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Die Welt-Militär AG
Privatisierung ist angesagt, Ausgliederung aus der Staatswirtschaft. Leider ist die Privatisierung des Parlaments gescheitert, weil sich kein Unternehmen in der Lage sah, den Betrieb mit seinen hohen Personalkosten kostendeckend zu führen. Nur wegen dieser drohenden und dann doch nicht gelungenen Privatisierung sahen sich ja die Parlamentarier veranlaßt, beizeiten einen Zweitberuf anzunehmen. So ganz ohne sicheren Job will man ja doch nicht dastehen.
Hingegen sind die Privatisierungsverhandlungen des österreichischen Bundesheeres schon weit gediehen. Unsere Streitkräfte sollen künftig als Aktiengesellschaft geführt werden. Das Verteidigungsbudget, welches ständig Anlaß zur Kritik bot, ist damit hinfällig und die Millionen können unverzüglich zu den Krankenkassen umgeleitet werden. Hoffentlich verstummt dann die Kritik, denn verteidigen will sich nicht jeder, aber krank werden kann er schon.
Die BUHÄG (= Bundesheer AG) muß selbstverständlich kostendeckend arbeiten. Die Rekruten haben daher eine Eintrittsgebühr zu entrichten. Jede Beförderung ist mit einer Rangerhöhungsgebühr verbunden. Die Einsätze der BUHAG sind ebenso kostenpflichtig wie jene der Exekutive bei Blechschäden. Gegen Gebühr stellt die BUHAG Bewachungsmannschaften, Musikkapellen oder Ehrenformationen. Selbst Manöver in größerem oder kleinerem Umfang sind im Tarif geregelt. Das Angebot von Paraden dürfte eher die BUHAG-Sponsoren interessieren, deren Namen auf Helmen oder Kanonen vermerkt werden können. Mit einem neuen kostenintensiven Ordens-Reglement hofft die BUHAG zusätzliche Mittel zu erlösen. Die Möglichkeiten und Mittel sind damit noch lange nicht ausgeschöpft. Sie unterliegen jedoch teilweise und aus verständlichen Gründen der Geheimhaltung. Innerhalb von drei bis vier Jahren soll die BUHAG jedenfalls aus der
Kostendeckung in die Gewirinzone kommen, so daß sich zur weiteren Waffenbeschaffung der Gang an die Börse eignet.
Die österreichische Verteidigungslösung, die sich hier budgetentlastend anbahnt, findet in Kreisen der internationalen Militärattaches große Beachtung. Die BUHAG wird daher ihr Know-how der Truppenprivatisierung im Ausland anbieten und eventuell Joint Ventures mit jenen Staaten eingehen, die nach österreichischem Muster ebenfalls ihre Streitkräfte privatisieren wollen.
Die Verteidigungsbudgets sind prinzipiell weltweit sehr angespannt und lassen wegen der Entwicklung neuer Waffentechniken kaum Kostensenkungen erwarten. Die BUHAG denkt zum Beispiel daran, bestimmte besonders kostenintensive Einheiten (Super-Draken?) zur besseren Ausnützung zu vermieten oder zu verleasen.
Wohin soll diese Entwicklung führen? Müssen sich die Waffenproduzenten, die um Gewinn und Arbeitsplätze bangen, wegen dieser Privatisierungen Sorgen machen? Oder
ist eine neue Waffen-Konjunktur zu erwarten? Wahrscheinlich letzteres, mit allen positiven Auswirkungen auf die Weltwirtschat. Droht jedoch, wenn die Welt vor Privatwaffen starrt, Gefahr für den Frieden?
Das eben nicht. Denn die wirtschaftliche Verflechtung der Privatarmeen wird binnen weniger Jahre zu einem multinationalem Konzern führen. Die BUHAG wird in die WE-MAG (= Welt-Militär AG) aufgehen. Diese WEMAG mit internationaler Beschaffung und internationalem Kommando ist der Höhepunkt rationeller Verteidigung. Einen Krieg müßte diese Firma nämlich gegen sich selbst führen. Jede Vernichtung träfe die eigenen Ressourcen. Eine solche Schmälerung des Gewinns würde zu einem Sturz der WEMAG-Aktie führen. Und das, bitte, ist doch ein Friedens-Argument!
Wen wundert es eigentlich noch, daß in Österreich ausgerechnet die Pazifisten für die Privatisierung des Bundesheeres eintreten? Sie ahnen die Friedensstiftung durch die Wirtschaft. Gar so utopisch ist das gar nicht.
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