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Peking wirbt um Arafat

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„China war der erste Staat, der der El Fatah Hilfe angedeihen ließ. Es ist eines der wichtigsten Stützen der palästinensischen Revolution“, erklärte der mittelgroße, volleibige Führer der El Fatah, Yasser Arafat, bei einem Abendessen, das zu seinen Ehren in Peking veranstaltet wurde. An diesem Gelage nahm unter anderem der stellvertretende Ministerpräsident der Volksrepublik China teil. Er lobte den Kampf der Palästinenser gegen die „amerikanischisraelische Aggression“ und fügte hinzu: „Das langjährige Ringen des palästinensischen Volkes und der Völker Arabiens hat sie gelehrt, daß ein volkstümlicher, langjähriger Krieg die Aggressoren in die Knie zwingen und zur nationalen Befreiung führen wird.“

Yasser Arafat antwortete mit einem Zitat des Vorsitzenden Mao Tse-tung: „Nur die Waffe wird den Sieg bringen, denn die politische Kraft erwächst aus dem Gewehrlauf.“ Der Führer der Terrororganisation, Arafat, kam an der Spitze einer Delegation der verschiedenen antiisraelischen Freischärlergruppen, unter ihnen auch linksradikale Organisationen. Nur die moskautreuen Kommunisten waren nicht vertreten.

Wenn nicht Moskau, dann Peking

Dies ist der erste offizielle Besuch von Arafat in Peking. Gerüchte über den bevorstehenden Besuch kamen bereits nach seiner Rückkehr aus Moskau in Umlauf. Arafat befand sich zwar zwei Wochen in der Metropole des Kommunismus, konnte aber trotzdem keinen Kontakt zu den offiziellen Führern des Kremls finden. Er traf sich nur mit den Funktionären der „Liga für Freundschaft zu den arabischen Staaten.“ Man tauschte viele schöne Worte aus. Die sowjetischen Funktionäre beteuerten ihre Unterstützung für den bewaffneten Widerstand gegen den zionistischen Aggressor. Man war jedoch nicht bereit, Arafat offiziell zu empfangen, da dies mit einer Anerkennung der Terrororganisationen gleichzusetzen wäre. Bis heute hält die Sowjetunion an einer politischen Lösung des Nahostkonfliktes fest. Sie fordert die Einhaltung des Beschlusses des Sicherheitsrates der UNO von 1967. In dieser Resolution wird der Rückzug aller israelischen Streitkräfte auf die alten Grenzen vom 5. Juni 1967 gefordert, ohne daraufhin jedoch einen Frieden zu garantieren. Die Terrororganisationen mit Arafat an der Spitze wollen vielmehr die Auslöschung des Staates Israel, um an dessen Stelle eine palästinesische Republik zu errichten. Die europäischen Juden sollen, laut Arafat, nach Europa zurückgeschickt werden, die orientalischen Juden als Minderheit geduldet. Dem kann nicht einmal die Sowjetunion zustimmen.

Yasser Arafat wollte von Rußland direkte Hilfe erhalten, um dadurch langsam von den arabischen Staaten unabhängig zu werden. Bis heute erhalten Arafat und die anderen Terrororganisationen ihre Gelder von den Ölscheichs und von den arabischen Staaten. Einen Teil erhalten sie in Form von russischen Waffen, wobei die arabischen Staaten darauf bedacht sind, die Terroristen nicht allzu schwer auszurüsten, damit diese für sie keine Gefahr bilden. Als Arafat einsehen mußte, daß Moskau nicht bereit war, hinter dem Rücken seiner Verbündeten im Nahen Osten (insbesondere Ägypten) ihm Waffen und Hilfe angedeihen zu lassen, erinnerte er sich wieder an die chinesischen Brüder. Lange trug er eine Einladung nach Peking mit sich herum. Nun kam die Zeit der Verwirklichung. Erst versuchte Arafat, die Russen mit Hilfe von Gerüchten über einen bevorstehenden Peking-Besuch zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Als diese darauf nicht reagierten, machte er ernst mit dem Besuch.

Der Flug der Terroristendelegation nach Peking wurde geheimgehalten, um einen eventuellen Anschlag auf das Flugzeug zu verhüten. Trotz allem ist solch ein Besuch mit verhältnismäßig wenig Folgen verbunden. Die Volksrepublik China läßt ihre Unterstützung heute noch meistens nur moralisch angedeihen. In der Tat hat es sogar den Terroristen nur wenig zu bieten — die Mittel zu mehr reichen nicht aus.

Zur Zeit befinden sich einige Hundert chinesische Spezialisten in Damaskus und Umgebung, zumeist Offiziere. Sie konzentrieren sich hauptsächlich auf die chinesische Botschaft, und man bemerkt sie nur wenig im Land. Einige Dutzend chinesischer Studenten studieren mit Stipendien an der Universität von Damaskus. Sie versuchen die Lehre von Mao unter ihre Kommilitonen zu bringen, allerdings ohne größeren Erfolg.

Die Waffenlieferungen an die Terrororganisationen beliefen sich in den letzten fünf Jahren auf ungefähr fünf Millionen Dollar. Sie kamen per Flugzeug nach Damaskus und per Schiff nach Basra. Es handelt sich zumeist um Maschinenpistolen, leichte Maschinengewehre, Sprengstoffziegel und Landminen. Am liebsten aber liefert China die kleinen roten Büchlein mit der Lehre von Mao Tse-tung. Man fand sie bei einigen Terroristen, die im Kampf gegen israelische Einheiten umkamen, in ihren Tornistern.

Yasser Arafat will von Peking das erreichen, was Moskau ihm nicht geben wollte. Ob ihm dies glückt, wird erst die Zukunft zeigen.

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