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Erkenntnis des Ganzen

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[AHRBUCH DES WIENER GOETHE-VEREINS. Nene Folge der Chronik. Im Auftrag des Ausschusses herausgegeben von Robert M ü h 1 h e r. 65. Band, 1961, Wien.

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[AHRBUCH DES WIENER GOETHE-VEREINS. Nene Folge der Chronik. Im Auftrag des Ausschusses herausgegeben von Robert M ü h 1 h e r. 65. Band, 1961, Wien.

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Das mutige Unternehmen des Heraus-jebers, die Erweiterung der Chronik, hat ich mit diesem zweiten Band des Jahr-luches auch und also erst recht bewährt. )ie Anliegen des Vereins sind in den drei bschließenden Spalten, Ehrung von Mit-liedem, Buchanzeigen, Vereinsbericht, be-ücksichtigt, die Anliegen der Wissenschaft n den acht Aufsätzen, die“ bei aller Vielfalt ler Themenstellung doch in vielen Wech-elbezügen ersichtlich ein Ganzes bilden md zugleich wieder bezeugen, daß die joethe-Philologie ein wohlbestellter Acker ät, aber auch ein Acker, der keines Fruchtwechsels bedarf.

Das Jahrbuch führt uns von der Philo-ophie zur Poesie, aber nicht in strenger eheidung, sondern mit Verlegung des chwerpunkts: Ferdinand Weinhandls Gestaltgedanke in Goethes Lebenswerk“ rprobt Erkenntnisse seines ausgezeichneten Buches über „Die Metaphysik Goethes“ im Raum der Dichtung Goethes. Lebendig und knapp, aus umsichtiger Orientierung bald in die Mitte rührend, stellt Ulrich Schöndorfer „Die Monadenlehre Goethes“ dar. Wir erleben den aristokratischen wie den frommen Goethe, sehen ihn zwischen Spinoza und Kant als Vollender der Gedanken des Leibniz und erkennen in dem Philosophen den Dichter vor allem des späten „Faust“ wieder.

Über eine Studie hinweg, die das Verhältnis Wielands zu den Brüdern Stolberg darstellt und einige bisher ungedruckte Briefe enthält, reicht der erste Aufsatz des zweiten Teiles dem eben besprochenen die Hand. Dem Doppelbereich der Philosophie und Religion tritt in Robert M ü h 1 h e r s Abhandlung ein zweiter gegenüber: „Poesie und Geschichte“. Poesie ist Geschichte, aber nicht als Tatsachensammlung, sondern als Erkenntnis des Ganzen und als schöpferischer Vollzug; der unverbindlichen einzelnen Tatsache, der Prosa des Alltags, tritt die Einheit des Wahren und Schönen, Harmonie und Zusammenhang des Ganzen, gegenüber. Hellmuth Himmels „Metamorphose der Sprache“ erscheint fast als Weiterführung dieser Gedanken an der Betrachtung von Goethes „Novelle“. Er zeigt die Parallelität von Inhaltsführung und Sprachgestaltung, so daß für beide Bereiche Goethes Gleichnis vom Wachstum einer Pflanze gilt. Goethes Denken über die Sprache wird in Bezug gesetzt besonders zu Hamann, Herder, A. W. Schlegel. Wie er, der Welt im Geist stets verbunden, sich im Geist von der Welt des Tages freizuhalten vermochte, ersehen wir wieder an dem Beitrag von Joseph A. von B r a-d i s h : Zwischen Akten und Protokollen, ja umgeben von Rekruten, gestaltet Goethe zu Jahresbeginn 1779 die Konzeption seiner „Iphigenie“ aus. Mit einer Darstellung von „Goethes Stellung zu Tanz und Ballett“ (Riki Raab) wird der Band freundlich beschlossen.

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