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Zur Klärung der Mitbestimmung

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In der Bundesrepublik Deutschland gewinnt die Diskussion um eine neue Verfassung der Großunternehmen wachsende Aktualität. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlangt — große Teile der Sozialistischen Partei Deutschlands (SPD) und ein Teil des Arbeitnehmerflügels der Christlichdemokratischen Union (CDU) unterstützen diese Forderung — die Einführung einer neuen Unternehmensverfassung mit paritätischer wirtschaftlicher Mitbestimmung der Arbeitnehmer für die großen Unternehmen. Die Befürworter dieser Reform verweisen hierbei auf die Erfahrungen, die den Unternehmen der deutschen Montanindustrie (Kohle und Stahl) mit einer qualifizierten Mitbestimmung gemacht worden sind, und verlangen die Ausdehnung dieser qualifizierten Mitbestimmung auf — nach Zeitungsangaben — 360 weitere Unternehmungen mit mehr als 2000 Beschäftigten, 75 Millionen Scliilling Bilanzsumme und 150 Millionen Schilling Jahresumsatz. Das Ziel soll durch die paritätische Zusammensetzung des Aufsichtsrates aus Unternehmer- und Arbeitnehmervertretern verwirklicht werden. Da der Aufsichtsrat den die Geschäfte führenden Vorstand der Gesellschaft bestellt, sollen auf diesem Wege die Arbeitnehmervertreter direkten Einfluß auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der Geschäftsführung erhalten. Diese Forderung geht weit über das geltende Betriebsverfassungsrecht hinaus, das eine Mitwirkung des Betriebsrates in der Sphäre der betrieblichen Sozialpolitik und Personalpolitik und das Recht auf Information über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens durch die Geschäftsführung vorsieht. Die gegensätzlichen Stellungnahmen zu diesem Verlangen gehen mitten durch die Parteien durch. Die SPD hat eine eigene Kommission eingesetzt, die eine einheitliche Stellung der Partei erarbeiten soll. Die deutsche Bundesregierung hat eine amtliche Kommission, bestehend aus neun unabhängigen Wissenschaftlern und je drei Vertretern der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften, berufen, von der man in einiger Zeit ein Gutachten erwartet. Das Für und Wider hat in einer Flut von Aufsätzen und Schriften seinen Niederschlag gefunden. Auch im katholischen Lager ist die Diskussion sehr rege. In der zweiten Hälfte des Februar wird sich in Deutschland eine Tagung katholischer Sozialwissenschaftler um eine Klärung bemühen. Im Zuge dieser Diskussion hat sich Prof. Johannes Messner in mehreren Aufsätzen als Sozialethiker mit dem Thema beschäftigt. Werner Vogt, der Chefredakteur der „Ketteier Wacht“, einem Organ der katholischen Arbeiterbewegung Deutschlands (KAB), übte in einer Leserzuschrift an die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), die Messner zitiert hatte, Kritik an Messners Thesen. In folgendem Aufsatz vom Dezember 1966 ging Prof. Messner auf diese Kritik ein. Mit Zustimmung des Autors geben wir diesen Aufsatz wieder, der einen Einblick in die im deutschen Katholizismus bis zur Zerreißprobe gehende Auseinandersetzung über die Mitbestimmungsfrage gibt.

In Diskussionen über so weit- tragende Fragen wie die der paritätischen wirtschaftlichen Mitbestimmung ist nichts wichtiger als die Klärung der Standpunkte. Die folgenden Bemerkungen meinerseits sollen einen Beitrag dazu leisten. Von meinen Bedenken gegen die von katholisch-sozialwissenschaftlicher Seite vorgebrachten Thesen zur paritätischen wirtschaftlichen Mitbe stimmung stellt Wolfgang Vogt in seinem Leserbrief an die FAZ folgende heraus:

1. die paritätische Mitbestimmung gefährde die sachlich gerechtfertigte Selbständigkeit des Vorstandes großer Gesellschaften;

2. die paritätische Mitbestimmung würde die unternehmerisch notwendigen Entscheidungen verhindern.

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