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Parolen und Stalinorgeln

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Ein autorisierter Sprecher der Palästinensischen Volksdemokratischen Front für die Befreiung Palästinas (PDFLP) erklärte am 30. August in Amman: „Ich bin ermächtigt, die Anwesenheit chinesischer Ratgeber in Jordanien zu dementieren, die palästinensische Guerillas ausbilden sollen. Es gibt jedoch einige chinesische Experten bei den Guerillas außerhalb Jordaniens.“ Ihre Rolle ist nicht so dramatisch, wie es tönt. Wichtiger sind die gelben Waffenlieferungen.

Der frühere oberste Verbindungsoffizier der Palästinensischen Befreiungsorganisationen (PLO) erklärte, daß „seit dem ersten Schuß der .palästinensischen Revolution' China materielle und moralische Unterstützung“ leiste. (Das Guerillablatt „Fatah“ veröffentlichte das Interview.) Auch AI Fatah-Chef Yasser Arafat sagte Anfang dieses

Jahres in Peking, daß es „kein Geheimnis“ sei, daß „die palästinensische Revolution zuerst von Peking Hilfe erhalten habe.“ Das Gros der gelben Waffenhilfe besteht aus kleineren Handwaffen, teils geschenkt, teils verkauft. Arafat hat in der ägyptischen Zeitung „AI Sayyad“ bestätigt, daß „AI Fatah“ Waffen aus China gekauft hat. Anfang des Jahres war die Organisation bezichtigt worden, Gelder von rechtsorientierten arabischen Ländern zu erbetteln. Arafat replizierte: „Soll ich Saudi-Geld zurückweisen, weil Saudi-Arabien rechts steht? Ich verwende das Saudi-Geld zum Ankauf von Waffen aus China. Wie beschreiben Sie diese Aktion, als links oder rechts?“

Das erste palästinensisch-chinesische Waffenlieferungsabkommen wurde im März 1965 vom damaligen Chef der PLO, Ahmad Shukeiry, in Peking unterzeichnet, als auch ein ständiger Verbindungsstab der palästinensischen Partisanen in China aufgestellt wurde. Ein Teil der Waffenlieferungen erreicht den Nahen Osten per Flugzeug, ein Teil mit Schiffstransporten an die diplomatischen Vertretungen Chinas in verschiedenen arabischen Hauptstädten. Die Mehrzahl der Waffen und Munition wird mit chinesischen Schiffen transportiert und in den Nachschubhäfen Latakia (Syrien), Basra (Irak) und Aden (Südjemen) ausgeladen. Das chinesische Arsenal der Freischärler besteht aus Gewehren, Mörsern, Panzerabwehrkanonen, automatischen Handfeuerwaffen, mittelschweren Maschinengewehren, Sprengstoff und Granaten. China war bisher nicht in der Lage, die Partisanen mit den modernsten Waffen zu versorgen. Die Palästinenser werden damit vertröstet, daß „Männer und nicht Waffen die entscheidenden Faktoren“ seien. Damals spielten die Partisanenführer mit dem Gedanken, mehr Waffenhilfe von Moskau zu verlangen, die Chinesen wollen die Steigerung des sowjetischen politischen und militärischen Einflusses verhindern. Im Jänner 1969 haben AI Fatah-Führer stolz zum ersten Male erwähnt, daß einige Einheiten mit russischen „Katjuscha“-Werfern („Stalinorgeln“) ausgerüstet wurden. Die Lieferungen erfolgten über die Tschechoslowakei (Lizenzerzeugung?). Arafat hat sich in Moskau Anfang des Jahres beklagt, daß die sowjetische Militärhilfe auf die arabischen Staaten und nicht auf die Befreiungsgruppen konzentriert werde. Die Arafat-Delegation bekam in der Sowjetpresse denkbar geringe Publizität. Von Moskau ging Arafat verstimmt nach Peking, wo er mit großem Bahnhof empfangen wurde. Chinas bedingungslose politische Unterstützung ist für die Guerillas wertvoller als die Waffen. Peking bekennt sich zur Auflösung Israels und seiner Besetzung durch Partisaneneinheiten. Während die UdSSR immer wieder Differenzen mit den arabischen Extremisten hat, feuert sie China an. Und die chinesische Nachrichtenagentur warnt immer wieder vor einem „München des Mittleren Ostens“, dessen Werkzeug in den Augen der arabischen Terroristen der Rogers-Plan sein soll.

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