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HUBERT HORATIO HUMPHRY LEBENSGLUCK IM DRUGSTORE

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In einem amerikanischen Allerweltsladen schickte ein Vater seinen Sohn auf die Reise: „Good bye, good luck, grow up!“ Hubert Humphry sagte auf Wiedersehen und wurde erwachsen — und das Glück blieb ihm erhalten.

1911 geboren, zog er an eine

Universität des Mittelwestens, begann das Pharmaziestudium, beendete es aber nie und kehrte bald wieder zu den Pralinen, Seifen und Ansichtskarten des väterlichen Drugstore zurück. So ist Humphry der Ladenbesitzer geblieben, der er immer war. Seine Karriere war nie bestimmt von den Eag-Heads in Washington oder von den Kreisen der Society in Miami. Und er fand weder Anschluß noch Anklang in den gepflegten Millionärshäusern von Massachusetts.

Aber er ist der Kandidat der demokratischen Funktionäre der Kleinstädte oder des flachen Landes. Er stellte sich keiner mühsamen Vorwahl, sondern bereiste lieber die örtlichen Parteibüros, wo er bei einem Glas Whisky die Delegiertenstimmen hamsterte. Und er versprach den Südstaatlern mehr Härte gegen die Neger und den Vertretern der Farbigen mehr Bürgerrechte. Er bot den Farmern Ab nähme garantien für ihr Getreide und den Städtern weniger Steuern. Er nannte sich

„Friedenskandidat“ und trat für die weitere Bombardierung Nordvietnams ein. Hubert „Pinkte“ Humphry war einfach ein Allerweltskerl, der seine Rezepte zur Gesundung der Politik wie Brausetabletten servierte.

Als Johnson den Demokraten 1964 als Vizepräsident vorschlug, war Humphry das Kind eines parteiinternen Kompromisses. Und als Johnson, geschwächt durch Vietnam, Rassenrevolte und Dollarabfluß für eine Wiederwahl ausschied, begann Humphrys Glücksträhne sichtbar zu werden. Seine demokratischen Gegner fielen aus: Robert Kennedy wurde in Kalifornien ermordet, McCarthy war als selbstlose „Taube“ nach dem Schlag der roten Russen gegen Prag bei den Delegierten endgültig unten durch. Und so schaffte es der Drugstore- Besitzer schon im ersten Wahlgang.

Wer allerdings gehofft hatte, daß der Präsidentschaftswahlkampf 1968 die Besten um die Gunst des Volkes kämpfen lassen

werde, sieht sich den Alternativen von Parteikandidaten gegenüber — die ihrem Parteivolk viel, dem Wähler nur wenig zu sagen haben. Und die politisch in fast allen wichtigen Fragen praktisch der gleichen Meinung sind.

Und viele Amerikaner sagen heute schon, daß die Alternativen dürftig sind. Viele Europäer meinen darüber hinaus, daß die Alternativen blamabel sind.

So hofft ein dritter Kandidat, der Negerfresser Wallace,auf viele Stimmen. Erhält der bullige Gouverneur von Alabama tatsächlich die Unzufriedenen oder Entschlußlosen — dürfte die Entscheidung nicht beim Volk, sondern beim amerikanischen Parlament liegen. Und in diesem Parlament sitzen wieder die Parteifunktionäre

Jedenfalls: Im Drugstore warten die Kunden auf Hubert Humphry, falls er die Präsidentschaft nicht schafft. Denn — so seine Schwägerin Harriett Humphry —„er gibt mir immer guten Rat, wie man im Leben glücklich wird “

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