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Der Idiot. Von F. M. Dostojewskij. Ueber- setzt von Johann von Guenther. Mit einem Nachwort von Reinhold Schneider. 678 Seiten. Preis 17.80 sfrs.

Fürst Myschkin, diese geheime, wie nur auf Erden mögliche, das heißt geglückt-mißglückte Christus- gestalt, müßte immer und immer wieder gelesen werden, damit wir das heutige Rußland verstehen und um einige Funken Hoffnung zu bekommen für den Osten. Ein „Idiot” — ein Zugehöriger und doch Eigenbrötler — lebt auf an der Liebe und scheitert am allzu großen Leid, das aus seiner Umwelt stammt. Wie ein Kind, wie ein „Lamm” erlebt er das Leben der Gesellschaft, zu der er gehört, und weil er nicht „mitmacht” wie die anderen, können Liebe und Leiden nicht ins tägliche Leben übersetzt werden. Beide bleiben und darum geht Myschkin unter: „Ich zog den Schluß, daß die Grundlage alles Vorangegangenen erstens in Ihrer sozusagen angeborenen Unerfahrenheit bestand ... und hierauf in Ihrer ungewöhnlichen Herzenseinfalt. Ferner in dem phänomenalen Fehlen des Gefühls für Maßhalten und schließlich in -der angeschwemmten Masse zerebraler Ueberzeugungen, die Sie in Ihrer ungewöhnlichen Ehrlichkeit bis jetzt für wirkliche Ueberzeugungen, natürliche und unmittelbare,

halten” — so zeichnet Jewgenij Pawlowitsch unseren Helden. S o kann man nicht leben — s o zu leben erlaubt diese Erde nur dem, der für den Opfergang bestimmt ist.

Gymnadenia — Der brennende Dornbusch. Zwei Romane in einem Band. Von Sigrid U n d s e t. Deutsch von J. Sandmeier und S. Angermann. 750 Seiten. Preis 17.80 sfrs.

Diese beiden nicht-historischen Romane der Sigrid Undset haben jetzt, in unseren Tagen, ihre große Zeit: die matriarchalisch gerichtete Gegenwart versteht sie besser und kann sich aus ihnen deuten. Das Schicksal der Frau zwischen dem mütterlichen Trieb ihrer Natur und der aufgetragenen, erzwungenen Selbständigkeit steigert Liebe und Haß, ruft Gnade und Verdammung herauf. Dieser Spiegel wird noch eine gute Weile gültig sein.

Der Pharao. Von Boleslaw P r u s. Uebersetzt von Alfred L o e p f e. Mit einem Nachwort von Franz Theodor C s o k o r. 651 Seiten. Preis 17.80 sfrs.

Ramses III., das idealistische Enfant terrible der ägyptischen Geschichte, erweist sich in diesem Roman als ein Begriff: die Tragik, die zwischen einem Reformer aus idealen Gründen und einem Staatsgefüge aus historischem Wachstum entsteht, leuchtet durch diesen Namen und aus der ägyptischen Geschichte in alle anderen derartigen Konflikte. Immer scheint die Geschichte Recht zu behalten — als wolle sie sagen, daß das Bessere der Feind des Gewohnten, Guten ist. Reformen können nur wachsen, wenn deren Begründer und Träger an ihrem Auftrage untergegangen sind, und wachsen viel später und geschichtlich modifiziert ins lebbare Leben. — Dieser Roman ist 1896 zum ersten Male erschienen und bald in alle europäischen Sprachen (sogar ins Esperanto!) übersetzt worden. Der verständige Leser liest in diesem Buche eine Philosophie der menschlichen und der politischen Geschichte.

Alle diese drei Romane des Walter-Verlages, Olten, sind erschienen in der „Reihe Weltliteratur”. Die Ausstattung der Glanzleinenbände ist hervorragend und mit dem Dank an den Verlag für dieses Unternehmen erwartet man die versprochenen Neuverlegungen.

Im Verlag von Jakob Hegner, Köln und Olten

Die Trilogie (Der Bürge. Das harte Brot. Der erniediigte Vater.) Von Paul Claudel. Deutsch von Albrecht Joseph. Lieberarbeitet von Elisabeth Brock-Sulzer. 331 Seiten. Preis 18.80 DM.

Diese drei Dramen Claudels stammen aus der vorsymbolischen Periode des Dichters. Sie sind historische Dramen, die zerbrechende Einzelschicksale in zerbrochener Umwelt darstellen. — Die Lektüre dieser Dramen wird das Verständnis für Claudels letzte Dichtungen fördern können und vielleicht auch Anstoß sein, daß diese Schauspiele wieder neugefaßt aufgeführt werden.

Der Pfarrer von Ozeron. Von Francis Jamm es. Deutsch von Friedrich Burschei 1. 212 Seiten.

Mit dieser Romandichtung hat uns Jammes schon vor Jahren erfreut — damals, als die darin beschriebene Welt noch nicht s o weit von der unsrigen entfernt war. Aber auch heute gilt sie noch und fasziniert — nicht, weil wir daran unser altes Heimweh romantisch aufwärmen könnten, sondern heute aus einem anderen Grund: weil die Gläubigkeit der beiden darin dargestellten Priester uns nahegeht. Solange solche Menschen noch wahrscheinlich sind, ist die Welt noch nicht ganz Unheil.

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