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Auch Linz folgt nach

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Reinhard Raffalts Schauspiel, „Der Nachfolger“, wird nun im Linzer Landestheater — bedauerlicherweise in den dafür viel zu kleinen Kammerspielen — aufgeführt. Über das Stück wurde anläßlich seiner Burgtheater-Aufführung in der „Furche“ (13 1963) schon berichtet. Kann das Landestheater zwar nicht solche Spitzenkräfte ins Treffen führen, so sind immerhin die tragenden Rollen vollwertig besetzt. Sie werden durch die sich in das Stück einfühlende Regie von Peter Weihs-Wien zu einem geschlossenen Ensemble und zu einem vollen Erfolg geführt. Die Regie ist auch um sprachliche Klarheit bemüht. Otto Burger als Kardinal von Toledo, vom Tode gezeichnet und während des Konklaves dem Tode verfallen, gestaltet seine große Szene vor den Kardinälen durch Verbindung von Demut und Erhabenheit, von Todesschwäche und sich aufreckender Kraft zu einem Höhepunkt der Aufführung. Die Raffalt am Herzen liegende Gestalt des Kardinals von Bologna mit Zügen eines Pius X. und Johannes XXIII. wird gewinnend und ergreifend verkörpert von Georg Matthes. V. St. Görtz findet den rechten Ton für den Kardinal von Palermo, eine autarke Persönlichkeit, bereit, den als richtig erkannten Weg auch allein zu gehen. Ernst Ernsthoff ist als Kardinalstaatssekretär ein echter Diplomat, gewandt und vornehm. Dem Kardinal der Kongregation de Propaganda fide, dem tiefe Einsicht in die Welt die Aktivität lähmte, verleiht Norbert Kamil eine abgeklärte eindringliche Note. Sehr gute Charaktertypen gelingen Anton Duschek als höflichem, doch undurchsichtigem Kardinal von Bombay, Gustav Dieffenbacher als leidgeprüftem Kardinal von Budapest, Peter Schratt als fein- nervigem, etwas maliziösem Kardinal von Paris. Zwei Konklavisten werden in kurzen, doch gewichtigen Szenen mit Herzenswärme dargestellt von Wolf Oeser und Manfred Jaksch. Der gute Erfolg wird dem mit großem Interesse aufgenommenen Stück offensichtlich auch in Linz treu bleiben.

Das Landestheater macht das Linzer Publikum mit Mr. Arthur Warkyn bekannt. Er ist im deutschen Sprachraum noch wenig gespielt. Nach einigen Hörspielen und Theaterstücken erzielte er mit der jetzt in den Kammerspielen aufgeführten Kriminalkomödie „Not in the Book“ (in der deutschen Übersetzung von Erni Friedmann „Schönes Weekend, Mr, Bennet“) einen starken Erfolg. Das Stück wurde nach der Londoner Premiere dort durch eineinhalb Jahre laufend gespielt, bereits in sechs Sprachen übersetzt und von verschiedenen europäischen Bühnen herausgebracht. Das besagt allerdings nichts über seinen literarischen Wert. Es ist eine in jeder Hinsicht harmlose Kriminalkomödie mit gutem, nur stellenweise langatmigem Dialog. Der Erfolg hängt von der Aufführung ab. Die in Linz von Ernst Schiffner inszenierte kann sich sehen lassen, hätte aber durch eine Straffung noch gewonnen. Die Darsteller sind gut geführt und können mit diskreter Komik schwäche Stellen überspielen. Das Stück ist bis in die kleinsten Rollen gut besetzt. Gustav Dieffenbacher ist ein idealer Mr. Bennet, dem man den honorigen Bürger mit einem schwarzen Punkt in seiner Vergangenheit glaubt, der seine in 25 Jahren mühsam aufgebaute Position plötzlich bedroht fühlt und in dieser verzweifelten Lage den dümmsten Ausweg in der dümmsten Weise sucht. Am Erfolg des Abends sind noch beteiligt Maria Hanke als Mrs. Bennett, die Herren Gross, Elias, Messany, Schwarz sowie mit ausgezeichneten Charaktertypen Rolf Döring und Peter Schratt. Leo Klingel schuf dafür ein einstimmendes Bühnenbild. Das Premierenpublikum unterhielt sich prächtig und dankte mit starkem Beifall.

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