Dom Museum Wien - © Foto: Deinhardstein

Ort der Gewalt, Ort der Geborgenheit

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Wie spannend Kunst zum Thema „Familie“ sein kann, zeigt das Dom Museum Wien mit seiner neuen Ausstellung.

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Wie spannend Kunst zum Thema „Familie“ sein kann, zeigt das Dom Museum Wien mit seiner neuen Ausstellung.

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Es ist schon sonderbar: Manches, von dem man glaubt, es wäre schon immer so gewesen, ist in Wirklichkeit relativ jung. Und manches, von dem man denkt, es wäre skandalös neu, erweist sich als durchaus traditionell. Beispiel Familie. Das hierzulande gängige Idealbild einer Kernfamilie „Vater, Mutter, Kind (und Kind)“ gibt es noch nicht lange. Man muss nur Märchen von Stiefmüttern und ausgesetzten Kindern lesen, um zu wissen, was los war. Männer blieben im Krieg, Tanten zogen die Kinder auf, Mütter starben an Kindbettfieber und wurden durch Stiefmütter ersetzt. Großfamilien, die in einem Haus lebten, halfen einander oder machten einander das Leben zur Hölle. Diese erwiesene Ambivalenz – Familie als Schutz und Geborgenheit versus Familie als Ort von Macht und Gewalt – widersetzt sich zudem der Vorstellung von Familie als harmonischer Gemeinschaft.

Biblische Familiengeschichten

Und was findet man in der christlichen Kunst? Die später so genannte „Heilige Familie“ präsentiert mit Josef keinen biologischen, sondern einen sozialen Vater. Die Bibel ist durchdrungen von durchaus konfliktreichen, dynamischen Familiengeschichten. Rivalisierende (ja einander sogar mordende) Geschwister, verstoßene Frauen und Kinder: alles andere als trautes Heim, das so auch in die Kunst einging. Die Kunst zeigt damit vieles, was auch Bedeutung für die Gegenwart hat, meint Johanna Schwanberg, Direktorin des Wiener Dom Museums. Man muss wohl nur genauer hinsehen und so manch eigenes Bild entstauben. Dass man allerdings in der zeitgenössischen Kunst lange nach Familienbildern suchen muss, ist eigenartig. Wenn man fündig wird – und Schwanberg wurde -, dann häufig bei Künstlerinnen. Möglicherweise gilt das Thema Familie als zu verstaubt oder die ideo logische Vereinnahmung des Themas durch die Nationalsozialisten – auch in der Kunst – wirkt immer noch nach.

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