Mugabe & andere Banditen

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Das Erbe der Kolonialzeit, Geografie, Klima, Traditionen, Weltwirtschaft - das alles hat großen Anteil an Afrikas Armut. Doch die größte Schuld trifft die afrikanischen Politiker.

Sieg für Afrika", jubelte nach dem EU-Afrika-Gipfel der Zimbabwe Herald. Afrika habe mit einer Stimme gesprochen und sich hinter Präsident Robert Mugabe gestellt, lobte das Regierungsblatt, während Europa gespalten sei: zwischen den wenigen Staaten, die als Handlanger Großbritanniens Mugabe "dämonisierten", und den meisten anderen - darunter explizit Österreich -, die "Simbabwe nicht erwähnten". Als Resümee wird Senegals Präsident Abdoulwaye Wade zitiert: "Heute ist klar geworden, dass Europa nah dran ist, die Schlacht im Wettbewerb um Afrika zu verlieren."

Wade liegt mit seiner Einschätzung wahrscheinlich richtig, der Zimbabwe Herald hingegen schreibt bewusst an der Wirklichkeit vorbei. Denn die EU-Politiker sind sich einig wie sonst selten: "Mugabe ist ein Bandit!" (© Dänemarks Premier Rasmussen). Diese Einmütigkeit rührt daher, dass Mugabe ein "alter und überholten Ideologien nachhängender Diktator" (© Ursula Plassnik) und Simbabwe bankrott ist. Weniger alte Diktatoren aus rohstoffexportierenden Ländern hatten es bei diesem Gipfel deutlich leichter: Der sudanesische Präsident kam fast ungeschoren davon, das Morden in Darfur wurde nur am Rande thematisiert; die Menschenrechtsverletzungen in Nigeria, Algerien, Tunesien usw. waren gar kein Thema - und Muammar Gaddafi, Libyens Revolutionsführer auf Lebenszeit, glänzte einmal mehr als Operetten-Tyrann und durfte zur Belohnung zum Staatsbesuch nach Paris weiterreisen.

"Realpolitik" nennt man das in Frankreich, außerdem habe Gaddafi ja auf die Atomwaffe verzichtet und dem Terrorismus abgeschworen. Soll (hoffentlich!) so sein, doch der rote Teppich in Paris zeigt, wie schnell die schmutzigsten Westen weißgewaschen werden, wenn es die Außenhandelsbilanz verlangt. Dabei zählt Gaddafi seit Jahrzehnten zu den politischen Sargnägeln Afrikas, und ohne Erdöl und Erdgas im Reisegepäck würde er bis zum St. Nimmerleinstag kein EU-Visum erhalten.

Vor dem Gipfel hatte Gaddafi von Europa Entschädigungen für die Kolonialzeit gefordert. So abwegig ist dieser Gedanke nicht. Mit dem gleichen Recht sollten die Völker Afrikas aber auch eine Entschädigung von ihren Politikern verlangen. Denn von allen Wettbewerbsnachteilen Afrikas ist der eklatante Mangel an guten Politikern der schlimmste - und leichter zu beheben als das dunkle Erbe der Kolonialzeit, die Ungunstlage aufgrund von Geografie und Klima oder die Diskriminierung durch die ungerechte Weltwirtschaft.

Nicht umsonst hat der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan mit einem großzügigen Geldgeber an der Seite den weltweit höchstdotierten Preis für gute Regierungsführung in Afrika ausgeschrieben: Mit fünf Millionen US-Dollar, verteilt auf zehn Jahre, und danach jährlich 200.000 Dollar auf Lebenszeit soll der "Mo Ibrahim Preis" afrikanische Politiker motivieren, weniger an ihre eigene Zukunft, als an die ihrer Länder zu denken. Laut Annan soll der Preis auch die Fähigkeit honorieren, eine afrikanische Vision zu formulieren. Zur Ehrenrettung Afrikas sei darauf hingewiesen, dass es solche visionäre Politiker in afrikanischen Staaten immer wieder gegeben hat - und nicht wenige von ihnen wurden mit europäischer Unterstützung ins Exil verjagt (Kwame Nkrumah aus Ghana) oder getötet (Thomas Sankara in Burkina Faso) oder so wie Nelson Mandela eingesperrt und an der Umsetzung des Traums von einem anderen Afrika sehr lange Zeit gehindert.

Mandelas Nachfolger, Thabo Mbeki, war beim Gipfel ein Wortführer jener Fraktion, die den geplanten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zwischen Europa und Afrika eine Absage erteilten: "Arme Länder dürfen nicht in unfaire Abkommen gezwungen werden", lautete der Tenor dieser Gruppe. Damit hat Mbeki vielen nichtstaatlichen Entwicklungshilfeorganisationen - auch in Österreich - aus der Seele gesprochen. Die werfen der EU vor, mit den EPA's die Entwicklungspolitik aufzugeben und den weltwirtschaftlichen Konkurrenzkampf anzutreiben. Die EU will jetzt ihre Angebote "flexibilisieren" - das ist gut, richtig, wichtig! Unflexibel und unnachgiebig sollte Europa Mbeki und seinen Kollegen gegenüber nur dann sein, wenn diese Mugabe und die anderen Banditen in ihren Reihen zu verteidigen versuchen.

wolfgang.machreich@furche.at

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