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Einnahmen und Ausgaben

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• Laufende Beiträge (Kirchenbeiträge), die praktisch mehr oder minder freiwillig gegeben werden und normalerweise lokal, das heißt in den Diözesen, gebunden bleiben müssen.

• Die Unterstützung durch den Staat. Bei Hergabe staatlicher Mittel wird oft eine sehr wesentliche Devotion gegenüber dem Geber und daher eine weitgehende Bindung kirchlicher Handlungen an die jeweilige Staatsraison angenommen. Die Kritiker kirchlicher Einkommenspolitik sind aber meist die gleichen, die der Kirche jedwede Abhängigkeit von hoheitlichen weltlichen Gewalten vorwerfen und ihre Entstaatlichung fordern.

• Die Finanzierung kirchlicher Leistungsinvestitionen erfolgt weiter durch den Ertrag von Renten. In diesem Fall müssen ertragabwerfende Rententitel, Wertpapiere (Aktien, Obligationen, Anteile an Investmentfonds u. ä.) angesammelt werden wie eben bei den berühmten „Finanzen des Vatikans“. Wenn nun beispielsweise ein solcher Fonds den respektablen Nominalwert von 140 Milliarden Schilling hat, wirft er bei einer fünfprozentigen Rendite sieben Milliarden ab, ein Betrag, der, absolut gesehen, ungeheuerlich hoch zu sein scheint, aber dem Aufwand gegenübergestellt werden muß, den er zu decken hat. Allein das Konzil soll 180 Millionen Schilling gekostet haben („Economist“ 115.000 Pfund Sterling je Woche). Das erste Konzil kostete dem Vatikan nur 200 Pfund Sterling je Tag, das heißt 1400 Pfund Sterling je Woche (Butler-Lang „Das Vatikanische Konzil“, München 1933, S. 157).

Es wird auch niemandem elinfal- len, einem Finanzminister zuzumuten, er sei Eigentümer eines Staatsschatzes. Ebensowenig würde uns einfallen, die Steuererträgnisse zum Beispiel Österreichs zu kapitalisieren ; man käme dann vielleicht bei fünf Prozent auf eine kapitalisierte Ertragshoffnung von 600 Milliarden Schilling. Der Vatikan hat aber nicht jene Ertragshoffnung, die ausreicht, um seine Aufgaben zu decken. Daher die Akkumulation von Rententiteln. Beim Papst, angesichts elementarer Argumentationsmängel, verliert man aber jedes Maß an Überlegung und ist bereit, den Heiligen Vater gleichsam als persönlichen Eigentümer von ungeheuren Schätzen hinzustellen, um dadurch die Kirche mit den Grundsätzen ihres Ursprungs zu konfrontieren und das Oberhaupt der Kirche als den „größten Kapitalisten“ der Welt zu disqualifizieren (als „…the world’s largest shareholder“).

Stifte und „schwarze Fabriken“

Eine vorläufig nicht reduzierbare Last für die Kirche und für alle sogenannten „Tendenzbetriebe“ (wie Gewerkschaften u. ä.) ist die Tatsache, daß die kirchlichen Institutionen zuweilen Erwerbsunternehmungen führen müssen.

Die Stifte, Typ einer Verbindung von pastoraler Institution und kirchlicher Eigenwirtschaft, haben die Rėchtsfigur der Kirche als Arbeitgeber und als Kapitaleigentümer entstehen lassen. Welcher Art das jeweilige Betriebsvermögen, wie hoch die jährliche Rendite des erwerbswirtschaftlichen Vermögens ist, wird ebensowenig untersucht, wie die Tatsache, wofür die Erträgnisse stiftlicher Güter verwendet werden und wievielen Personen .(Priestern,

Laien, Schülern) sie zur Versorgung zu dienen haben. Der Abt wird wie ein Alleineigentümer disqualifiziert; von den einen bedenkenlos, von den anderen mit Vorbedacht. Dabei haben wir noch nicht das Problem der „klerikalen“ Fabrik. Warum sollten aber nicht — wie dies da und dort bereits Ohnedies geschieht (Sägewerk, Weinverarbeitung) — kirchliche Institutionen den Lebensunterhalt ihrer Angehörigen und den Sachaufwand durch Erträgnisse aus großbetrieblicher Fertigung zu decken suchen, unter Umständen durch Verpflichtung von speziell ausgebildeten Diakonen, welche auf diese Weise den Priester von der Führung kaufmännischer Agenden entlasten? Bei der Interpretation des kirchlichen Vermögens wurden gleichzeitig „totes Kapital“ (Wohnhäuser) und werbend eingesetztes Vermögen addiert, dabei ohne auf die Erträgnisse zu achten. Wenn man aber die Erträgnisse schätzt, wird wieder ihre Verwendung unbeachtet gelassen. Schließlich kommt es nicht so sehr auf die Höhe von Einkünften und gebrauchsfertigem Vermögen an, sondern auf den Verwendungszweck. (Das gilt etwa auch für das Internationale Rote Kreuz.) Wenn einer politischen Partei ein Wahlkampf, sagen wir 50 Millionen Schilling kostet, wird das als selbstverständlich akzeptiert. Die Kirche aber soll ihre Aufgabe „kostenlos“ erfüllen.

Weltkirche und Landeskirche

Der Vatikan, Staat und Weltorganisation und nicht Standort asketisch-beschaulicher Tätigkeit, hat also nach den zitierten englischen Ermittlungen ein Wertpapiervermögen von zwei Milliarden Pfund (zirka 140 Milliarden Schilling). Da der Vatikan grundsätzlich Enthüllungen von der Art des „Economist“ weder bestätigt noch dementiert, auch dann nicht, wenn man an die veröffentlichten Ziffern mehrere Nullen anhängen würde, wird die „Enthüllung“ unwidersprochen bleiben. Die schon erwähnte ostdeutsche, sich katholisch nennende Zeitung bringt — fast möchte man sagen: selbstverständlich — den Bericht des „Economist“. Wenn man auch in Ostdeutschland Nachrichten des Westens wenig Glauben schenkt: Da, wo es gegen die Kirche geht, kann eine solche Zeitung nicht zurückstehen. Im Gegenteil. Daher werden die Mitteilungen des „Economist“ als „offenbar sorgfältige Untersuchungen“ hochgelobt. Hinsichtlich des vatikanischen Vermögens haben nach Ansicht der ,/begegnung“ (weiche wieder die ostdeutsche Zeitschrift „Deutsche Außenpolitik“ zitiert) die Katholiken ein „legitimes Interesse“ an einer Information. Gleich legitim wäre freilich auch das Interesse der ostdeutschen CDU an anderen Reichtümern. Ein Interesse anderer Art als an den kirchlichen „Reichtümern“ wagt man aber nicht zu äußern.

Mit der Ziffer des vatikanischen Wertpapiervermögens wird vom „Economist“ gleichzeitig die „Armut“ der anglikanischen Kirche konfrontiert, die nur 214 Millionen Pfund Vermögen aufweist. Das bedeutet, wenn man von der Richtig keit der Ziffern ausgeht: Man stellt das Vermögen einer Landeskirche, die zudem Staatszuschüsse erhält, dem Vermögen einer Weltkirche gegenüber, um auf diese Weise, das vielen Menschen fehlende Gefühl für Proportionen ausnützend, noch ein gewichtiges Argument gegen den „römischen Kapitalismus“ zu gewinnen.

Die Argumente unserer Kirche, die in den Auseinandersetzungen mit ihren Gegnern allzu lange in gegenreformatorischen Fixierungen befangen gewesen ist, waren nicht stets originell. Nicht immer logisch. Oft primitiv. Ohne Bedachtnahme auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Nun aber bedienen sich die links vom Linkskatholizismus stehenden „Humanisten“ und die ehrlich-offen als Gegner der Kirche Deklarierten zuweilen einzelner Argumente von einer Qualität, denen man weder propagandistische Wirksamkeit noch aber ein reiches Maß an Primitivität und Wahiheitsfeindlichkeit absprechen kann.

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