Masern Torso Körper - © Illustration: iStock/ZU_09

Masern: Rückkehr einer Geißel der Menschheit

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Die WHO schlägt aufgrund stark steigender Masernfälle Alarm. Bei der Impfquote zählt Österreich zu den Schlusslichtern in der EU. Kann man aus der Geschichte lernen?

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Die WHO schlägt aufgrund stark steigender Masernfälle Alarm. Bei der Impfquote zählt Österreich zu den Schlusslichtern in der EU. Kann man aus der Geschichte lernen?

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Wie Corona werden auch die Masern vor allem durch eine Tröpfcheninfektion übertragen: Es sind winzige Partikel in der Luft, die zur Ansteckung führen. Wenn erkrankte Menschen husten oder niesen, werden infektiöse Tröpfchen ausgeschieden, die oft über Stunden in der Luft bleiben. Auch durch direkten Kontakt mit kontaminierten Oberflächen, Nasen- oder Rachensekreten können Infektionen auftreten. Bis die ersten Symptome sichtbar werden, dauert es meist ein bis zwei Wochen. Doch bereits ca. vier Tage, bevor sich der typische Hautausschlag zeigt, kann ein Infizierter andere anstecken. Masern ist somit ähnlich heimtückisch wie Covid-19: Betroffene können den Krankheitserreger noch vor dem Beginn von Symptomen, also „gefühlt gesund“ übertragen. Zugleich ist das Virus hochgradig infektiös: Eine betroffene Person steckt im Schnitt zwölf bis 18 Gesunde an – das ist z.B. mehr als bei der Omikron-Variante von Corona.

Was passiert, wenn sich die Masern ungebremst ausbreiten, zeigt ein Blick die Geschichte. Michael Pammer hat zu Epidemien vor der Jahrhundertwende geforscht. „Egal, wohin man blickt: Als es noch keine Impfung gab, war der Verlauf unkontrollierbar“, sagt der Wirtschafts- und Sozialhistoriker von der Johannes Kepler-Universität Linz zur FURCHE. „In ganz Cisleithanien (Anm.: der nördliche und westliche Teil von Österreich-Ungarn) waren es bis zu 1,5 Prozent Masernsterbefälle pro Jahr, bezogen auf die Geburtenzahl desselben Jahres. Bei den Epidemien in Linz waren es mehr, sieben Prozent 1894 und knapp sechs Prozent 1897. Hier erkrankten besonders viele Kinder, die in den vorherigen Jahren den Masern entwischt waren – entsprechend schlimm war das Ergebnis.“

Hohe Dunkelziffer

Stark steigende Masern-Infektionszahlen sind für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit wieder ein Grund, um Alarm zu schlagen. Im Jänner und Februar wurden heuer bereits sieben vom Masernvirus verursachten Todesfälle in der EU gemeldet – sechs in Rumänien und einer in Irland. Weltweit ist die Zahl der Erkrankungen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 79 Prozent in die Höhe geschnellt. Fachleute seien angesichts dieser Entwicklung „äußerst besorgt“, heißt es aus der WHO-Zentrale in Genf; das laufende Jahr werde zur „großen Herausforderung“. Zudem gehen Experten von einer wesentlich höheren Dunkelziffer aus, da bei weitem nicht alle Infektionen gemeldet werden.

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