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Fundament des Staatsgeschehens

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In jüngster Zeit, in der die Integrationsprobleme Europas im allgemeinen und Österreichs im besonderen immer mehi in den Vordergrund des politischen und wirtschaftlichen Geschehens drängen, ist die Tatsache, daß die Wirtschaft den maßgeblichen Faktor für die Zukunft unseres Landes darstellt, tief in die Erkenntnis der gesamten Bevölkerung eingedrungen. Vor allem beschäftigt man sich in der Öffentlichkeit mit den Leistungen, die die Wirtschaft in den letzten Jahren erbracht hat, und auch mit den speziellen Erfordernissen, die sich aus der Struktur der österreichischen Wirtschaft ergeben.

Schonungsloser Konkurrenzkampf

Etwa neunzig Prozent der österreichischen Unternehmungen bestehen aus Klein- und Mittelbetrieben, die sich infolge der starken Außenhandelsabhängigkeit unseres Landes gezwungen sehen, mit den Großbetrieben unserer mächtigen Wirtschaftspartner in einem schonungslosen Konkurrenzkampf, der von Jahr zu Jahr an Heftigkeit zunimmt, zu behaupten. Daß dies bisher immer, wenn auch letztlich mit Zuhilfenahme des Fremdenverkehrs, gelungen ist, zeigt die Zahlungsbilanz Österreichs deutlich. Auch die in den letzten Jahren aufstrebende und trotz gewissen Schwankungen noch immer bestehende Konjunktur, die völlige Auslastung des Arbeitsmarktes, der steigende Lebensstandard und das sich stetig erhöhende Nationalprodukt spiegeln die erfolgreiche Arbeit unserer Wirtschaft wider. Eine Aufschlüsselung des Brutto-nationalproduktes zeigt, daß von der Gesamthöhe von 162,2 Milliarden Schilling im Jahre 1961 69,1 Milliarden Schilling auf das Baugewerbe, 17,5 Milliarden Schilling auf den Handel, rund 14 Milliarden Schilling auf Verkehr und auf sonstige Dienstleistungen im Bereich der Wirtschaft entfallen, das sind rund 112 Milliarden Schilling oder rund 70 Prozent des gesamten Bruttonationalproduktes. Diese Ziffern beweisen wohl am klarsten, daß die Wirtschaft das tragende Fundament des gesam-ten Staatsgeschehens ist. Die Entwicklung in den letzten Jahren gibt der Auffassung der österreichischen Wirtschaft, sich nach marktwirtschaftlichen Prinzipien zu orientieren, zweifellos recht.

Eine wichtige Voraussetzung für die Fortsetzung dieser günstigen Entwicklung ist die Erhaltung der Stabilität, die die Stabilhaltung von Löhnen und Preisen zur Basis hat. Beim Vergleich der Jahre 1960 und 1961 ergibt sich eine Zuwachsrate der Verdienste für Arbeiter und Angestellte von neun Prozent, die damit dem Produktivitätsfortschritt, der sich auf 1,7 Prozent belief, weit vorauseilte. Das heißt nichts anderes, als daß mit einer Reihe von Lohnerhöhungen Vorgriffe auf die Zukunft getätigt worden sind, und zwar auf eine Zukunft, die infolge der Integrationsbestrebungen schwierige Probleme und auch Gefahren in sich birgt. Österreich ist an einer Teilnahme an einem integrierten europäischen Wirtschaftsraum stark interessiert, weil eine solche Integration trotz aller Schwierigkeiten große Chancen bietet. Sie kann beispielsweise bewirken, daß der Lebensstandard der österreichischen Bevölkerung mit jenen der westeuropäischen VölkeT Schritt hält — ein Ausschluß von der Integration hätte hingegen eine mit Rückschritten verbundene Isolierung zur Folge. Ein integrierter europäischer Wirtschaftsraum, in dem ein günstiger Boden für billige und rationelle Massenerzeugumg besteht, gäbe andererseits unseren zum Teil hochqualifizierten und spezialisierten Kleinbetrieben die Chance, wertvolle und arbeitsintensive Leistungen für einen großen Markt zu vollbringen.

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