haftgründe gegeben sind“ („Furche“ 47/66) — und ein österreichisches Gericht später zu der (bereits rechtskräftigen) Erkenntnis kommen muß, daß die Gründe für eine Verhaftung Doktor Burgers schon vor einem Jahr „zweifellos gegeben“ waren? So etwas wird im Ausland — und das heißt vor allem in Italien — viel aufmerksamer als im Inland registriert, um dann bei günstiger Gelegenheit gegen Österreich ausgespielt zu werden. Weder der Einsatz des Bundesheeres, noch die Empörung über italienische „Erpressungen“ können dann den Verlust an Glaubwürdigkeit wieder wettmachen. Den Ruf, daß sich in unserem Land Bombenwerfer, Heckenschützen und pangermanistische Agitatoren relativ frei bewegen können, werden wir so leicht nicht mehr los.

Nein, der Schrei nach neuen Gesetzen ist im Augenblick nicht am Platz. Er lenkt nur von den tatsächlichen Problemen ab. Die bestehenden Gesetze müssen zunächst voll und ganz, ohne Mentalreservation und Augenzwinkern, zur Geltung gebracht werden. Dann erst wird man sehen, ob die gegenwärtige Gesetzeslage den gestellten Aufgaben gerecht wird.

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