Gezielt einkaufen und die Umwelt schonen

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Gesetze allein können den Umweltschutz nicht verwirklichen. Ganz wichtig ist die Haltung der Konsumenten beim Kauf.

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Gesetze allein können den Umweltschutz nicht verwirklichen. Ganz wichtig ist die Haltung der Konsumenten beim Kauf.

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Eine unüberschaubare Vielfalt an Produkten, vom Schuhband bis zum Auto, vom Putzmittel bis zum Dachziegel, vom Kostüm bis zum Schreibpapier werden täglich gekauft. Millionen Tonnen unterschiedlichster Materialien durchfließen auf diese Weise unser Gesellschaftssystem. Sie werden unterschiedlich und unterschiedlich lang verwendet, bevor sie schlußendlich "entsorgt" werden. Sorglos?

In jeder Phase - von der Gewinnung der Rohstoffe und Energie über die Produktion, Transporte, den Gebrauch und schließlich die Entsorgung - entstehen Umweltauswirkungen, die Luft, Wasser und Boden vielfältig belasten. Der Schutz der Umwelt ist den Österreichern nach wie vor ein wichtiges Anliegen, auch wenn derzeit die Sorge um den Arbeitsplatz dominiert. Nur 20 Prozent der Bevölkerung glauben, daß Umweltschutz an Bedeutung verlieren wird; eine überwältigende Mehrheit von 63 Prozent ist gegenteiliger Meinung.

Jeder Konsument kann die Umweltsituation durch seine Kaufentscheidungen wesentlich beeinflussen. Nach dem 1996 durchgeführten "Öko-Monitor" sind rund 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher der Gruppe der Umweltbewußten und Aktiven zuzurechnen. Diese Mitbürger sind bereit, für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen auch mehr Geld auszugeben.

Beim Seminar "Ökologische Beschaffung - Ihr Beitrag zur Förderung einer nachhaltigen Wirtschaft" von "Umweltmanagement Austria" gab Dietmar Kriechbaum, Leiter der oberösterreichischen Umweltakademie, plastische Beispiele und klare Erläuterungen: Jedes Produkt verbrauche Energie und verursache Abfall. Daher könne es kein absolut umweltfreundliches Produkt geben. "Es geht darum, immer umweltfreundlichere Produkte und Dienstleistungen herzustellen und den Verbrauch an Energie und Rohstoffen stetig zu senken."

Kriechbaum rückte dabei die Bedeutung des Transportes in den Vordergrund: Nach einer Studie der ÖAMTC-Akademie werden für ein Frühstück, das aus Eiern, Milch, Zucker, Salz, Schinken, Käse, Gebäck, Joghurt, Tee, Kaffee und Orangensaft besteht, bis zu 5.000 Lkw-Kilometer zurückgelegt. Umweltfreundlicher Einkauf heißt deshalb auch, Lebensmittel aus der Region zu beziehen, um unnötige Transporte zu vermeiden. Der Umweltvergleich eines steirischen Marschanzkers mit einer Mandarine wird daher je nach dem Ort des Verzehrs unterschiedlich ausfallen.

Bei der Prüfung eines Produktes auf seine Umweltverträglichkeit muß jedenfalls der gesamte Lebensweg, muß das Produkt "von der Wiege bis zur Bahre" betrachtet werden. Als probates Hilfsmittel für die Kaufentscheidung empfiehlt Umweltmanagement Austria daher Umweltzeichen und Umweltgütesiegel zu beachten, wenn sie von offizieller Stelle autorisiert sind, wie etwa das österreichische "Hundertwasser"-Um-weltzeichen für Produkte und Dienstleistungen, das vom für Umweltministerium vergeben wird.

Prinzipiell gelten hier dieselben Grundsätze und Aussagen wie für Konsumenten. Freilich wird ein Wirtschaftsbetrieb sehr genau auf die Kostensituation achten müssen. Freiwillige Mehrbelastungen, die zu betriebswirtschaftlichen Problemen führen, können wir nicht empfehlen.

Den ganzen Weg des Produkts beobachten Auch in der Wirtschaft hat man aber erkannt, daß bis zu 15 Prozent der gesamten Produktionskosten und bis zu 40 Prozent der eingesetzten Energie und Rohstoffe vergeudet und als Abfall, Abwasser und Abgase entsorgt werden. Organisatorische und technologische Innovationen und eben umweltfreundliche Beschaffung können Umweltbelastungen reduzieren und damit Kosten einsparen. Die Vermeidung der Vergeudung von Energie und Rohstoffen senkt nicht nur die Kosten bei der Beschaffung, sondern oft in überproportionalem Maß auch bei der Entsorgung, weil nicht nur die Mengen geringer werden, sondern auch die Gefährlichkeit der Abfälle reduziert wird.

Durch eine längere Lebensdauer der Produkte, hohe Reparaturfreundlichkeit entstehen in der Regel geringere Folge- und Betriebskosten. Im Landeskrankenhaus Tulln konnten durch Einsparungen an Verbrauchsmaterialien und Reduktion des Abfallaufkommens Einsparungen von 350.000 Schilling jährlich erzielt werden. Die Firma "Wiesner & Hager Baugruppe Ges.m.b.H." konnte beispielsweise die Kundenbindung durch die Positionierung der Marke WIEHAG als ökologisch führendes Produkt steigern und einen Umsatzzuwachs beim größten Inlandskunden um 80 Prozent erreichen.

Oft kommen produzierende Betriebe allerdings durch Kundenwünsche in Zugzwang, wenn diese nämlich bei der Herstellung besondere Belastungen auslösen. Die "Neusiedler AG" setzt deshalb Produkt-Ökobilanzen als Marketinginstrument ein, um den (Groß)Kunden deutlich zu machen, daß ihre Forderungen nach immer höheren Weißegraden bei Papier auch zu deutlich zunehmenden Umweltbelastungen führen.

Oft übersehen und für viele überraschend: Eine ganz besonders wichtige Rolle kommt bei der umweltfreundlichen Beschaffung der öffentlichen Hand zu. Bis zu 20 Prozent des BIP beträgt der Anteil der öffentlichen Beschaffung in den europäischen Staaten. Das Beschaffungsvolumen der Städte und Gemeinden weist einen Anteil von etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf.

Durch ein kommunales Umwelt-management kann daher die Markteinführung und -durchdringung ökologischer Produktinnovationen gefördert werden, wo aufgrund meist relativ geringer Stückzahlen die Kostendegression nicht voll ausgenutzt ist: Das ist für mich ein ganz entscheidender Punkt: Die öffentliche Hand kann durch gezielt umweltorientierte Beschaffung entscheidend dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit umweltfreundlich erzeugter Produkte und Dienstleistungen zu steigern.

"Umweltfreundliche Beschaffung in Städten und Gemeinden geht weit über den Einkauf von Produkten hinaus," erläutert Edith Kainz, Öko-Referat des Magistrates Graz. Sie umfasse auch die gesamte Vewaltungsführung sowie den kommunalen Aufgabenbereich. Dabei stünden den Städten und Gemeinden zahlreiche Instrumente wie der Einkauf von Produkten, Abschluß von Verträgen, Gestaltung von Satzungen, Bewirtschaftung von Immobilien, Vergabe von Bauleistungen, Beschaffung von Baustoffen und Bauteilen sowie Informationsveranstaltungen zur Verfügung.

Der Autor ist Geschäftsführer von Umweltmanagement Austria.

Diese Einrichtung ist bemüht, durch Bildungsangebote dazu beizutragen, daß Umweltschutz vorteilhaft in Betrieben, Kommunen und Verwaltungseinheiten verwirklicht wird. In ihrem Spitzenangebot, dem fachübergreifenden Lehrgang "Management und Umwelt", sind Abfallvermeidung, Ökobilanzen und ökologisches Produktdesign zentrale Themen. Information: Umweltmanagement Austria, Neue Herrengasse 17A, 3109 St. Pölten, Tel 02742 294 7450.

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