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Am Wochenende mit dem Rad ins Grenzland

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Das nördliche Weinviertel kämpft mit wirtschaftlichen Problemen. Ein Projekt zur Förderung des Öko-Tourismus soll dem Grenzland neue, wichtige Impulse geben.

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Das nördliche Weinviertel kämpft mit wirtschaftlichen Problemen. Ein Projekt zur Förderung des Öko-Tourismus soll dem Grenzland neue, wichtige Impulse geben.

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Das Fremdenverkehrsland Osterreich mit seiner reichen Erfahrung hilft der jungen Tschechischen Republik beim Aufbau einer touristischen Infrastruktur, deren Nutznießer aber nicht zuletzt auch das nördliche Weinviertel ist.

Der Kärntner Hannes Schaffer hat mit seinem Team ein Projekt ausgearbeitet, das kurz vor dem Abschluß steht. Das Team besteht aus Landschafts- und Raumplanern der Technischen Universitäten Wien und Brünn und des Vereins „Mecca”, den Schaffer als Student gründete. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Förderung einer „umweltverträglichen Form” des Tourismus in wechselseitiger Abhängigkeit von der Landwirtschaft. Der Gruppe geht es vor allem darum, die relativ wenig durch Eingriffe beeinträchtigte Kulturlandschaft des nördlichen Weinviertels im grenznahen Bereich von Laa an der Thaya bis Hohenau, auf südmährischer Seite von Dyjäkovice bis Lanzhot und in der Nord-Süder-streckung von Pouzdrany bis Poysdorf zu erhalten. Urbane Strukturen, wie etwa die Kellergassen, sollen für Radtouristen und Wanderer zugänglich gemacht werden.

Wenig bekannt ist, daß drei Viertel aller Kellergassen Österreichs im nördlichen Weinviertel zu finden sind. Der Kärntner aus Breitenstein bei St. Veit an der Glan gerät darüber ins Schwärmen. Ebenso kann er sich für die Erdstellen in Großkrut begeistern, wo fast ein ganzer Berg von einem Höhlensystem untergraben ist, das angeblich von Awaren als Zufluchtstätte angelegt wurde.

Mit Hilfe der „touristischen Erschließung” soll der wirtschaftlich gefährdete Raum des nördlichen Weinviertels und Südmährens für dessen Bewohner attraktiver gestaltet werden. Um das zu erreichen, geht es vor allem darum, die bestehenden Arbeitsplätze zu erhalten. Durch das starke Lohn- und Preisgefälle droht nämlich eine weitere Abwanderung von Betrieben - etwa der Zuckerfabrik Hohenau - in die Tschechische Republik.

Solchen Tendenzen will man durch das „Ereg”-Programm (Eigenständige Regionalentwicklung im Grenzraum) entgegenwirken. Dafür erscheint es besonders wichtig, nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs” auch die „Grenzen im Kopf zu beseitigen.

Der Arbeitsgruppe der Technischen Universitäten Wien und Brünn ist es ein besonderes Anliegen, den Wochenendtourismus, bei dem Kultur, Kulinarisches, Entspannung und Sport zusammenwirken, anzukurbeln. Die landwirtschaftliche Bevölkerung soll dabei in besonderer Weise eingebunden werden.

Das sogenannte „Liechtenstein-sche Erbe” in der Region spielt im Rahmen des Konzepts eine wichtige Rolle: Ausgehend von Schloß Wilfers-dorf, dem ehemaligen Stammhaus der Liechtensteins auf österreichischer Seite, führt die Reiseroute zu den Liech-tensteinschen Schlössern im tschechischen Lednice und Valtice. Neben der noch erstaunlich gut erhaltenen Struktur der Parkanlagen, die im 19. Jahrhundert nach englischem Vorbild angelegt wurden, soll in den tschechischen Schlössern das „adelige Leben” stilgerecht dokumentiert werden.

Das Leben aus der Sicht der „Kleinen” , der Bauern und Frohnieute, hingegen soll im Freilichtmuseum von Niedersulz dargestellt werden. Niederösterreich verschreibt sich der

Volkskultur. Eine Abzweigung von dieser Boute könnte nach Laa führen, wo sich Österreichs zweitgrößte Kutschensammlung befindet.

Den Mitarbeitern der TU-Wien und ihren Brünner Kollegen ist klar, daß mit diesem Projekt die Probleine der Grenzregion nicht einfach gelöst sind. Die Entwicklung dieses Baumes muß vielmehr im Laufe der nächsten zehn bis 15 Jahre durch eine Vielzahl von kleinen, unterschiedlichen, aber aufeinander abgestimmten Aktivitäten allmählich gefördert werden.

Im Zusammenhang mit dem erfolgten Beitritt zur Europäischen Union, zu der in absehbarer Zeit ja auch die Tschechische Bepublik stoßen wird, zeichnet sich eine jetzt schon zu beachtende Gefahr ab: Die Landwirtschaft auf österreichischer Seite muß sich rechtzeitig der enormen Konkurrenz innerhalb der EU stellen. Die derzeit als Übergangshilfe ausbezahlten und in wenigen Jahren auslaufenden Subventionen an die Landwirtschaft würden nach Ansicht des Teams derzeit im Weinviertel zu wenig für Umstrukturierungsmaßnahmen genützt.

Mit den von der Gruppe gestarteten und vom Land Niederösterreich unterstützten Initiativen zum Aufbau eines regionalen Tourismus wird jedenfalls der eigenständigen Begionalentwicklung und damit auch der Stärkung der Wirtschaftskraft des Grenzraumes ein wichtiger Impuls gegeben.

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