6702276-1963_36_05.jpg
Digital In Arbeit

An den Round geschrieben

Werbung
Werbung
Werbung

KEINE STEUERERHÖHUNGEN. im

Finanzministerium haben die Budgetberatungen auf Ministerebene begonnen. Diese Verhandlungen sind zugleich ein Prüfstein für Dr. Korinek, der sich heuer wahrlich keiner leichten Aufgabe gegenübersieht, werden doch die Ausgaben des Bundes — vorsichtig gerechnet — eine Höhe von ungefähr 57 Millionen erreichen, die Einnahmen dagegen schätzen auch eingefleischte Optimisten auf höchstens 54 Millionen. Nach Ansicht der Fachleute wird die Differenz zwischen Soll und Haben wohl noch etwas größer werden, bedingt vor allem durch die in Rückgang begriffenen Sfeuereingänge, aber auch durch die Erhöhung der Beamfen- gehälter, die in den Vorplanungen noch nicht berücksichtigt war. Doktor Korinek betonte aber, daß keinerlei Steuererhöhungen zur Deckung des Budgetdefizits vorgesehen sind. Die Teilnahme des Ministers an der Weltbankkonferenz in Washington setzt den interministeriellen Gesprächen von selbst die Frist von einer Woche, doch scheint es wahrscheinlich, daß über die Forderungen verschiedener Ressorts wohl nach der Rückkehr Dr. Korineks neuerlich gesprochen werden muß. Besonders schwierige Fragen werfen die Probleme des Landwirtschafts- und des Sozialministeriums auf. Es ist durchaus möglich, dafj sich der als Arbeitsausschuß der Parteien getarnte Koalitionsausschuß mit deren Lösung befassen muß. Ob die Stiefkinder des Budgets auch des Jahres 1964 wieder die Ressorts „Landesverteidigung’ und „Unterricht” sein werden, ist noch nicht sicher. Daß die Verhandlungen über den Bundesvoranschlag 1964 aber auch ein echter Prüfstein für die Festigkeit der Koalition sein werden, steht für die Anhänger wie für die Gegner der Zusammenarbeit der beiden Großparteien fest.

HOFFENTLICH NUR EINZELFALLE.

Wieder wurde die Öffentlichkeit überrascht durch die Verhaftung eines Offiziers, einiger Unteroffiziere und Soldaten. Ein Hauptmann hatte Kraftfahrzeugmaterial verschwinden lassen und es zusamemn mit seinen Spießgesellen verkauft. Was mag schuld daran sein, daß der Hauptmann sich in diese schmutzigen Geschäfte eingelassen hat? Die schlechte Bezahlung? Vielleicht .CįocK sjrjherlijh t st dies nicht der einzig®?Grund, ‘bfe änderen Offiziere des Heeres versehen ihren nicht leichten Dienst unter ähnlichen Bedingungen, ohne deshalb Gaunereien zu begehen. Freilich, das schlechte Beispiel eines Generals, der überraschend pensioniert wurde, trägt nicht gerade dazu bei, in ihm ein Vorbild zu sehen. Auch die Exekutive hat ihre schwarzen Schafe: der Major und Abfeilungskommandant, der beschuldigt wird, einen Versicherungsbetrug begangen zu haben, ist auch für sein Korps kein Ruhmesblatt. Und doch — denken wir an die Uniformträger unseres Staates, die ihren Dienst in stummer Pflichterfüllung versehen, schlecht bezahlt, überbeansprucht durch den Mangel an Nachwuchs, so können wir wohl stolz darauf sein, daß es sich bei den Verhafteten nur um Einzelfälle handelt.

UM DRINGENDEM BEDARF ABZUHELFEN. Die Kinobeslfzer sind am Ende ihres Leistungsvermögens. Viele Kinos müssen zusperren, die Abgaben sind zu hoch, die Besucherzahlen dagegen sind ständig im Rückgang begriffen. Auch vier kleine Kinos in einem Wiener Bezirk haben zu kämpfen. Da setzt ihnen eine mächtige Kinobetriebsgesellschaft einen prächtigen Kinoneubau vor die Nase. In einem städtischen Wohnhaus. Daß die vier kleinen Kinos in den letzten zwei Jahren 14 Prozent ihrer Besucher verloren haben, scheint die Bauherren des neuen Kinos nicht zu stören. Wie es heißt, steht aus diesem Grund die Schließung eines der Privatkinos unmittelbar bevor. Freilich, es ist nicht mehr modern, im kleinen Flohkino um die Ecke einen Film zu sehen, der in den Premierentheatern schon vor einiger Zeit gelaufen ist- Ob mit dem Neubau allerdings den Bauherren gedient sein wird? Der Besucherrückgang hält unvermindert an. Die Baupolitik dieser Gesellschaft, einfach an jeder freien Stelle ein Lichtspieltheater zu errichten, ist schon oft kritisiert worden. Ebenso die Tatsache, daß ein großer Teil der Abgaben, die von der Firma gezahlt werden, aus Gründen, die mit den Eigentumsverhältnissen Zusammenhängen, wieder in die eigene Tasche zurückfließt. Daß man statt des Protzkinos auch eine nicht unbedeutende Anzahl von Wohnungen hätte bauen können, sei nur nebenbei erwähnt.

DAS ZEICHEN HENRI DUNANTS. Seit hundert Jahren bereits übt das Rote Kreuz seine segensreiche Wirkung in allen Teilen der Welt aus. Ob Rotes Kreuz — ob Roter Halbmond, immer bringt diese Fahne des Friedens Rettung und Hilfe. Die erste Genfer Konvention war der Durchbruch des Völkerrechtes auf dem Gebiet des Krieges, da sie versuchte, dort ethische Rücksichten einzuführen. Das Rotkreuzrecht ist ein Zweig des Völkerrechtes, das dem Ansturm von zwei Weltkriegen widerstanden hat. Deshalb könnte vielleicht die Frage erhoben werden, ob die Aufgabe des Roten Kreuzes nicht ausgedehnt werden sollte, indem man es auffordert, an den Anstrengungen teilzunehmen, die auf internationaler Ebene unternommen werden, um den Frieden zu wahren. Aber das Rote Kreuz kann solche Aufgaben nicht unternehmen, wenn nicht die unerläßliche Zustimmung aller Parteien eines Streifes vorliegt und wenn es nicht ermutigt wird durch die Weltmeinung, der gleichen Weltmeinung, die es bis jetzt möglich gemacht hafte, daß die Rotkreuzidee verwirklicht werden konnte. Das aber würde einen Aufschwung der Menschen verlangen, der gleichzusetzen wäre mit dem, der einst vor hundert Jahren das Rote Kreuz möglich machte. Solange das Rote Kreuz eine lebendige Kraft ist, können wir auch mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Es wird sich aus- breiten und wirqj Gewähr leisten, daß die Achtung für Menschenwürde und Frieden immer ihren Plafz findet.

ERHARD FANGT AN. Der künftige deutsche Bundeskanzler geht daran, seine Regierung, sein „Team” aulzustellen. Die nächsten Stufen sind dann die Verhandlungen zwischen CDU und FDP, die gewiß nicht leicht zu führen sein werden. Professor Erhard umgibt sich vorläufig mit Schweigen und gibt zu den in Bonn kursierenden Gerüchten keinerlei Kommentar. Eines scheint aber jetzt schon sicher: Parteien und Wirtschaft werden es schwer haben, dem neuen Regie- ‘ rungstchef ihren Willen aufzuzwhigen. Bonner Beobachter bezeichnen es ais auffallend, wie sehr sich das politische Leben der Bundeshauptstadt bereits auf Erhard auszurictiten scheinf. Nach außen kann sich der Kanzlernachfolger auf die Rückendeckung des bewährten Regierungschefs berufen, denn die beiden führenden Politiker haben am vergangenen Wochenende zu beiderseitiger Zufriedenheit ihre Gedanken ausgetauscht. Es sieht so aus, als habe sich der scheidende Dr. Adenauer bereits innerlich und äußerlich mit der Kanzlerschaft Erhards abgefunden, zumindest legt er ein überraschend großes Maß an Loyalität und Zurückhaltung an den Tag. Immerhin scheint es dem alten und dem künftigen Kanzler klar zu sein, daß Bonn bei der gegenwärtigen Weltlage alles brauchen kann als einen in unguter politischer Atmosphäre stattfindenden Kanzlerwechsel.

DER TOD DES SPIONS. Der ehemalige britische Diplomat Guy Burgess ist dieser Tage in einem Moskauer Spital im Alter von 52 Jahren an einer Herzattacke gestorben. Geheimnisvoll wie die letzten Jahre Burgess’ war auch sein Tod gewesen: es wurde lediglich mitgeteilt, bei dem Toten handle es sich um einen gewissen Jim Andreje- witsch Elliot, bei dessen Tod ein weiterer Brite zugegen gewesen sei, dessen Identität nicht bekannfgegeben wurde. Westliche Abwehrleute wissen, daß sich unter dem Pseudonym Elliot Burgess verbarg, über die Person des zweiten Engländers dagegen herrscht Unklarheit. Man vermutet jedoch, daß es sich um den vor kurzem in die Sowjetunion geflohenen Agenten Philby handelt. Die Flucht Burgess’, der 1951 zusammen mit dem Leitel der Amerikaabfeilung im Foreign Office, MacLean, unter dem Eisernen Vorhang durchschlüpfte, erregte damals großes Aufsehen. Die beiden britischen Diplomaten, die berechtigten Grund hatten, sich der Verhaftung durch Scotland Yard zu entziehen, nahmen einen Weg, dessen Verlauf bis heute nicht ganz geklärt werden konnte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung