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Klarstellung
Die Abgeordneten des österreichischen Nationalrats erhoben sich. Sie billigten einstimmig das von der Bundesregierung vorgelegte „Abzeichengesetz 1960“. Warum auch nicht. Wer sollte Einspruch erheben gegen ein Gesetz, dessen 1 Abs. 1 besagt: „Abzeichen einer in Österreich verbotenen Organisation dürfen öffentlich weder getragen noch zur Schau gestellt, dargestellt oder verbreitet werden. AI Abzeichen sind auch Embleme, Symbole und Kennzeichen anzusehen.“
Das ist doch eine klaie Sprache. Da darf doch jeder gute Österreicher „Bravo, Nationalrat“ rufen. Doch der Ruf erstirbt auf den Lippen. Im Bericht des Verfassungsausschusses findet sich nämlich ein Absatz, der unter bestimmten Umständen den positiven staatspolitischen Wert des ganzen Gesetzes in sein Gegenteil verwandeln kann. Heißt es hier dock „Auf Orden und Ehrenzeichen (einschließlich der Auszeichnungen des zweiten Weltkrieges) findet das Verbot des 1 Abs. 3 dann nicht Anwendung, wenn im Zeitpunkt, in dem die Orden und Ehrenzeichen öffentlich getragen werden oder öffentlich zur Schau gestellt werden, die im Abs. 1 oder 2 des 1 erwähnten Embleme entfernt sind.“
Da haben wir es: das bekannte österreichische
„Hintertürl“, durch das alle Unklarheiten eindringen können und mitunter die letzten Dinge möglicherweise wieder einmal ärger als die ersten werden. Wen immer es in Zukunft in Österreich drängt, die Orden und Ehrenzeichen der Deutschen Wehrmacht zu tragen, wird also gut tun, wenn er mit dem Gesetz nicht in Konflikt kommen will, das Hakenkreuz auf ebendemselben Orden oder Ehrenzeichen zu überkleben oder auszukratzen. Auch für eine bestimmte Industrie öffnen sich hier in der Produktion von Imitationen „ohne“ günstige Perspektiven. Inwiefern ein echter Soldat und denkender Österreicher durch solche Manipulationen nicht endgültig darin bestärkt wird, daß es besser und ehrenhafter ist, die Zeugnisse einer vergangenen Epoche in der Tischlade zu lassen, ist eine andere Sache.
Aber um das geht es ja gar nicht.
Um was es wirklich geht, ist, ob eines Tages die Waffen- und Uniformträger der Republik Österreich sich unter Berufung auf das Abzeichengesetz 1960 mit Orden vorstellen, die -wie immer man es auch dreht und wendet — von einer Wehrmacht verliehen wurden, zu deren Kriegszielen auch die Tilgung Österreichs für ewig von der Landkarte gehörte. Darüber dürfte es heute wohl keine Zweifel mehr geben.
Wir brauchen nuf zu wiederholen, was schon mehrmals in diesem Blatt zu lesen war: Ein Bundesheer, dessen Offiziere und Unteroffiziere sich im schwarzweißroten Ordensschmuck einer fremden Armee vorstellen, wäre kein österreichisches Heer mehr, sondern eine Traditionstruppe der Wehrkreise XVII und XVIII der weiland großdeutschen Wehrmacht.
Und das ist untragbar. Daran hat auch die Verabschiedung des „Abzeichengesetzes 1960“ nichts geändert.
Am besten und Ausdruck eines guten patriotischen Geistes wäre es, wenn aus der Mitte des österreichischen Bundesheeres heraus an zuständiger Stelle der nachdrückliche Wunsch geäußert würde, die deutschen Auszeichnungen aus dem zweiten Weltkrieg für die Waffenträger der Republik Österreich nie und nimmer zur Diskussion zu stellen.
Darf man einen solchen Schritt erwarten? Er wäre der beste Beweis, daß wir nicht nur Soldaten, sondern wirkliche Österreicher unter den Fahnen haben. Und eine Beschämung für nicht wenige allzu wendige Politiker dazu.
Diese Möglichkeit sollten sich die Offiziere eigentlich nicht entgehen lassen.
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