ÖVP und SPÖ: Zwei Parteien pflegen ihre Mythen
Demnächst beginnt das 90-Jahr-Gedenken der Republik an das Bürgerkriegsjahr 1934. Das Buch „Rote Banditen“ sieht den Hass zwischen Bürgerlichen und Roten nicht nur auf diese Zeit begrenzt.
Demnächst beginnt das 90-Jahr-Gedenken der Republik an das Bürgerkriegsjahr 1934. Das Buch „Rote Banditen“ sieht den Hass zwischen Bürgerlichen und Roten nicht nur auf diese Zeit begrenzt.
Der SPÖ-Parteitag am kommenden Wochenende naht, und die Hackln zwischen Volkspartei und Sozialdemokratie fliegen wieder tief. So weit, so voraussehbar. Im Tagesrhythmus wettert der Generalsekretär der Volkspartei, Christian Stocker, per Aussendungen gegen den SPÖ-Parteichef: Andreas Babler sei eine Variable für Chaos von Sozial- über Asyl- bis zur Israel-Palästina-Politik. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder feuert postwendend eine Aussendungs-Salve zurück – mit der Aufforderung, die Volkspartei solle vor der eigenen Haustür kehren. So weit, so wenig überraschend. Innenpolitischer Alltag, täglich grüßt das Parteisekretariats- Murmeltier.
Eine solche Einordnung als normales, tagespolitisches Ritual lässt Wilhelmine Goldmann beim Gegeneinander von Volkspartei und Sozialdemokratie nicht gelten. „Rote Banditen“ heißt der Titel ihres Buches, in dem sie die Geschichte ihrer sozialdemokratischen Familie seit den 1920er-Jahren nachzeichnet. Das Buch durchzieht ein schwarz-roter Faden: Der Hass der Bürgerlichen auf die Roten.
„Gsindl, Gfrieser, Gfrasta…“
Goldmanns Eltern waren in der Ersten Republik Sozialisten an vorderster Front: Der Vater, ein von seiner Frau im politischen Kampf unterstützter Schutzbündler und Februarkämpfer, wurde nach dem Bürgerkrieg 1934 als Hochverräter verurteilt und eingesperrt; in der Zweiten Republik war er SPÖ-Bürgermeister von Traisen in Niederösterreich. Goldmann, geboren 1948, machte Karriere in Arbeiterkammer und ÖIAG, wurde für die Sanierung der Postbus AG bekannt und trat 2007 nach internen Querelen als Rote aus dem im Gefolge von Schwarz-Blau politisch umgefärbten Vorstand der ÖBBPersonenverkehr AG zurück. „Die ÖVP führt mehr oder weniger ungebrochen den Klassenkampf der Zwischenkriegszeit fort, indem sie die Sozialdemokraten hasst und ihnen misstraut“, schreibt Goldmann als Resümee ihrer familiären und beruflichen Erfahrungen. Als Beleg für die Aktualität ihrer Einschätzung zitiert sie die im Laufe der Chat-Affären bekannt gewordenen ÖVP-Zuschreibungen für Sozialdemokraten als „rotes Gsindl“, „rote Gfrieser“ oder „rote Gfrasta“.
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