7119543-1996_29_06.jpg
Digital In Arbeit

Es geht ihm besser, aber noch nicht gut

19451960198020002020

Fast die Hälfte von Österreichs Fläche ist waldbedeckt. Daher ist der Zustand des Waldes für das Land von großer Bedeutung. Eine Bestandsaufnahme.

19451960198020002020

Fast die Hälfte von Österreichs Fläche ist waldbedeckt. Daher ist der Zustand des Waldes für das Land von großer Bedeutung. Eine Bestandsaufnahme.

Werbung
Werbung
Werbung

Wie in allen Industrieländern ist auch in Österreich der Wald überwiegend forstlich genutzt. Er ist also ein Lebensraum, in dem der Pflanzen- und Tierbestand nach Nutzungsüberlegungen gestaltet wird. Allerdings erfolgt diese Steuerung meist ohne Einsatz von Chemie (Insektiziden oder Dünger). Neben seiner Aufgabe als Rohstofflieferant erbringt der heimische Wald eine besonders wichtige Funktion: Er bewahrt die Siedlungsräume vor Lawinenabgang und Hochwassern. Außerdem spielt er als Erholungsraum eine wichtige Rolle.”

Gab es vor Jahren Alarmmeldungen, Österreichs Wald sei bedroht (das Waldsterben im Riesen- und im Erzgebirge hatte die Aufmerksamkeit auf die Gefährdung der Wälder Europas gelenkt), so kann man heute feststellen, daß sich die Situation gebessert hat - vor allem durch die drastische Senkung der Schwefeldioxid (SO/)-Emissionen in Österreich. Sorgen bereiten jetzt vor allem die Eichenwälder im Osten. Die Relastung durch Luftschadstoffe sei allerdings weiterhin ein Hauptproblem des Waldes, hält der Rericht fest. Vor allem die Ozonbelastung gebe Anlaß zur Sorge. Hier würden fast überall in Österreich kritische Grenzwerte überschritten. Durch die große Filterwirkung der Raumkronen wird der Wald von Luftschadstoffen nämlich besonders betroffen. Auf Dauer könne er nicht als Entsorgungseinrichtung für menschlich verursachte Emissionen herhalten, ist im Rericht zu lesen.

Trotz des verringerten SOi-Eintrags weisen Messungen darauf hin, daß in vielen Regionen die Gefahr der Bo-denversauerung gegeben ist. Daher sei mit Nährstoffauswaschung und Freisetzung toxischer Metalle zu rechnen, was langfristig die Ernährung der Räume bedrohe. Trotz der erwähnten Erfolge sei der Schwefeleintrag immer noch zu hoch.

Einfluß auf die Gesundheit des Waldbodens haben auch die Erntemethoden: Je mehr Riomasse entzogen wird, umso mehr verarmt er. Entnimmt man dem AVald etwa Fichten mitder Rinde statt ohne, so verdoppelt das den Nährstoffentzug. Resonders ungünstig wirkt es sich aus, wenn man auch die Zweige, Rlätter oder Nadeln dem Standort entzieht, sind sie doch reich an basischen Kationen.

Was mögliche Klimaveränderungen anbelangt, kommt der Rericht zu dem Schluß, daß deren Tragweite schwer abschätzbar sei, da sich sowohl positive wie negative Folgen ergehen könnten. „Unter der Annahme eines Eintreffens des ,worst-case' sind flächenhafte Gefährdungen von österreichischen Waldökosystemen möglich”, heißt es. Wegen der möglichen schwerwiegenden Folgen für das Land solle man trotz der Unsicherheiten in dieser Frage nicht auf Zuwarten setzen. Was läßt sich aber sinnvoller Weise tun? Präventiv sei jedenfalls die Vitalität und Angepaßtheit des Waldes an den jeweiligen Standorten gezielt zu fördern: Die Vielfalt beim Waldaufbau, die genetische Diversität und die Naturverjüngung - sofern ökonomisch vertretbar.

Vergleicht man nämlich die Struktur des heutigen Waldbestandes mit jener, die etwa im Jahr 1000 vorherrschte, so ist insbesondere der Rückgang der Tanne (von 20 auf drei Prozent) und der Ruche' (von 20 auf neun Prozent) auffallend. Der nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen forcierte Vormarsch der Fichte hat die Entstehung von gefährdeten Monokulturen gefördert. Hier sei gezielt gegenzusteuern.

Den Vormarsch der Fichte stoppen und den Mischwald fördern

Eiße weitere Forderung des Rerichtes lautet: Schluß mit dem Kahlschlag (auf ihn entfallen 46 Prozent der Ernte)! Er führt zu örtlicher Uniformierung in der Altersstruktur der Räume, erhöht deren Anfälligkeit für Schädlinge und fördert enorm die Erosion des Waldbodens. Mittlerweile habe man erfreulicherweise vielfach erkannt, daß eine Bewirtschaftung, die sich möglichst an die natürlichen Prozesse anpaßt, langfristig auch ökonomisch vorteilhafter ist. Hervorgehoben wird auch die Bedeutung möglichst schonungsvoller Ernteverfahren. Sie seien immer noch für einen hohen Anteil der Stammschäden im Wald verantwortlich (etwa gleich viel Schaden wie durch Wildschälung).

Damit ist ein weiteres Problemfeld angeschnitten: Die Wildproblematik; die vom Verbiß und Schälung durch Reh-, Rot'ünd Gamswild hervorgerufenen Schäden. Der Verbiß beeinträchtigt insbesondere die Verjüngung des Waldes, ja er verhindert sie örtlich sogar und erfordert jedenfalls künstliche Schutzmaßnahmen., Die Vorliebe der Tiere für manche Raumarten (Tanne und verschiedene Laubbäume) verhindert deren Nachwachsen und fördert so die nachteilige „Uniformierung” des Waldes.

Resonders bedrohlich wirken sich die A'Vild- aber auch die Weideschäden im Schutzwald aus. Ihm kommt ja in einem Gebirgsland wie Österreich besondere Bedeutung zu. Kann sich der Schutzwald nicht mehr ausreichend regenerieren, so ist langfristig seine Schutzfunktion in Frage gestellt. Dazu der Bericht: „Diese ökologisch besonders sensiblen Waldgebiete immerhin ein Fünftel der österreichischen Gesamtwaldfläche - sind teilweise vom Zerfall bedroht, nur einige ihrer Schutzwirkungen können vom Menschen, mit enormem ökonomischen Aufwand ersetzt werden (zum Beispiel Lawinenverbauung).”

Eine Anpassung der Schalenwildbestände an die Möglichkeiten ihres Lebensraumes sei dringend geboten. Gefordert wird auch eine „Trennung von Wald und Weide”, weil die von Weidevieh verursachten Verbiß- und Trittschäden sowie die Bodenverdichtungen insbesondere in Salzburg und Tirol nicht unbeachtliche Beeinträchtigungen des Waldes hervorrufen.

Abschließend verweist der Bericht darauf, daß man die Forderungen nicht ohne die ökonomischen Bah-menbedingungen der Waldbewirtschaftung sehen dürfe. Die Forstwirtschaft stehe derzeit unter enormem Druck des „Ökodumpings”, extrem billiger Holzimporte aus Ländern ohne nachhaltige Bewirtschaftung. Hier gelte es gegenzusteuern, insbesondere durch Erarbeitung international verbindlicher Standards der nachhaltigen Waldnutzung und der Kennzeichnung von Holz, das eine entsprechende Herkunft aufweist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung