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Einbruch der anderen Welt

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Fatima, Portugal und sein Marienheiligtum. Von Paul D a h m. Verlag B. Kühlen, M.-Gladbach. 112 Seiten. Preis 13.80 DM.

An die Spitze dieses Bildberichtes setzt der Verfasser ein Wort Paul Claudels: „Fatima ist eine Explosion, ein heftiger, ich möchte sagen ärgernis- erregender Einbruch der anderen Welt hinein in die Grenzen unserer so erregten Zeit“, und umschreibt den kirchlichen Standort: „Die Kirche verpflichtet keinen, die marianischen Erscheinungen zu glauben. Aber Millionen Katholiken, allen voran Pius XII., halten sie für wahr.“ Im Wesentlichen ein Bilderbuch, und zwar ein edles, gutes, will es zum Phänomen Fatima führen, so weit das mit der Kamera geschehen kann, und zeigt die Umwelt, das Portugal der Geschichte und von heute, denn „Fatima ist ohne Portugal nicht verständlich“. Im Befreiungskampf gegen die Mauren entstanden, hat et sich der Gottesmutter geweiht. Aus der kleinen Provinz im äußersten Südwesten Europas wurde das große Kolonialreich mit Weltgeltung. Es hat seine Entdeckungen und Eroberungen immer gleichzeitig mit dem klaren Willen verbunden, überallhin die Frohbotschaft Christi zu tragen. Salazar hat es aus der tiefsten Erniedrigung und Entfremdung seines Wesens wieder zu dem gemacht, was es je und ehe formte: „portugiesisch, darum katholisch.“ „Unkomplizierte Menschen. Sie haben ein schlichtes, echtes Verhältnis zu ihrem Schöpfergott, der ihnen Sonne und Regen spendet, Brot und Wein, aber auch die Gnade, ihn zu erkennen und zu lieben" (27). Diesen Hintergrund, vor dem die Eigenart dieses Wallfahrtsortes gesehen und erst verstanden werden kann, erstellt Paul Dahm in gutgewählten und technisch hervorragenden Lichtbildern. Der begleitende Text geht leise mit: die römische und maurische Vorzeit; reiche Bilder aus der merkwürdig verschnörkelten Gotik unter der Regierung Manuels L, „des Prächtigen" (1481 bis 1521), Lissabon, Porto, vor allem die Universitätsstadt Coimbra, die „Verdichtung historischer und künstlerischer Denkmäler auf engstem Raum" ist; das Leben der Bauern, der Fischer, Alcobaca. Die Seherkinder Jacinta, Francisco und Lucia (mit einem ausführlichen Bericht über die Erscheinungen am 13. dbr MÖnkVfe Mai bis Oktober 1917)1 Dann ein reicher Bildbericht über den Wallfahrtsort und das Leben der Waller. Das Idiom des südlichsten Südens Europas, auch das maurische Nachbarland, werden eindringlich spürbar. Die Reportagen von den Feiern im Marianischen Jahr in der Cova da Iria, an denen Hunderttausende teilnahmen, sind gewaltig. Das Buch vergißt nicht, die Erscheinungen, die drei frommen Bauernkindern zuteil wurden, in weltgeschichtliche Zusammenhänge zu bringen: die erste Vision war am 13. Mai 1917; am gleichen

Tag wurde Eugen Pacelli zum Bischof geweiht und als Nuntius nach Deutschland geschickt, durch das zwei Tage vorher Lenin und Trotzki in einem plombierten Wagen nach Rußland geschmuggelt worden waren. So schließt mit Recht die reichhaltige Photoreportage mit dem Bild des Heiligen Vaters. — Das Werk will den Wallern nach Fatima eine vollgültige Dauererinnerung sein. Das ist es auch.

Die Muttergottes von Syrakus hat geweint. Von

Kanonikus Dr. Ottavio Musumeci. Credo- Verlag, Wiesbaden. 208 Seiten. Preis 7.80 DM.

Ein gelehrter Theologe der Kathedrale von Syrakus hat uns in diesem Buch die „erste offizielle Darstellung mit umfassender Dokumentation“ geboten über das Tränenvergießen der Madonna, das im Heim eines jungen Arbeiterehepaares an einem mit Nitrolack überzogenen Basrelief-Brustbild aus Gips, das das Herz Mariä darstellt, vom 29. August bis 1. September 1953 beobachtet wurde. Das durch vier Tage hindurch sich wiederholende Phänomen bot die Möglichkeit, die Tatsache des Weinens durch so viele verläßliche Augenzeugen festzustellen und durch die Photographie festzuhalten, daß eine Erklärung durch Massenpsychose ausgeschlossen scheint. Ebenso zwingen die auffallenden Bekehrungen und unerklärlichen Heilungen, an das Eingreifen einer höheren Macht zu denken. Fachleute der Chemie haben ein Kubikzentimeter der aufgefangenen Tränen untersucht und sie als menschliche Tränen anerkannt. Fachleute der Medizin haben Heilungen festgestellt, die sie ohne Eingreifen einer höheren Macht nicht erklären können. Die berufenen kirchlichen Autoritäten haben von Anfang an eine kluge Zurückhaltung an den Tag gelegt. Nach der amtlichen Stellungnahme des sizilianischen Episkopates kann man das endgültige Urteil der obersten kirchlichen Instanz mit Spannung erwarten. Das Buch ist mit ruhiger Sachlichkeit und wissenschaftlichem Ernst geschrieben. Die vielen Bildbeilagen sind sehr gut. Die Uebersetzung ist einwandfrei; leider sind einige störende Druckfehler stehengeblieben. Uns kühleren Nordländern sagt der südländische kühne Gedankenschwung und der auf Gefühlsweckung berechnete Wortschwall weniger zu. Wir würden von den aufrüttelnden Tatsachen um die weinende Madonna noch wirkungsvoller beeindruckt werden, wenn wir von einem deutschen Autor in der Denk- und Sprechweise unseres Volkes darüber unterrichtet würden. Im übrigen ein durchaus hochstehendes Buch, an dem auch der kritische Leser nicht achtlos Vorbeigehen kann; es wird ihm ernste Gedanken aufdrängen.

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