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Gebremste Manager

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Wenn Rechnungshofberichte — wie in Wien — neben allgemein politischen Fragen zur Diskussion stehen, münden all diese Debatten in die publikumswirksame, aber un-reflektierte Forderung, man müsse die öffentliche Verwaltung reorganisieren, indem man sie einfach moderner gestaltet. Auch der Verweis auf die Notwendigkeit, im Bereich der staatlichen Verwaltung privatwirtschaftliche Managementmethoden einzuführen, fehlt selten. Freilich ist die Lösung dieser Probleme nicht so einfach. Das liegt zum einen in der Struktur der Verwaltungsaufgaben des Staates, zum anderen in der Beschaffenheit der staatlichen Verwaltung und ihrer Bindung an die Gesetze.

Die Aufgaben des Staates und seiner Verwaltung haben gerade in den letzten Jahren eine deutliche Vermehrung erfahren. „Bestanden sie früher bloß in der Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit und war der Staat in seiner Nachtwächterrolle bloßer Ordnungs-bewahrer“, so Prof. Herbert Schambeck in einem vielbeachteten Vortrag anläßlich einer Tagung der „Gewerkschaft öffentlicher Dienst“, „so ist er heute vom einzelnen, aber auch von seinen Repräsentanten der

Gesellschaft, nämlich den Parteien und Interessenverbänden, im Zug der Demokratisierung der Staatswillensbildung zum Sozialgestalter geworden.“ Als solcher hat sich der Staat in gleicher Weise um kulturellen

Fortschritt, wirtschaftliches Wachstum und soziale Sicherheit zu bemühen.

Die Staatsaufgaben umfassen heute fast alle Bereiche der Sozialbeziehung und werden laufend fortgeschrieben; von der vorschulischen Erziehung bis zur Altersfür- und -vorsorge, von der Preisgestaltung bis zur Lohnentwicklung. Dazu tritt noch eine Eigenunternehmertätigkeit der öffentlichen Hand: „Betreiben doch eine Vielzahl öffentlich-rechtlicher juristischer Personen öffentliche Anstalten, führen mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Unternehmungen und Betriebe, die Gebietskörperschaften an- und eingegliedert sind.“ Auch die Subventionsverwaltung und Auftragsvergabe gehören zu diesen neuen Aufgaben des Staates. Er schließt auf Bezirks-,

Landes- und Bundesebene Arbeitsund Mietverträge ab, gewährt Darlehen, kauft und verkauft Mobilien und Immobilien und schreibt Wettbewerbe aus.

Gerade dieses Bündel von Verwaltungstätigkeiten aber stieß gerade in letzter Zeit auf Kritik und Widerstand: Man denke vor allem an die Grundstückstransaktionen der Gemeinde Wien oder die Parlamentsdebatten rund um den Architektenwettbewerb der UNO-City. Das Unbehagen entzündete sich dabei freilich nicht an der Verwaltungstätigkeit der Beamten, sondern an der politischen Dimension, die dahinter steht, und ist eine Folge der Rechts -konstruktion der Privatwirtschaftsverwaltung: diese ist vom „rechtsstaatlichen Standpunkt nicht problemlos, da es eine den Geboten des Artikels 18 Bundesverfassung entsprechende Erfassung der Privatwirtschaftsverwaltung durch Gesetze im formellen und materiellen Sinn nicht gibt“ (Prof. Schambeck).

Von diesen gewandelten Staatsaufgaben und den dadurch entstandenen Problemen ausgehend, mühen sich Experten, die Bürokratie in den Griff zu bekommen. So beschäftigte sich vor kurzem der Akademikerbund im Rahmen einer Tagung mit Fragen der staatlichen Verwaltung, wobei ein Forderungskatalog präsentiert wurde, der die Errichtung von Verwaltungsakademien, das Prinzip der Ämterrotation und die Intensivierung soziologischer Forschungen zum Thema Bürokratie vorschlug.

Obzwar man sich bemühen müsse, die Effekte modernen Managements in der staatlichen Verwaltung zu erzielen, könne man die Managementmetheden der Privatwirtschaft — so Schambeck — nicht einfach auf den Staat umlegen: „Die Staatsverwaltung unterscheidet sich vom Industriemanagement schon dadurch grundlegend, daß der Staat nur dort tätig werden darf, wo ihn die Gesetzgebung dazu in Gesetzesform beauftragt hat, der einzelne hingegen' kann überall dort tätig werden, wo ihm dies durch Gesetz nicht ausdrücklich verboten ist.“

Die Lösung der aktuellen Probleme der Verwaltung kann zum einen nur in einer permanenten beruflichen Weiterbildung und zum anderen in einem Neuüberdenken der jahrzehntealten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der Gesetzgebung und Verwaltung liegen. Diese Neufestsetzung der Kompetenzen hat den heutigen effektiven Pflichtenkreis von Bund und Ländern in Arbeits- und Privatwirtschaftsverwaltung ebenso zu berücksichtigen wie der Einsicht des „kooperativen Föderalismus“ zu genügen. In Sachbereichen, deren Bedeutung über die einzelnen Ländergrenzen hinausgeht — und diese Zahl wird von Tag zu Tag größer — und von gesamtstaatlichem Interesse sind, wird eine enge Zusammenarbeit der Bundesländer notwendig sein.

Eine berufliche Weiterbildung der Beamten würde in einem Ausbildungsplan Wirtschafts- und Sozialpolitik, Statistik, die Organisation und Verfahren der Verwaltung, Pla-nungs-, Haushalts- und Kontrollwesen, Eelektronische Datenverarbeitung, Methoden der Menschenführung, der Diskussionstechnik und Grundzüge der Nationalökonomie umfassen.

Wie wichtig eine permanente Fortbildung in allen Bereichen der Verwaltung ist, beweist auch eine Studie, die sich auf 5000 Führungskräfte erstreckte: Rund 75 Prozent der Befragten überschätzten ihre Leistung, 21 Prozent unterschätzten sie und nur 2 Prozent konnten ihre tatsächlichen Leistungen richtig umschreiben und definieren.

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