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Wirtschaftsprogrammierung

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WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT. Gesammelte Aufsätze aus drei Jahrzehnten. Von Josef Dobretsberger. Gräser Rechts- und Staatswissenschaftliche Studien, Band 11. Verlar Leykam, Gras, 1963. 136 Seiten. Preis 66 S.

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WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT. Gesammelte Aufsätze aus drei Jahrzehnten. Von Josef Dobretsberger. Gräser Rechts- und Staatswissenschaftliche Studien, Band 11. Verlar Leykam, Gras, 1963. 136 Seiten. Preis 66 S.

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Josef Dobretsberger, der nun 60 Jahre alt gewordene Ordinarius für Nationalökonomie an der Grazer Universität und Sozialminister der Ersten Republik, legt im Rahmen der Grazer Universitätsschriften eine Auswahl seiner in den letzten drei Jahrzehnten — zum Teil während der Emigration — erschienenen Aufsätze vor. Trotz der außerordentlichen Vielfalt der gewählten Themen, die von einer Soziologie der Intelligenz bis zu einer münzgeschichtlichen Untersuchung reichen, ist unverkennbar, daß der Autor vor allem mit dem Problem einer Synthese von Planung, soweit sie sachgesetzlich bestimmt und nicht Glaubensakt ist, und der Freiheit wirtschaftlicher Disposition befaßt

In der ersten Arbeit („Die Methodenlehre Carl Mengers und der österreichischen Schule“) untersucht der Autor, warum Menger sich gegenüber dem Bemühen, die ökonomischen Prozesse zu quantifizieren, distanzierte und bemüht war, zeitlos gültige Gesetze des wirtschaftlichen Geschehens aus der Vielfalt der Daten herauszulösen.

Die zweite Arbeit („Kartelle unter dem Druck der Krise“), erschienen auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise (1932), zeigt, daß zwar die Konzentrationsgebilde (etwa in der Art der Verdichtung) die jeweilige Konjunkturlage anzuzeigen vermögen, sich aber, je intensiver sie integriert sind, um so weniger an die vorgegebene Wirtschaftslage anpassen können.

In einer Abhandlung über „Fehlerquellen der privaten Wirtschaftsführung“ wird auf die unzureichende Abstimmung der sich im Wettbewerb befindlichen und je für sich operierenden Unternehmungen hingewiesen, die nicht dn der Lage sind, die Dispositionen der Konkurrenten in ihre Absatzstrategie einzubauen. Gleichzeitig geht der Autor auf das von der modernen Betriebwirtschaftslehre untersuchte Problem der Umwegsrentabilität (öffentlicher Investitionen) ein.

In der „Theorie der Wirtschaftsgebiete“ untersucht der Verfasser, welche natürlichen Bedingungen eine Wirtschaftsregion konstituieren, ebenso den Einfluß des administrativen Protektionismus bis hin zur Errichtung exklusiver Wirtschaftsräume.

In dem wohl bedeutendesten Aufsatz des Buches, in der „Krise der Intelligenz“, wird auf die Dynamik des Kulturwandels eingegangen, auf die Positionsverschiebungen der sozialen Schichten, der die geradezu immanent gewordene Krise der Intelligenz konform geht, einer Intelligenz, die sich nicht mehr durch eine Universalbildung abheben kann, sondern, will sie noch Rechtspositionen einnehmen, auf eine unmittelbare praktikable Spezialisierung abgedrängt wird. Der Autor geht auch auf die Frage der Bildungssubstanz ein (was ist Bildung?). Ist die Bildung das, was in den mittelalterlichen Klosterschulen gelehrt wurde, oder ist sie identisch mit dem verdünnten humanistischen Lehrstoff, den die Höheren Schulen noch lehren? Wie sollen die Lehrpläne aussehen, angesichts dessen, was die Gesellschaft von der Intelligenz — als ihrem Erfüllungsgehilfen — heute fordert? Ist Intelligenz identisch mit der Diplomintelligenz, welche die Hohen Schulen entlassen? Gesondert untersucht wird auch die Frage der sozialen Herkunft der Akademiker, wobei sich ergibt, daß die ökonomische Position der Eltern mitentscheidend ist für das vom Studenten gewählte akademische Fach.

Außerordentliche Kenntnisse in der Münzgeschichte zeigt der Verfasser in einer Studie über den „Ursprung des Münzgeldes“.

Wenn auch mit Material aus unterschiedlichen Epochen der Wirtschaftsgeschichte der letzten Jahrzehnte ausgestattet, haben die vorgelegten Aufsätze nichts an Aktualität eingebüßt, um so mehr, als sie gerade durch den teilweise historischen Bezug der Darstellung erkennen lassen, daß es jenseits der einmaligen historischen Bedingungen soziale und ökonomische Gesetzlichkeiten gibt, die ein Programmieren der Wirtschaft in gewissen Bereichen durchaus möglich machen.

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