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Papst Paul VI. vor den Vereinten Nationen

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In dem Augenblick, da Wir vor diesem auf der Welt einzigartigen Auditorium das Wort ergreifen, wollen Wir zunächst Ihrem Generalsekretär U Thant Unseren tiefen Dank dafür entbieten, daß er Uns eingeladen hat, der UNO — aus Anlaß des 20. Jahrestages dieser Weltinstitution für den Frieden und die Zusammenarbeit unter den Völkern der ganzen Erde — einen Besuch abzustatten.

Unser Dank gilt auch dem Herrn Präsidenten der Versammlung, Herrn Amintore Fanfani, der seit dem Tag seines Amtsantritts so liebenswürdige Worte für Uns hatte.

Dank auch Ihnen allen, die Sie hier gegenwärtig sind, für Ihren wohlwollenden Empfang. Einem jeden von Ihnen entbieten Wir Unseren herzlichen und ehrerbietigen Gruß. Ihre Freundschaft hat Uns eingeladen und läßt Uns zu dieser Versammlung zu: Als Freund treten Wir vor Sie hin.

Nebst Unserer persönlichen Ehrerbietung überbringen Wir Ihnen auch die des derzeit in Rom versammelten Zweiten ökumenischen Vatikanischen Konzils, dessen hervorragende Vertreter die Uns begleitenden Kardinäle sind. In ihrem wie in Unserem Namen Ihnen allen Ehre und Gruß.

Diese Begegnung — Sie sind sich dessen voll bewußt — hat einen doppelten Charakter: sie ist zugleich von Einfachheit und Größe geprägt. Von Einfachheit, denn der, der zu Ihnen spricht, ist ein Mensch wie Sie. Er ist Ihr Bruder und sogar einer der kleinsten unter Ihnen, die Sie souveräne Staaten vertreten, da er — wenn Sie Uns unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten belieben — nur eine winzige und fast symbolische zeitliche Macht hat: Gerade das nötige Minimum, um seine geistige Mission frei auszuüben und jenen, die mit ihm verhandeln, versichern zu können, daß er von jeglicher Souveränität dieser Welt frei Ist. Er hat keine zeitliche Macht, keinerlei Ehrgeiz, mit Ihnen in Wettstreit zu treten. Wir haben denn auch nichts zu verlangen, keine Frage aufzuwerfen, sondern lediglich einen Wunsch zu äußern, eine Erlaubnis zu erbitten: die Erlaubnis, Ihnen in dem, was in Unseren Zuständigkeitsbereich fällt, in Un-eigennützigkeit, Bescheidenheit und Diebe dienen zu können.

Das ist die erste Erklärung, die Wir abzugeben haben. Wie Sie sehen, ist sie so einfach, daß sie für diese Versammlung, die gewohnt list, äußerst wichtige und schwierige Angelegenheiten zu behandeln, unbedeutsam erscheinen mag.

Und doch — Wir sagten es Ihnen, und Sie spüren es alle — ist dieser Augenblick von einer eigenartigen Größe erfüllt: Er ist groß für Uns, er ist groß für Sie.

Einmal für Uns. Oh, Sie wissen genau, wer Wir sind. Welches auch immer Ihre Meinung über den römischen Papst sein mag, Sie kennen Unsere Mission:

Wir sind Träger einer Botschaft für die ganze Menschheit. Und Wir sind das nicht nur in Unserem eigenen Namen und in dem der großen katholischen Familie: Sondern auch dm Namen der christlichen Brüder, die die Gefühle, die Wir hier ausdrücken, teilen, und namentlich derer, die Uns ausdrücklich aufgetragen haben, ihr Sprecher zu sein.

Dem Boten gleich, der nach langer Reise das ihm anvertraute Schreiben überreicht, so haben auch Wir das Bewußtsein, den — wenn auch noch so kurzen — privilegierten Augenblick zu erleben, da sich ein Wunsch, den wir seit fast zwanzig Jahrhunderten lim Herzen tragen, erfüllt. Ja, Sie wissen es. Seit langem sind wir unterwegs, wir sind Träger einer langen Geschichte.

Wir feiern hier den Epilog einer mühsamen Pilgerfahrt auf der Suche nach einem Zwiegespräch mit der ganzen Welt, seit dem Tag, da uns aufgetragen ward: „Gehet, überbringet allen Nationen die Frohbotschaft.“ Sie vertreten alle Nationen.

Lassen Sie Uns Ihnen sagen, daß Wir für Sie alle eine Botschaft haben, ja daß Wir einem jeden von Ihnen eine frohe Botschaft zu überreichen haben.

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