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Aus der Welt der Heiligen und der Kunst

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Zwei Darstellungen der „Begegnung in Emaus“: eine Lithographie, auf der Christus mit sorgfältig gebürsteten Löckchen, seelenvollem Blick und elegantem Profil zu sehen ist; die beiden Jünger ein bißchen proletarisch, natürlich, aber sauber und gut erzogen. Daneben eine schwarze Kreidezeichnung: zwei entsetzte Burschen, zwischen denen die Umrisse einer Gestalt auftauchen, deren Gesicht vom Licht ganz verschlungen ist — äußerste Schwätze, hellste Helligkeit. Die Lithographie hat ein Nazarener um 1823 gemacht, das Gegenbeispiel Karl Kreutz-berger in unseren Tagen gezeichnet. (Es ist übrigens nicht einmal besonders gut — wir kennen bessere Kreutzberger-Blätter —, aber es beweist, wie unendlich weit das Nazarenertum schon zurückliegt, weiter noch als das Barock oder die Gotik.) — Zwei andere Pendants: „Der verlorene Sohn“ als unglücklicher Hirte in einer Kupelwieser - Zeichnung (spitziger Bleistift, wie von einem besseren Original abgepaust), ^nd ein grober Sauhirte von K u b i n mit dicker Tuschfeder aus schwärzester Einsamkeit herausgeschnitten. — Ein drittes Paar: Ein „Hieronymus in der Einöde“ von W. H u b e r oder einem anderen Künstler der Donau-Schule um 1520, daneben eine Magdalena von Paul Trog er, etwa 200 Jahre später — die beiden Blätter ähneln einander zufällig in der Szenerie, aber sie sind einander, nicht zufällig, in einem besonderen und in bestimmter, wenn auch schwer beschreibbarer Weise österreichischen Pathos über jeden Stilunterschied hinweg verwandt.

Derlei wichtige, vielleicht sogar faszinierende Beobachtungen kann man in der Ausstellung der Akademie-Bibliothek „Aus der Welt der Bibel und der Heiligen“ sammeln; wieder einmal haben die Kunsthistoriker dieses Instituts aus den vergessenen und verstaubten Mappen ihres Kupferstichkabinetts neue Schätze nicht nur geborgen, sondern auch mit Liebe und einer über das wissenschaftliche Interesse hinausgehenden Einfühlung zusammen- und ausgestellt.

PS.: Die Kunstvereinigungen und großen Ausstell ungshäuser sparen ihr Pulver für die kommenden Wiener Festwochen auf, zu deren Beginn wieder einmal eine Ausstellung neben und hinter der anderen eröffnet werden wird — worauf dann eine die andere um Wirksamkeit und Besucher bringen wird. Aber es wäre doch zu bedenken gewesen, daß auch die Messe ein neues Publikum nach Wien und, wer weiß, vielleicht sogar in die Wiener Ausstellungen führt...

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