Melbourne - © Foto: Getty Images / Anadolu Agency / Recep Sakar

Die Gefängnisinsel Australien

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Australien hat sich in der Pandemie vom Rest der Welt abgeschottet – mit extremen Auswirkungen auf Auslandsaustralier. Aber nicht ohne Erfolg: Im Frühjahr 2021 gab es über drei Monate keinen Covid-Toten. Seit 11. Juli starben nun aber 70 Menschen an dem Virus.

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Australien hat sich in der Pandemie vom Rest der Welt abgeschottet – mit extremen Auswirkungen auf Auslandsaustralier. Aber nicht ohne Erfolg: Im Frühjahr 2021 gab es über drei Monate keinen Covid-Toten. Seit 11. Juli starben nun aber 70 Menschen an dem Virus.

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Zwei Jahre ist es her, dass Pia McBean ihre beiden ältesten Kinder im Alter von 20 und 23 Jahren das letzte Mal gesehen hat. Sie ist österreichische Staatsbürgerin, hat einen Australier geheiratet. Ihre drei Kinder haben die österreichisch-australische Doppelstaatsbürgerschaft. Im Jahr 2019 kehrte Pia McBean nach 21 Jahren in Australien zurück nach Österreich, um hier mit ihrer jüngsten Tochter zu leben. Dann brach die Pandemie los, und Australien schloss seine Grenzen.

„Es ist wirklich hart, meine Kinder und andere Familienmitglieder in Australien nicht mehr sehen zu können“, sagt sie. „Am Anfang war ich sehr emotional, als ich mit ihnen telefonierte. Jedes Mal, wenn wir dachten, die Beschränkungen könnten sich lockern, haben wir über mögliche Pläne gesprochen. Aber sie wurden jedes Mal abgeblasen.“ Jetzt hat sie aufgehört, Pläne zu machen. „Wir sprechen nicht mehr darüber, wann wir uns wiedersehen könnten. Meine jüngste Tochter vermisst den Rest der Familie furchtbar. Wir hätten nie gedacht, dass wir so lange getrennt sein würden.“

18 Passagiere

Trotz des vollständigen Impfschutzes sind die Hindernisse, die Pia McBean davon abhalten, ihre Kinder in absehbarer Zeit wiederzusehen, fast unüberwindbar. Während der Rest der Welt die Grenzen wieder öffnet, hat Australien eine strenge Quote für internationale Ankünfte. Im Durchschnitt dürfen nur 18 Passagiere pro Flug in das Land einreisen. Die Reisenden werden dann direkt aus dem Flugzeug in ein Quarantänehotel gebracht, wo sie zwei volle Wochen bleiben müssen. Die Zimmer haben meist keine zu öffnenden Fenster, das Essen wird an die Tür geliefert. Niemand darf das Hotel verlassen. Ein Gefängnis. Und ein teures noch dazu. Ein solcher Hotelaufenthalt kostet rund 2000 Euro pro Person. Vor allem aber auch: Alle aktuellen Fälle in Australien haben ihren Ursprung in ebendiesen Hotels – entweder über die Klimaanlagen oder über schlecht ausgebildetes Personal.

Es gibt viele Geschichten von Auswanderern, die versuchen, nach Hause zurückzukehren, um kranke oder auch sterbende Verwandte zu besuchen. Immer wieder werden dann aber Flüge gestrichen, und Plätze gibt es nur in der Businessclass. Pia McBean hat einmal ausgerechnet, dass ein Besuch in Sydney für sie und ihre Tochter im Teenageralter 30.000 Euro kosten würde. Und das sind allein der Hin- und der Rückflug sowie die Kosten für die Quarantäne.

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