Jüdisches Geistesgut

Nicht Wissende, sondern Halbgebildete und Unwissende waren es, die die furchtbare Tragödie des Judentums in unserem Jahrhundert herbeiführten. Wie steht es heute mit dem Wissen um dieses Volk? Nun, in unseren Bildungsschichten sind etwa über die Kultur des alten Ägyptens oder der Inkas weitaus mehr Kenntnisse vorhanden als über die historische und aktuelle Rolle der Juden in Kultur und Wissenschaft der Welt. Eine sonderbare

Tatsache, aus der eines Tages neues Unheil erwachsen kann.

Obwohl es problematisch erscheinen mag, heute tausenden Menschen, die große, ja epochale Lebensleistungen vollbrachten, gleichsam einen Judenstern anzuhängen, wenn auch aus Achtung, Treue und Liebe, ist dieser Weg doch eine zeitbedingte Notwendigkeit. Es sind über die Juden soviele Lügen verbreitet worden, die als Gift weiterwirken, daß ihnen nicht anders entgegengearbeitet werden kann als durch eine Bestandsaufnahme der Wahrheit. Einen großangelegten verdienstvollen Versuch unternahm der Bayrische Rundfunk mit einer Sendereihe, „Die Juden und die Kultur“, in der prominente Vertreter von Kultur und Geisteswissenschaften die Rolle der Juden darstellten, und zwar auf folgende Gebieten: Mathematik — Physik — Chemie — Medizin — Psychologie — Soziologie — Philosophie — Literatur — Musik — Bildende Kunst. Dieses Material legt der Kohlhammer- Verlag dankenswerterweise in einem handlichen Buch vor, das berufen sein sollte, ein Hausbuch zu werden, zumal daraus ersichtlich wird, wie wichtig und unentbehrlich die jüdische Leistung für die bisherige und künftige Entwicklung der Kultur unserer Welt war und ist.

Vorzüglich auch die Auswahl vornehmlich religiösen jüdischen Geistesgutes im Band 102 der Herder-Bücherei, die von R. R. Geis unter dem Titel „Vom unbekannten Judentum" zusammengestellt wurde. Hier erleben wir jüdisches Schicksal von Anbeginn, als der Gott Abrahams immer wieder den aufbruchbereiten Israeliten verlangte, den Gläubigen, der mit dem Blick auf das Gottesreich gegen vieles Irdische „Nein" sagen muß, was zu fortwirkenden Zusammenstößen führt. Manches aus dem reichen Material des Büchleins ist der Lebensarbeit Martin Bubers zu verdanken, dessen Gesamtwerk überdies längst zum allgemeinen Bildungsgut gehören sollte.

Die öffentliche Gebarung steht seit den Budgetberatungen des vergangenen Jahres wieder im Mittelpunkt der Diskussion. Einen sehr aufschlußreichen Einblick erlaubt die jüngste Publikation des Österreichischen Statistischen Zentralamtes („Gebarungsübersichten 1959 für die Bundesländer, Gemeindeverbände und Gemeinden“), die erstmals auch die in Kärnten und Niederösterreich bestehenden Schulgemeindeverbände mitverarbeitet und die Auswirkungen der durch das Finanzausgleichsgesetz 1959 eingetretenen Änderungen erkennen läßt. Damit wird in dieser Publikation allen am Finanzausgleich und an der öffentlichen Gebarung interessierten Personen und Körperschaften wertvolles Material zur Verfügung gestellt.