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Hier ist Wien!

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Mit diesem Titelruf hat die Wiener Messe vor kurzem einen Werbefilm herausgebracht, der auf seine Art dazu beitragen soll, den Tatbestand „30 Jahre Wiener Messe“ gebührend zu würdigen.

Mit diesem Ruf will offenbar die Wiener Messe als einer der repräsentativen Wirtschaftsmandatare nicht nur in der für uns erreichbaren Welt, sondern wahrscheinlich auch außerhalb unserer Heimat

mahnend in Erinnerung bringen: „Hier ist Wien mit seinem ganzen Willen zur Selbstbehauptung, getragen von einer einmaligen geschichtlichen Mission!“

Im Blickfeld der Werbung stellt jede Messe natürlich ein umfassendes und vitales Werbemittel dar; nicht nur im Dienste der reinen Absatzförderung, sondern darüber hinausgehend auch im Interesse der Rufbildung jedes an ihr beteüig-

ten Unternehmens sowie der gesamten Volkswirtschaft. Wir sehen heute in jeder Messe nicht nur den Schauplatz des jeweils jüngsten Fortschrittes auf allen Gebieten der Industrie, des Gewerbes und Handels, sondern vielmehr auch die Plattform für dynamisches Vorauswirtschaften. Wir wissen, daß heute, ta einer Zeit des immer komplizierter werdenden Wettbewerbes, der technische Fortschritt allein oder die jeweils besser geformte Materie nicht immer den entscheidenden Einfluß auf das Gedeihen einer organischen Wirtschaft nimmt. Vielmehr wissen wir — gerade aus den Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften —, daß zu der hochgezüchteten Ware der Geist des Unternehmens, sein definierter Wille zur Dienstleistung, seine Haltung zum Verbraucher, kurz, eine Art Superservice hinzutreten muß. Wir sind eben heute in einem Zeitalter, In dem man nicht nur Waren anbietet und verkauft, sondern wir müssen — über die statische Phase der reinen Garantieverkäufe hinausgehend — Service und Käuferpflege mitliefern. Das klingt vielleicht zunächst romantisch. Die sorgfältige Betrachtung der wahrnehmbaren Methoden internationaler Absatzwirtschaft belehrt uns aber, daß rund um die Ware eine systematische Pflege der Vertrauensbildung zum Käufer entstanden ist. Der rein manipulative Verkauf wird Zug um Zug im Fortschritt der Erkenntnis zum vollkommenen Dienst am Käufer, abgelöst durch optimalen Kundendienst rnRichtong der Human Relations.

Die Entwicklung zeigt uns jedenfalls, daß wir in der zeitgemäß richtigen Werbewirtschaft nicht nur wettbewerbsreife Waren, sondern dazu auch wettbewerbsreifen Superservice, ja darüber hinausgehend sogar sinngemäße Käuferpflege bieten müssen, um auch dem ökonomischen Prinzip bestmöglich zu entsprochen.

Was bedeuten diese Überlegungen für die vorliegende Betrachtung? Nicht mehr und nicht weniger als den Appell — vom Standpunkt der Werbung aus gesehen — an alle Messeinteressenten, die in vielen Waren und Unternehmungen noch schlummernden Werbekräfte und Werbeargumente mehr und bewußter als bisher zu aktivieren. Gerade die Messezeit bietet hiefür die beste Gelegenheit.

Die Wiener Messe hat mit ihrer bisher dreißigjährigen Erfahrung auf dem Gebiet dtr Aussteller- und Käuferpflege Vorbildliches geleistet — nicht zuletzt durch den bewundernswert raschen Wiederaufbau der Wiener Messe in den Nachkriegsjahren.

Wir spüren gerade in diesem Falle, welchen entscheidenden Einfluß Haltungswerte in der Wirtschaft besitzen. Tatsache ist es jedenfalls, daß die Wiener Messe nach dem ersten Wiederaufbau nunmehr planmäßig daran arbeitet, Ihren Werbedienst in der ganzen Welt praktisch wirksam auszubauen, den Ausstellern und Interessenten im Laufe der Zeit und —soweit es die Mittel erlauben — einen Service zu bieten, der dem gleichbedeutender internationalen Messen gleichkommt.

Der baulichen, technischen Aufbauphase wird sicher eine verfeinerte, architektonische Werbearbeit Im Inneren und eine auf Methoden der Marktforschung aufgebaute Werbearbeit nach außen folgen. Die Wiener Messe wird sicher in absehbarer Zeit neben der Schaustellung und Bekanntmachung österreichischer und internationaler Spitzenleistungen der Industrie und des Gewerbes der Standort darüber hinausgehender Fachtagungen und Kongresse sein. Ohne die Phantasie zu weit auszuspannen, werden sicher in den Köpfen und Schubläden der führenden Männer der Wiener Messe eine Fülle weitreichender Pläne im Dienste des internationalen Güteraustausches ruhen. So-

weit es die Gunst der Zeit erlaubt, wird

— gemessen an der bisherigen Vitalität

— die Wiener Messe wahrscheinlich die Leistung der ersten fünf Nachkriegsjahre in den nächsten Jahren in ihrer Breiten-und Tiefenwirkung in überraschender Weise fortführen, begleitet von den guten Wünschen Her jener, die am Wiederaufbau der österreichischen Wirtschaft Ehrlich teilnehmen, unterstützt von Wissenschaft, Kunst und Technik, so wie es sich eben Wiener Art geziemt, wenn es darum geht, der Welt gegenüber in aller Bescheidenheit werbend zu wirken.

Es war kein Zufall, daß am Wiederaufbau der Wiener Messe nach dem Kriege die gesamte Öffentlichkeit lebhaften Anteil nahm; es ist auch kein Zufall, daß gerade die werblichen Manifestationen, wie zum Beispiel die Messeplakate, das ganz besondere Interesse der öffentlichen , Meinung in Anspruch nehmen, so wie es eben auch kein Zufall war, daß „alle Mann an Bord“ waren, als es galt, die Wiener Messe als weithin sichtbaren Ausdruck österreichischen Lebenswillens wieder aufzurichten.

Gerade in Wien, der Stadt naturgegebener Werbung, erscheint es deshalb ratsam, alle werbenden Kräfte zu aktivieren, um gerade die Wiener Messe zu einem leuchtenden Vorbild systematischer und kultivierter Werbewirkung zu gestalten. Jeder Aussteller, jeder Messeinteressent, ja jeder Messebesucher und alle, die an der Geltung der werblichen Art von Wien beteiligt sind, sollten alle schöpferischen Kräfte, Ideen und Möglichkeiten in den

Dienst dieser erhöhten Werbewirkung stellen.

Wer etwa in den letzten Jahren ausländische Messen aufmerksam betrachtet hat, wird zugeben müssen, daß wir in manchen Belangen noch aufzuholen, in vielen das europäische Maß auf dem Gebiete des Messewesens erreicht, aber noch immer nicht das vollendete gesichert haben.

Das soll keineswegs nur eine rhetorische Feststellung sein, nein, vielmehr ein wohlbegründeter Appell, dem bisher Guten das künftig Bessere gegenüberzustellen.

Von den Planern, Gestaltern und Organisatoren der Wiener Messe bis zum

jüngsten Helfer jedes Messebeteiligten sollte deshalb ein reger Ideenwettbewerb einsetzen, so daß von der hochgezüchteten Ware bis zur bestmöglichen formalen Gestaltung, der Ausstellung der mit Phantasie, Fachwissen und Takt geformte Superservice im neuen Messedienst am Käufer seine Vollendung findet.

Maßnahmen einer sinnvollen Vorwerbung und einer ebenso wichtigen Nachwerbung sollten jede Wiener Messe in direkter Verbindung mit allen Interessenten zu einem noch tiefer wirksamen Wirtschaftskontakt führen, als dies vielleicht in manchen Fällen bisher der Fall war.

Betrachten wir von einem soldien Standpunkt aus die Funktion der Wiener Messe, so müssen wir erkennen, daß sie und alle Beteiligten in bewundernswerter Einsicht ihre Pflicht an der österreichischen Volkswirtschaft erfüllt haben. Aufgabe des etwa nächsten Dezenniums wird es sein,

die Wiener Messe, von ihrem Standort her bezogen, im Geiste des Fortschritts zeitgemäß richtiger Wirtschaftsnähe in die Entwicklung der Weltwirtschaft mit neuen Kräften einschwingen zu lassen.

Gerade weil es Wien und seine Messe bisher nicht immer leicht gehabt haben, sollte deshalb der Ruf mit allem Selbstbewußtsein in die Welt hinauswirken: „Hier ist Wien!“

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