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Als das Budget 1961. nach vielen Geburtswehen aus der Taufe gehoben wurdie, forderte Bundeskanzler Ingenieur Raab mit eindringlichen Worten zur äußersten Sparsamkeit in der Verwaltung auf und war sich dabei der Zustimmung aller Bevölkerungskreise sidher. ‘ 7

Seit diesem Appell- ist bereits wieder viel Wasser die Donau hinabgeflossen und geschehen ist praktisch — nichts.

Nun wollen wir aber auch nicht zu ungeduldig sein. Eine Rationalisierung des aufgeblähten Verwaltungsapparats ist eine Aufgabe, die sicher nicht in wenigen Wochen bewältigt werden kann. Aber ohne Zweifel hätten bereits entsprechende Maßnahmen zur Vorbereitung dieser Arbeiten getroffen werden können. Sind diese Maßnahmen getroffen worden? Der Öffentlichkeit ist nichts bekannt. Und nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist sehr zu befürchten, daß der nur allzu gerechtfertigte Appell des Bundeskanzlers zwar vielleicht nicht ungehört verhallen, aber sicher zu keinen wirklichen Resultaten führen wird.

Es gibt dafür Präzedenzfälle.

Seit geraumer Zeit gibt es in der öffentlichen Verwaltung die sogenannten „Ersparungskommissäre“. Diese braven Beamten haben sich zweifellos redlich bemüht, Einsparungen durchzuführen, aber der Erfolg war so bescheiden, daß er praktisch nicht sichtbar wurde. Und das ist nicht zu verwundern, ja es war eigentlich auch gar nicht anders zu erwarten.

Jedem privaten Unternehmer ist das Problem der „Betriebsblindheit“ ein vertrauter Begriff. Wenn ein noch so qualifizierter Fachmann zu lange Zeit im gleichen Betrieb tätig ist, fallen ihm bestimmte Dinge einfach nicht mehr auf, er wird „blind“ für Unzukömmlichkeiten und er übersieht Verlustquellen und Einsparungsmöglichkeiten. Aus diesem Grunde wenden sich ja auch große Betriebe, die eigene Organisationsabteilungen besitzen, an außenstehende Organisation«- und Rationalisierungsexperten, um mit deren Hilfe den eigenen Betrieb rationell zu gestalten.

Die Eimsparungskommissäre sind Beamte, zumeist sogar Beamte des Ministeriums, das sie „rationalisieren" sollen. Sie sind daher engstens verbunden mit ihren Kollegen, deren Arbeit sie verändern oder deren Arbeitsplatz sie gefährden sollen, und sie unterstehen einer Hierarchie, gegen die sie nicht ankämpfen können, wenn sie sich nicht sämtliche Aufstiegschancen verderben wollen. Und ein weiterer wesentlicher Funkt: Einsparungsmöglichkeiten aus findig zu machen, ist schwere, harte Arbeit, und ein Mann allein in einem großen Ministerium kann diese Aufgabe einfach arbeitsmäßig nicht bewältigen.

Der Verfasser dieser Zeilen weiß aus eigenerr,Anschauung, daß djq Verwal- tungskosten im öffentlichen Dienst erheblich gesenkt werden können, und zwar mit den gleichen Methoden, wie sie in der Privatwirtschaft seit Jahr und Tag mit den besten Erfolgen angewendet werden.

Beamtete Ersparungskommissäre können hier allerdings nichts erreichen, und auch ein Ministerkomitee wird hier selbst kaum Abhilfe schaffen können.

Hier können nur Fachleute helfen, die Arbeitsablaufstudien durchführen, die Formulargestaltung studieren, die Arbeitsmassen ermitteln, eine präzise Arbeitsplanung ausarbeiten, also alles das tun, was in der Privatwirtschaft bereits getan wurde und weiter getan wird, um die Gemeinkosten zu senken.

Diese Fachleute dürfen jedoch, und das muß unterstrichen werden, keine Beamten sein, und sie müssen dem zuständigen Ressortminister direkt unterstellt werden. Dann können sie in engster Zusammenarbeit mit allen Beamten der betreffenden Dienststellen ohne Zweifel alle die Maßnahmen ausarbeiten und Vorschlägen, die tatsächlich maximale Einsparungen ermöglichen, ohne daß die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben vernachlässigt würden.

Man braucht angesichts der mißlichen Budgetsituation nicht zu betonen, daß eine radikale Senkung der Verwaltungskosten unerläßlich ist. Aber es gibt noch andere Aspekte. Österreich kann es sich wirtschaftlich nicht leisten, daß hochqualifizierte Fachkräfte, wie sie in der öffentlichen Verwaltung vorhanden sind, unproduktiv oder nicht voll produktiv ausgelastet werden, und die Wirtschaft wird es der Verwaltung zu danken wissen, wenn durch Freistellung von Fachkräften der drückende Mangel an qualifizierten Mitarbeitern gelindert werden kann.

Der Appell des Bundeskanzlers hat das Problem der Sparsamkeit in der Verwaltung auf die Tagesordnung gesetzt. Im neuen Jahr müssen Taten folgen. Die Verwaltung möge sich mit den Organen der Wirtschaft, den Kammern und auch dem österreichischen Produktivitätszentrum beraten, wie wirklich gespart werden kann — und dann ohne zu zögern handeln. Es könnte sonst zu spät werden.

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