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Ein Reformbuch

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Lebendige Meßfeier. Von Joseph Ernst Mayer. Tyrolia-Verlag, Innsbruck. 124 Seiten. Preis 28 S

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Lebendige Meßfeier. Von Joseph Ernst Mayer. Tyrolia-Verlag, Innsbruck. 124 Seiten. Preis 28 S

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Ein Reformbuch über „Sinn und Form der Meßfeier“. Wer sich durch ein Dezennium als Pfarrer bemüht hat, die Meßfeier zum Mittelpunkt der christlichen Gotteshuldigung und Lebensgestaltung zu machen, darf auch Reformvorschläge wagen.

Konsųlfjjrppjfd fjjkongr iiw as Büchlein ein wenig diirchblättern bei ihrer Reformarbeit Wohltuend wirkt, daß Pfarrer Mayer, ob- scKori er traditionsentwurzelter Großstädter ist, für die Hauptteile der Opfermesse die traditionellen Be'- zeichriungen Opferung, Wandlung und Kommunion belassen will. Recht so! Mit ‘ Namensänderungen kann man nun einmal keine Reform machen. Wer wollte diese seit Jahrhunderten im Volk verwurzelten, vom Missale nahegelegten Bezeichnungen vorschnell streichen, solange nicht wesentlich bessere und schönere gefunden sind! Mayer ist immer Realist und wahrt sich auch eine vorsichtige Zurückhaltung gegenüber dem Mönchtum, das sehr liturgievertraut ist, aber leicht etwas seelsorgefremd wird. Diese Vorsicht bewahrt ihn vor’zu einseitiger Betrachtung der Opferung als O p f e r bereitung; ihm geht es mit Recht vor allem um die O p f e r e r- bereitung und damit um die Sicherung der richtigen Opfer, h. a.ltung. Die von den Rubriken vorgesehene Anbetung bei der Elevation nur auf das ehrfürchtige Schauen zu beschränken, ist-sicher nicht frei von allen Bedenken, weil beim Großteil des christlichen Volkes das ehrfürchtige Schauen ohne jedes Tun erfahrungsgemäß leicht und rasch zum gedankenlosen Schauen wird. Auch die beste liturgische Erziehung wird höchstens eine kleine Elite auf Mönchshöhe emporreißen können. Sehr zu begrüßen sind Mayers Bemühungen um die aktive Teilnahme der Gläubigen am Opfermahl, denn nur so kann die liturgische Bewegung zur eucharistischen

Bewegung werden, ohne die sie veräußerlichen oder versanden muß. Die beigegebene katechetische, Tafel ist originell und wertvoll. Nicht ganz befriedigt die Darstellung der Wandlung. Da alle Gebete des Wandlungsteils auf die A n n a h n e des Opfers und dessen ü?wif1cung ‘.auf" die''D1piefnden' ifs er'i ;h‘te'lJ sind, wäre der Sinn der Wandlung vielleicht besser gewahrt, wenn nur die übereinanderstehende Reihe Hostie (Leib Christi)—Menschenherz—Kelch (Blut Christi) verwendet würde und Wenn sie durch je einen Pfeil von oben herab und von unten herauf verbunden wäre. Die Wandlung ist doch der Opferhöhepunkt, in dem der herablassende Gott und die mit Christus verbundene, huldigend aufwärtsstrebende Menschheit sich treffen. Daß die Um- schlagzeichnung erklärt wird, ist gut, sonst könnte man versucht sein, an ein Bilderrätsel zu denken. Das Wertvollste an Mayers selbständiger Arbeit sind wohl die trefflichen Gedanken, mit denen er dem modernen Menschen das Verständnis der Messe und die Freude an ihrer Mitfeier vermitteln will. Dafür werden viele Laienleser und noch mehr die Seelsorger dankbar sein.

Der christliche Narr. Von Walter N i g g. Artemis- Verlag, Zürich und Stuttgart, 410 Seiten.

Die christliche, von Paulus klar formulierte Lehre von der Weisheit dieser Welt, die Torheit bei Gott ist bzw. von den Christen, die „Narren um Christi willen geworden sind“' (1 Kor. 3, 19; 4, 10), hat sich in ihrer absoluten Form nur in wenigen Auserwählten bestätigt, wie dieses reich dokumentierte und fesselnd geschriebene Buch des bekannten evangelischen Kirchenhistorikers beweist. Während das „Lob der Torheit“ des Erasmus sich ausschließlich auf theoretischer Ebene bewegt, wird die praktische Durchführung in einer Anzahl „Narren um Christi willen“ eindrucksvoll nachgewiesen. Es zeigt sich, daß die rationalistische Forschung des vorigen Jahrhunderts wenig oder nichts mit einer Figur wie Symeon von Edessa anzufangen wußte. Einem Jacopone da Todi, der nicht bloß der Dichter des ergreifenden „Stabat mater“ war, erging es ebenso, bis die neuere Forschung sich zu einer religiösen Sicht, a.ufraffen und damit zu einer, Würdigung gelangen konnte. Ebenso wie Symeon von Edessa war auch Philipp Neri Charismatiker, aber beide hatten einen angeborenen Sinn für Humor, eine Gabe, die sie benützten, um zuerst die Aufmerksamkeit zu erwecken und dann die Herzen der Zuhörer für eine höhere Wirklichkeit zu öffnen. Mit sehr viel Liebe und Sachkenntnis wird die Gestalt eines Pestalozzi geschildert, „der als Narr einschreitende Engel, der aus einem fremden Erdteil in den unsrigen verschlagen worden war“. Dostojewskijs erschütternder Roman „Der Idiot“ offenbart nicht nur die Tiefen der russischen Seele, sondern legt vor allem die nach Buße sich sehnende christliche Seele bloß. Fürst Myschkin begegnet den. jungen Bekennern, des Nichts, _ jener Bewegung, die, ganz Europa überflutete und. an, den Rand des Abgrundes brachte. „Was unzählige junge Männer in des, Gegenwart. denken und tun, ist hier alles vorweggepommen und. steht gleichsam für das Schicksal der heutigen Jugend da.“ , Prophetisch Sind denn auch Myschkins und Dostojewskijs W'orte: .Atheist zu werden ist für : einen Russen so leicht, leichter als für jeden anderen in der ganzen Weltl Und die Russen werden auch nicht gewöhnliche Atheisten, nein,, der Atheismus' wird für sie einfach zu . einem neuen Glauben."

Nur selten wird uns ein- so reiches und aufrüttelndes Buch geschenkt, das wir allen wahren Christen jeder Konfession vorbehaltlos empfehlen können.

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