Australien: Neuer Goldrausch
Fast ein Vierteljahrhundert lang brachte das Eisenerz Australien wirtschaftlichen Erfolg. Doch die Nachfrage aus China sinkt, und die Preise brechen ein. Neue Rohstoffe könnten freilich nachrücken – dank der China-Phobie des Westens. Eine Analyse.
Fast ein Vierteljahrhundert lang brachte das Eisenerz Australien wirtschaftlichen Erfolg. Doch die Nachfrage aus China sinkt, und die Preise brechen ein. Neue Rohstoffe könnten freilich nachrücken – dank der China-Phobie des Westens. Eine Analyse.
Dunkelgrau, rostrot, leuchtend gelb – die Gesteinsbrocken, die vor allem das Bild des Outbacks im Westen Australiens bestimmen, sind auf den ersten Blick unscheinbares Material. Doch das Eisenerz, das sich dahinter verbirgt, ist ein wichtiger Rohstoff: Aus ihm wird Stahl gewonnen – ein für den Bau von Hochhäusern und Infrastruktur unerlässliches Material. Australien war über Jahrzehnte Profiteur des weltweiten Eisenerzhungers, erst durch Japan, dann durch Korea und später China. Vor allem China hat in den vergangenen Jahren enorme Mengen eingekauft, um die Modernisierung des Landes voranzutreiben. Es ist kein Zufall, dass die beiden wohlhabendsten Menschen Australiens, Andrew Forrest und Gina Rinehart, durch das Erz aus dem weitläufigen Westen des Landes reich geworden sind.
Doch der Boom des lange Zeit so begehrten Eisenerzes verblasst immer mehr. Die US-Investmentbank Goldman Sachs erklärte erst vor Kurzem in einer Mitteilung, dass sie „anhaltende Probleme im chinesischen Immobiliensektor“ sehe, also just in dem Bereich, der bisher Unmengen an Stahl verschlungen hat. Eine schnelle Lösung sei nicht in Sicht, hieß es zudem bei der Finanzagentur Bloomberg. Aktuell kostet eine Tonne Eisenerz nur noch um die 100 US-Dollar, Mitte 2021 waren es noch über 200 Dollar gewesen.
Unabhängig von China werden
Dabei hatte es Australiens Wirtschaft in den vergangenen Jahren ohnehin nicht leicht. Grund war weniger die Pandemie als eine diplomatische Verstimmung mit China, dem größten Handelspartner des Landes. Nach politischen Querelen zwischen den Regierungen statuierte Peking schließlich ein Exempel: Die chinesische Regierung verhängte massive Strafzölle auf australische Weine und hohe Tarife für Gerste. Kohleimporte wurden blockiert, und Handelsbarrieren erschwerten das Geschäft der australischen Baumwoll-, Rindfleisch- und Hummerproduzenten. Eisenerz und Gas blieben zwar verschont, doch die Lehre, die auch diese Produzenten aus der Misere zogen, war, sich nicht zu sehr auf die Volksrepublik zu verlassen.
An letzterer Einstellung hat sich auch nichts verändert, obwohl das chinesisch-australische Verhältnis seit dem Regierungswechsel in Canberra im Mai letzten Jahres wieder langsam auftaut und erste Barrieren fallen. Auch andere westliche Länder blicken immer kritischer in Richtung Peking, das sich nach der russischen Invasion in der Ukraine nicht vom Kreml abgewandt hat und sich selbst in Drohgebärden gegenüber Taiwan übt. Diese „geopolitische Kältewelle“ hat mehrere Regierungen auf den Plan gerufen, Abhängigkeiten von China abzubauen. Letztere betreffen vor allem die Produktion „strategischer“ Minerale, „wo der Westen fast hoffnungslos abhängig geworden ist“, wie der in Australien lebende deutsche Rohstoffexperte und Berater Frank Leschhorn sagt. Durch die Energiewende und die damit verbundene Elektrifizierung seien vor allem Kupfer, Lithium, Nickel, Kobalt, Mangan und seltene Erden gefragt. „Während Australien und Südamerika den weltweiten Lithiumabbau beherrschen, kontrolliert China die Weiterverarbeitung zu dem stark nachgefragten hochreinen Lithium-Endprodukt“, erklärt Leschhorn. Die gleiche Dominanz bestehe auch bei Kobalt und Nickel, die wie das Lithium wichtige Bestandteile bei der Batterieherstellung sind. Chinesische Firmen kontrollieren zahlreiche Minen in der Demokratischen Republik Kongo, wo das meiste Kobalt abgebaut wird; und sie kontrollieren auch die Nickelgewinnung im wichtigsten Produktionsland Indonesien.
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