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Der Parteianwarter

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Die Frage, „Wer hat als Parteianwärt er i gelten?“, beschäftigt gegenwärtig In hohem Maße das österreichische Rechtswesen. Eine Schicksalsfrage für viele Tausende i't darin beschlossen, nicht nur, weil in bestrittenen Fällen In Kürze die vom Verbotsgesetz 1947 eingeräumte Einspruchsfrist abläuft, sondern weil auch strafrechtlich schwerwiegende Folgen davon abhängen, bb im einzelnen Falle die Registrierungspflicht verletzt worden ist oder nicht. Die nachstehenden Ausführungen aus der Feder eines angesehenen richterlichen Praktikers der einschlägigen rechtlichen Materien besitzen so große Tragweite, daß sie weit über die juristische Fachwelt und die unmittelbar Betroffenen hinaus Aufmerksamkeit beanspruchen.„Die Furche“

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Die Frage, „Wer hat als Parteianwärt er i gelten?“, beschäftigt gegenwärtig In hohem Maße das österreichische Rechtswesen. Eine Schicksalsfrage für viele Tausende i't darin beschlossen, nicht nur, weil in bestrittenen Fällen In Kürze die vom Verbotsgesetz 1947 eingeräumte Einspruchsfrist abläuft, sondern weil auch strafrechtlich schwerwiegende Folgen davon abhängen, bb im einzelnen Falle die Registrierungspflicht verletzt worden ist oder nicht. Die nachstehenden Ausführungen aus der Feder eines angesehenen richterlichen Praktikers der einschlägigen rechtlichen Materien besitzen so große Tragweite, daß sie weit über die juristische Fachwelt und die unmittelbar Betroffenen hinaus Aufmerksamkeit beanspruchen.„Die Furche“

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Das vielumstrittene Problem des „Partei-anwärtejrs“ scheint durch das Gutachten der Beschwerdekommission beim Bundesministerium! für Inneres und durch die beiden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vjom 20. Februar 1947, 20 s 582/46 und 6^1/46, noch nicht endgültig gelöst. Ich bin der Überzeugung, daß bei richtiger Würdigung der entsprechenden Unterlagen di Endentscheidung darüber auf Grund der Argumente, die hier dafür ins Treffen geführt werden, nicht mehr übergangen werden kann, schon mit Rücksicht auf die Bedeutung, die diesem Entscheid mit Rücksicht auf die durchzuführenden Strafverfahren nach dem Verbotsgesetz 1947 und die in Kürze zu erfolgenden Entscheidungen durch die Kommissionen bei den Registrierungsbehörden zukommt. Für meine Stellungnahme zu diesem Fragenkomplex darf ich anführen, daß ich mich im Einvernehmen mit hervorragenden Juristen des R i c h t e r s t a n d e s und der Staatsanwaltschaft befinde.

Gewiß muß die in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes dargebotene Lösung vom rechtlichen und staatspolitischen Standpunkt als weit richtiger angesehen werden als jene, die bereits im Februar dieses Jahres von prominenter Stelle publizistisch vertreten wurde. („Wiener Zeitung“ vom 16, Februar 1947.)

^Durch das Einbringen eines Aufnahmeintrages beim Hoheitsträger (Ortsgruppenleiter) wurde der Bewerber „Parteianwärter“. In dieser Eigenschaft verblieb er in der Regel so lange, bis seine Aufnahme als Parteimitglied (Aushändigung des Mitgliedsbuches oder der Mitgliedskarte) oder die Ablehnung seines Aufnahmeantrages erfolgte. Den Aufnahmeanträgen sind gleichzuhalten Erfassungsanträge, die weder zur Ausstellung einer Mitgliedskarte noch zur Zurückstellung (Ablehnung) geführt haben. Die Ansicht, daß die Einbringung des Auf nahmeantrages (die Bewerbung um Aufnahme in di Partei) noch nicht die Parteianwartschaft begründet, findet in den organisatorischen Vorschriften der Partei keinerlei Stütz e.“

Diese Meinung kann als überholt angesehen werden. Leider finden sich noch immer Verwaltungsstellen, die der für die Verwaltungsbehörde bindenden Entscheidung der Beschwerdekommission beim Bundesministerium für Inneres nicht Rechnung tragen. Die Kommission beim Bundesministerium für Inneres spricht aber, wie aus den angeführten oberstgerichtlichen Entscheidungen zu entnehmen ist, sinngemäß folgendes aus:

1. Als Parteianwärter sind diejenigen anzusehen, die einen „Erfassungsantrag“ im Sinne der allgemeinen Anweisung für den Parteiaufbau vom 28. April 1938, Nr. 1/38, gestellt und die „Bestätigungskarte“ erhalten haben. Diese Personen i sind somit registrierungspflichtig.Behauptet jedoch eine solche Person, daß sie keine „Bestätigungskarte“ erhalten hat, so obliegt ihr die Pflicht, dies nachzuweisen.

2. Als Parteianwärter sind nicht anzusehen, die erst nach der Aufhebung der Mitgliedersperre (31. Juli 1939) um Aufnahme in die NSDAP angesucht haben und seinerzeit keinen Erfassungsantrag gestellt haben. Hat ihr Antrag nicht zur Aufnahm in die NSDAP geführt, dann sind dies nicht in die Registrierliste einzutragen.

Wurde der Erfassungsantrag bloß zurückgestellt, so ist die Fortdauer der Parteianwartschaft, wenn dem Betroffenen die „Bestätigungskarte“ belassen wurde und er weiterhin Mitgliedsbeiträge bezahlt hat, anzunehmen.

Der Oberste Gerichtshof hat sich dieser Auffassung in den obigen Entscheidungen angeschlossen. Gemäß 7 des Verbotsgesetzes 1947 ist die Kommission beim Bundesministerium für Inneres für Streitfragen in der Richtung dieses Problems als letzte Instanz zuständig und bindend für alle Behörden. Gerade der Punkt 2 ist von wesentlicher Bedeutung. Hiezu hat auch der Oberste Gerichtshof in den angeführten Entscheidungen ausgesprochen, daß sich aus den parteiamtlichen Anordnungen in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergibt, daß es nach der Aufhebung der Mitgliedersperre, also spätestens seit 3 1. Juli 193 9, das „Institut der Parteianwar t-schaft“ in Österreich nicht mehr gegeben hat. Jeder, der sohin erstmalig nach dem 31. Juli 1939 um Aufnahme in die Partei angesucht hat und nicht zuvorim Jahre 1938 einen sogenannten „Erfassungsantrag“ als Mitglied gestellt hat, gilt sohin nicht als Parteianwärter in parteirechtlichem Sinne, durfte keine Bestätigungskarte erhalten und hatte demzufolge kein Recht, das Parteiabzeichen zu tragen. Diese Personen können daher auch nicht als „Parteianwärter“ im Sinn des Verbotsgesetzes 1947 angesehen werden, denn nach dem Verbotsgesetz ist nur der „Parteianwärter“, der durch Aufnahme als „Parteianwärter“ die Anwartschaft auf die Parteimitgliedschaft und das „Recht zum vorläufigen Tragen das Pa fl't e i-abzeichens“ tatsächlich erworben hat. Die wesentlichen Voraussetzungen für die Parteianwartschaft sind sohin die Anwartschaft auf die Parteimitgliedschaft und das Recht zum vorläufigen Tragen des Parteiabzeichens. Seit der Aufhebung der Mitgliedersperre hat es das „Institut der Parteianwartschaft“ und die Ausgabe der „Bestätigungskarte“ n'cht mehr gegeben, weshalb es seit dem 31. Juli 1939 mit einem nachträglichen Eintrittsdatum keinen Parteianwärter geben kann,Nr. 2/38, vom 10. August 1938 das Inkasso zu unterbleiben hatte, da von vorneherein feststand, daß sie im Hinblick auf ihre charakterliche und weltanschauliche Haltung sowie ihrer politischen Vergangenheit (erwiesene antinationalsozialistische Gesinnung) für die NSDAP „untragbar“ seien. Mit Sicherheit —■ vermeint der Oberste Gerichtshof — ist in diesen Fällen anzunehmen, daß eine „Bestätigungskarte“ nicht ausgefolgt wurde, weshalb auch in diesen Fällen mangels des Besitzes der Bestätigungskarte die Voraussetzungen des Parteianwärters nicht vorliegen. Sowohl die Beschwerdekommission beim Bundesministerium für Inneres als auch der Oberste Gerichtshof knüpfen die Eigenschaft des Partel-anwSrters an den Besitz der „Bestätigungskarte“, denn diese allein vermittelte das Recht zum Tragen des Parteiabzeichens (Vergl. „Verwaltung der NSDAP“ S. 168). Dies zur Klarstellung der nunmehrigen Rechtslage.

Die damit gegeben Lösung Ist jedenfalls ein schmaler Weg aus dem Wirrwarr, da durch die unglückliche Legaldefinicion des „Parteianwärters“, die sich mit dem parteiamtlichen Begriff keineswegs deckt, gefunden wurde. Sie entspricht aber ohne Frage mehr dem Willen der drei demokratischen Parteien Österreichs, also der verschiedentlichen Behandlung der wirklich Schuldigen und der Mitläufer im Sinne der Proklamation bei der Gründung der zweiten Republik; sie ist aber auch in jeder Hinsicht die vernünftigere Lösung, da durch das Hineinpferchen in die Registrierungsmaschine aller, auch derer, die nur mit einem Auge hinüber geschielt haben, in ihrem Herzen aber fest geblieben sind, die Geisteshalcung für ein demokratisches Österreich sicherlich nicht gehoben wird. Es soll nicht geleugnet werden, daß auch unter den „Parteianwärtern“ fanatische Kämpfer und Propagandisten für das „tausendjährige Reich“ gewesen sind; diese werden als „Kollaborateure“ erfaßt werden können und fallen sohin unter das Verbotsgesetz; die Regel war es nicht, denn sonst würden sie nicht Parteianwärter oder Bewerber geblieben sein.

Die endgültige Lösung des Volks gerichtes WienEin Antragsteller nach diesem Zeitpunkt, der in der Folge keine Mitgliedsnummer erhalten hat, ist daher nicht registrierungspflichtig, mag er sich auch als „Parteianwärter“ bezeichnet und sich als solcher registrieren haben lassen. Seine Streichung als Parteianwärter in den besonderen Listen bei der Registrierungsbehörde ist daher durchzuführen. Ein eventuell anhängiges Strafverfahren wegen Nichtregistrierung oder nach dem Wahlgesetz ist einzustellen.

Ein weiterer Gedanke, der im Gutachten der Beschwerdekommission ausgesprochen wird, besteht darin, daß „Parteianwärter“ auch diejenigen nicht geworden sind, die wohl einen „Erfassungsantrag“ gestellt haben, bei denen aber gemäß dem Rundschreiben des Gauschatzmeisters von Wien,

Eingangs führte ich an, daß auch gegen die im vorstehenden geschildert und als schmaler Weg aus dem Wirrwarr des Parteianwartschaftsproblems bezeichnete Lösung noch Bedenken vom rechtlichen Standpunkte erhoben werden müssen. Dies sei mit folgendem begründet:

Das „Institut dej Parteianwärters“ im parteirechtlichen Sinne gab es in der ehemaligen „Ostmark“ erst vom 3. November 1938 (Anordnung 37/38 vom 3. November 1938); nach der Legaldefinition des Verbotsgesetzes 1947 erst nach dem 3 1. März 1 9 3 9,

da erst durch die Anordnung Nr. 67/39 vom 31. März 1939 der „Stellvertreter des Führers“ den Parteianwärter in Österreich das Recht zum vorläufigen Tragen des Parteiabzeichens verliehen hat; dieses Recht aber eine wesentliche Voraussetzung nach unserer Gesetzesbestimmung (4 Verbotsgesetz 1947) für die Eigenschaft des „Parteianwärters“ ist. Durch die Anordnung des Reichsschatzmeisters Nr. 34/39 vom 31. Juli 1939 wurde mit der Aufhebung der Mitgliedersperre das „Institut der Parteianwartschaft“ und di Ausgabe von „Bestätigungskarten“ fallen gelassen, so daß nach dem 31. Juli 1939 keiner mehr Parteianwärter werden konnte.

Zur Klarstellung müssen wir v i e r Z e i t-abschnitte unterscheiden:

1. Abschnitt ab 2 8. April 1938: Zeit der Erfassung der Mitglieder der NSDAP (Allgemeine Anweisung Nr. 1/38 vom 28. April 1938, Zeit der sogenannten „Bestandsaufnahme der Mitglieder der NSDAP in Österreich.)

2. Abschnitt ab 3. November 1 9 3 8: Einführung des „Instituts der Parteianwartschaft“ mit Anordnung Nr. 37/38 vom 3. November 1938 in parteirechtlichem Sinne.

3. Abschnitt ab 31. März 193 9: Verleihung des „vorläufigen Rechts zum Tragen des Parteiabzeichens“ an Parteianwärter durch den „Stellvertreter des Führers“ (Anordnung Nr. 67/39 vom 31. März 1939) mit 31. März 1939, was nach unserer Gesetzesbestimmung (4 des Verbotsgesetzes 1947) für die Eigenschaft eines „Parteianwärters“ durch den gleichzeitig erworbenen Besitz der „Bestätigungskarte“ wesentlich ist. Richtig ist wohl, daß schon ab 28. April 1938 diese Bestätigungskarte im Pvahmen des Erfassungsverfahrens austreiben wurde. Seinerzeit war aber durch keine Anordnung an den Besitz dieser Bestätigungskarte bereits das Recht zum vorläufigen Tragen des Parteiabzeichens geknüpft. Wenn auch Personen, die einen Erfassungsantrag gestellt hatten, das Parteiabzeichen trugen, so konnte dieses Recht nicht auf Grund der bestehenden Anordnung, beziehungsweise des Besitzes der Bestätigungskarte ausgeübt werden, sondern auf Grund der parteirechtlichen Konstruktion, daß eben die Personen, die einen „Erfassungsantrag“ stellten, bereits Mitglieder der NSDAP seien, entweder weil sie schon seinerzeit vor dem Verbot Mitglieder waren, oder „durch die nationalsozialistisdie Tat“ solche in der Verbotszeit geworden sind, wobei der Einheitlichkeit halber die letzteren ein Eintrittsdatum mit 1. Mai 1938 erhielten. Da aber unser Gesetz als wesentliche Voraussetzung für den Begriff des Parteianwärters, das „Recht zum vorläufigen Tragen des Parteiabzeichens“ verlangt, kann man erst vom 31. März 1939, von welchem Tage an erst offiziell dieses Recht verliehen wurde, vom „Institut des Parteianwärters“ sprechen.

4. Abschnitt ab 3 1. Juli 1 9 3 9: Aufhebung der Mitgliedersperre ab 31. Juli 1939 und sohin Aufhebung des „Instituts des Parteianwärters“ und Wegfall der Ausgabe der „Bestätigungskarte“ (Anordnung Nr. 34/39 vom 31. Juli 1939).

Daraus ergibt sich, daß als Parteianwärter nur derjenige in Betracht kommt, der nach dem 3. N or veniber 1938 einen „Aufnahmeantrag“ gestellt und dem eine Bestätigungskarte ausgefolgt wurde und der nicht vor dem 3 1. März 1939 abgelehnt, ausgeschlossen oder ausgeschieden ist. Wer bloß einen Erfassungsantrag gestellt, ohne eine Mitgliedsnummer bekommen zu haben und auch nach dem 3. November 1938 keinen neuerlichen Antrag um Aufnahme gestellt hat, ist nicht „Parteianwärter“ geworden.

Nach der allgemeinen Anweisung für den Parteiaufbau des Beauftragten des Führers für die NSDAP in Österreich vom 28. April 1938, Nr. 1/38, heißt es:

„Erfaßt und aufgenommen als Mitglieder der NSDAP werden:

1. diejenigen, die bisher Mitglieder der NSDAP waren;

2. jene, die bis zum 11. März 1938 sich als Nationalsozialisten betätigt haben und durch ihre nationalsozialistische Betätigung mit die Voraussetzungen zu der Entwicklung des 11. März 1938 geschaffen haben.“

Aus dieser allgemeinen Anweisung folgert die Kommission des Bundesministeriums für Inneres, daß die Bewerbung um die „Parteianwartschaft“ im Rahmen dieser Aktion mit „Erfassungsantrag“ erfolgte, während die spätere Bewerbung nach dem 3. November 1938 mittels „Aufnahmeantrag“ geschah. Diese Auffassung widerspricht dem klaren Wortlaut der seinerzeitigen Anweisung, da dort von einer „Anwartschaft“ überhaupt nicht gesprochen wird, sondern bloß von der „Erfassung“ der Mitglieder die Rede ist, also solcher, die bereits wirkliche M i t-glieder der . NSDAP waren oder durch die nationalsozialistische Betätigung, sohin durch die „Tat“ wirkliche Mitglieder geworden waren. Auch aus dem Text der Bestätigungskarte ist bloß folgender Wortlaut zu entnehmen:

„Der Inhaber dieser Karte hat einen Antrag auf Erfassung als Mitglied zur NSDAP in Österreich gestellt. Der Antragsteller erklärt sich freiwillig bereit, bis zur Entscheidung über den Erfassungsantrag monatlich einen Betrag von .... zu zahlen. Für den Fall der Ablehnung oder Zurückstellung des Erfassungsantrages besteht kein Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Beträge.“

Gerade aus dieser Textierung muß entnommen werden, daß im Rahmen des Erfassungsverfahrens, der sogenannten „Bestandsaufnahme“ der Mitglieder in Österreich, kein Raum für das Institut des „Parteianwärters“ gegeben •war.

Durch die Anordnung Nr. 37/38 vom 3. November 1938 wird dieses erst geschaffen. In dieser Anordnung, die mit „Aufnahme von Parteianwärtern“ überschrieben ist, wird wörtlich nach Anordnung des seinerzeitigen Reichskommissars Bürkel ausgeführt:

..Nachdem nun das Mitgliedererfas-tnngsverfahren vom 2 8. April 19 3 8 (allgemeine Anweisung Nr. 1/38) so weit fortgeschritten ist, daß ein Oberblick über die Zahl der Parteimitglieder möglich ist, ordne ich für die Ostmark folgendes an: Jene Volksgenossen, die sich die Anwarte-schaft auf die Parteimitgliedschaft erwerben wollen, können als .Parteianwär-t e r* aufgenommen werden. Aufnahmeberechtigt sind: 1. Volksgenossen, die bereits den Fragebogen auf Begründung der Mitgliedschaft ausgefüllt haben (Erfassungsantrag), jedoch die Voraussetzungen meiner Anordnung vom 28. April 1938 nicht erfüllen; 2. Volksgenossen, die sich während des Abstimmungskampfes bewährt haben; 3. Volksgenossen, welche bereits Mitglieder einer Gliederung der Partei sind.* Die Höchstzahl der Parteianwärter mit den Mitgliedern dürfen in den einzelnen Gauen zusammen 20 Prozent der Gesamtbevölkerung nicht übersteigen.“

In dieser Anordnung wird zum erstenmal von Parteianwärtern und von der Anwartschaft auf die Parteimitgliedschaft in Österreich Erwähnung getan. Es heißt ausdrücklich, jene Volksgenossen, die sich die Anwartschaft auf die Parteimitgliedschaft erwerben wollen, können als Parteianwärter aufgenommen werden. Die Anordnung unterscheidet sohin drei Gruppen:

1. diejenigen, die bereits einen Erfassungsantrag gestellt hatten, der aber nicht zur Parteimitgliedschaft geführt hat, also entweder zurückgestellt oder abgelehnt wurde. Diese mußten einen neuerlichen „A ufnahmeantrag“ stellen. Stellten sie ihn nicht, dann war eine Möglichkeit für sie, in die Partei aufgenommen zu werden nicht gegeben;

2. Parteianwärter konnten diejenigen werden, die sich „während des Abstimmungskampfes“ bewährt haben. Ein Erfassungsantrag kam nicht in Frage, sondern bloß ein Antrag um Aufnahme als Parteianwärter im Sinne der Anordnung Nr. 37/38; *

3. schließlich kamen als Parteianwärter die Volksgenossen in Betracht, welche bereits Mitglieder der Gliederungen der Partei gewesen sind.

Gerade aus dieser Anordnung ist klar und deutlich die Unterscheidung zwischen dem „Erfassungsverfahren“ von Mitgliedern und dem „Aufnahmeverfahren“ von Parteianwärtern zu ersehen.

Entweder stützt man sich auf die Anweisungen und Anordnungen der NSDAP hinsichtlich der Begriffsbildung des „Parteianwärters“ oder man lehnt sie überhaupt ab und baut im Rahmen der bestehenden Legaldefinition des Parteianwärters eine neue Konstruktion auf, bei der aber auch das Erlöschen der Institution des Parteianwärters mit 31. Juli 1939 keine Berechtigung findet, oder man verbindet diese ergangenen Anordnungen und Anweisungen der Partei, die die Einrichtung der Parteianwärter schuf, mit der Legaldefinition, was mir richtiger erscheint, dann sind mit der nötigen Konsequenz die Schlüsse zu ziehen, die aber in dem bisher kaum entwirrbaren Problem eine endgültige Lösung bringen. Im übrigen sollen die alten Rechtsgrundsätze „nullum crimen sine lege“ und „in dubio pro reo“ nicht außer Betracht bleiben.

Daraus ergibt sich aber, daß jemand erst nach dem 3. November 1938 Parteianwärter im parteirechtlichen Sinne auf Grund eines Aufnahmeantrages werden konnte und im Sinne der Legaldefinition des Verbotsgesetze 1947 erst ab 3 1. März 1 9 3 9 als Parteianwärter angesehen werden kann, weil erst zu diesem Zeitpunkt durch Anordnung Nr. 67/39 vom 31. März 1939 des „Stellvertreters des Führers“ den Parteianwärtern in Österreich das Recht zum Tragen des Parteiabzeichens verliehen wurde.

Pflicht der obersten Verwaltungsbehörden wird es sein, ehestens allgemeingültige und verpflichtende Richtlinien an die ? • gistrierungsbehörde zu erteilen.

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