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„Gott will es!“

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Neue Diskussion um die Albertus-Magnus-Universität

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Neue Diskussion um die Albertus-Magnus-Universität

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Der Salzburger Universitätssonntag zu Pfingsten hat durch Predigten, Pressestimmen und eine neue Werbeaktion wieder einen Gedanken in den Vordergrund gerückt, von dem seit 1938 in der Oeffentlichkeit wenig die Rede war: den Gedanken der Katholischen Universität in Salzburg. Zu einer Briefaktion auch in den anderen Diözesen haben sich bereits vier Bischöfe positiv geäußert und warme Worte der Empfehlung geschrieben. Damit setzt der österreichische Episkopat unbeirrt die große Aufgabe fort, die Kardinal Innitzer 1935 im Namen aller Bischöfe als die größte unter allen Aufgaben der Katholischen Aktion bezeichnet hat und für die zum „Volksopferjahr für eine Katholische Universität Salzburg" 1937 der aufrüttelnde Ruf der Bischöfe Oesterreichs erklang: „Gott will es, Gott will es!“

Freilich, wenn Prof. P. Alois Mager OSB. schön vor dem zweiten Weltkrieg gemeint hat, daß es früher leichter gewesen sei, eine ganze Universität, als heute auch nur eine Fakultät ins Leben zu rufen, so sind die Schwierigkeiten heute nicht kleiner, sondern im Gegenteil noch größer geworden. Oesterreichs Akademiker ringen um die nackte Existenz. Nicht nur die katholische Intelligenz, sondern die Intelligenz überhaupt ist aus den ersten Reihen verdrängt.

Ist der Auftrag des Geistes deswegen aufgehoben?

Worum es früher ging und heute e b e n- s o geht, dürfte niemand klarer erkannt haben als Papst P i u s X. Darum betonte der Heilige stets mit Nachdruck den Katholischen Universitätsgedanken. Darum galt sein besonderes Augenmerk der Katholischen Universität in Salzburg, die er in einem eigenen Schreiben allen Gläubigen dringend ans Herz legte. Kardinal Katschthaler wurde ermahnt, für das eheste Zustandekommen dieser Universität Sorge zu tragen.

Eine Universität, die im geistigen Umbruch der Zeit Bedeutung haben soll, kann nicht nur an Traditionen festhalten, so sehr Tradition gerade hier am Platze ist. Sie muß auch schöpferisch sein, entsprechend dem neuen Aufbruch in die Weite, der heute im Katholizismus im großen und ganzen spürbar ist. Sie muß vor allem universal sein.

„Die Katholische Universität in Salzburg will kein engherziges Ghetto sein”, heißt es im Aufruf der österreichischen Bischöfe 1937, „sie will auch keine Konkurrenz für die bestehenden staatlichen hohen Schulen und auch kein Hindernis für ihre wünschenswerte Wiederver- christlichung sein. Dadurch, daß sie vor allem die Geisteswissenschaften pflegen wird, soll sie allen anderen hohen Schulen und ihrem Wissenschaftsbereich dienen, indem sie ihnen Hörer und Lehrer erzieht, die imstande sind, die heutige so unfruchtbare Aufspaltung der geistigen Arbeit in abertausend individualistische, selbstherrliche Disziplinen in einer großen geistigen Zusammenschau zu überwinden und für den Neuaufbau einer wesenhaften menschlichen Gemeinschaft und Gemeinschaftskultur nutz- und fruchtbar zu machen."

Ueber die Pflicht katholischer Kulturmission schrieb Peter Wust:

„Die katholische Idee kann sich sozusagen nicht mehr der Notwendigkeit entziehen, Geschichte zu machen. Es kann ihr einfach nicht länger gleichgültig sein, ob ein widerchristlicher oder ein christlicher .objektiver Geist' nach Hegel die allgemeine Lebensatmosphäte unseres Menschentums bildet. — Die neue Traditionsbildung kann nicht den anderen überlassen bleiben, wir müssen wieder selbst schöpferisch an der geistigen Substanzbildung teilnehmen."

Ein Wort Peter Wusts, hineingesprochen in das Augustinus jahr:

„Eine katholische Universität, die den Habitus augustinischer Menschen-Universalität der Welt vorleben würde, müßte die Welt genau so an sich reißen, wie es der Menschengestalt Augustinus gelungen ist, die ganze Menschheit an sich zu reißen."

Dieses schöpferische Ansichreißen aber hat das Ziel der augustinischen tranquillitas or- dinis, des Friedens für alle Dinge in der Ruhe, die aus der Ordnung erfließt. De Civ. Dei XIX, 13.

Was Pater Wilhelm Schmidt SVD bei der Entwicklung der allgemeinen Prinzipien für den Neubau der Katholischen Universität Salzburg den heutigen Universitäten vorwarf, war das Fehlen eines einheitlichen Weltbildes, die Atomisierung der Wissenschaft, die Zu- sammenhanglosigkeit der einzelnen Wissenschaftszweige, Verzicht auf die Erziehungsaufgabe, teilweises Versagen bei der Wissenschaftsvermittlung durch planloses Durcheinanderstudieren. Dagegen sollte die Universität Salzburg weltanschauliche Einheitlichkeit haben — neben der Wissenschaftsvermittlung, die auch die Forschung stärker berücksichtigt, sollte auch die E r z i e h u n g zu ihrem Recht kommen —, die Studenten sollten in Wohnungsgemeinschaften und Kollegien zusammengefaßt, der ganze Mensch sollte erfaßt werden. In Salzburg, dem von Natur und Kunst reich begnadeten Schnittpunkt von Ost und West, wollte man auch ein Oxford auf dem Kontinent im deutschen Sprachraum erstehen lassen. Ministerpräsident Hussarek hatte wohl recht, wenn er 1933 beim Festakt der Salzburger Hochschulwochen meinte, daß eine solche Universität ein kostbarer Schmuck für Oesterreich, aber auch eine Errungenschaft für alle deutschen Lande und für die Wissenschaft in Europa bedeuten würde. Die von Bundeskanzler Dr. Dollfuß angeregten Richtlinien für den Aufbau der künftigen Universität, die später im Maria-PIainer Programm festgelegt und ergänzt wurden, zog man damals auch für die staatliche Hochschulreform heran, und sie werden für eine neue Besprechung die Grundlage bilden.

Die Katholische Universität Salzburg wird nicht von heute auf morgen erstehen, so wenig wie die Umwelt sich sofort um diesen Konzentrationspunkt umwandeln und neu ordnen wird. Kulturelles Geschehen ist Geschehen der steten Tropfen und wird gemessen nach Jahrhunderten. Wenn aber nach dem Wort der Bischöfe Gott diese Universität will, können alle Widerstände nur zur besseren Ausgestaltung, zur wesentlicheren Durchdringung und gnadenvolleren Verwirklichung der künftigen Universität beitragen.

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