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Shakespeares „Julius Cäsar“ in Salzburg
Die Salzburger Festspiele haben heuer, anders als in den vorangegangenen Jahren, ein einziges großes Schauspiel neben den traditionellen „Jedermann“ gestellt. Man hatte zunächst bedauert, daß weder Shakespeares „Sturm“ noch Claudels „Seidener Schuh“, denen man in der sommerlichen Festzeit der vom Geist des Barock durchtönten Stadt lieber begegnet wäre, auf das Programm gesetzt werden konnten. Man war aber dennoch bereit, sich von der Wahl des „Julius Cäsar“ überzeugen zu lassen. Mögen auch Unterschiede der Zuordnung zu Raum und Zeit bestehen: als ein letzter gültiger Ausdruck dichterischer Welt-und Menschendeutung birgt und enthüllt dieses Drama auf dem Hintergrund des seltsamen Gemischt von Gut und Böse im Menschen, der in der Vielschichtigkeit und Abgründigkeit seines Wesens so erschütternd wahr gezeichnet ist, einen Glanz der Größe, der auch in der herrlichen Schönheit dieser Stadt aufleuchtet.
Das Stück spricht ine eindringliche Sprache zu unserer Zeit, die das Gut der bürgerlichen- Frei-heitsrechte, das kostbarste und bedrohteste der gemeinen Güter, die der weltlichen Gewalt anvertraut sind, neu beachtet, bedenkt und beredet. Wer empfindet nicht schmerzhaft die Aktualität des Satzes, den Marco Brutus spricht: „Der Größe Mißbrauch ist, wenn von der Macht sie das Gewissen trennt“ ? Die Erhabenheit der einsamen
Größe, in die Julius Cäsar aus dem mitbürgerlichen egalite-Bezirk emporgestiegen ist, anfällig für die Versuchungen ehrsüchtiger Anmaßung, ein gebrechliches Gefäß, dessen Fall dennoch kosmische Erschütterungen begleiten, verkörperte Werner K r a u ß, heute vielleicht der einzige Darsteller' im deutschen Sprachraum, dessen Format dazu hinreicht. Ewald Baiser gestaltete in glänzender Manier den Brutus, den edelsten und ehrenhaftesten der Verschwörer, der sich zum politischen Präventivmord entschlossen hat und der, indem er Cäsar, den er liebt, um des Vaterlandes willen, das er mehr liebt, tötet, den eignen sühnenden Tod ahnend vorausnimmt. Ernst Deutsch schien die Gestalt Mark Antons typmäßig fremd zu sein. Er vermochte uns den hinter der täuschenden Vielgesichtigkeit kühnen, glühenden, zielbewußt und zusammengefaßt handelnden Mann nicht überzeugend darzustellen, und auch die Mehrzahl der übrigen männlichen Darsteller ließen jene selbstverständlich signorile Noblesse, jene substantielle Dichte - des Menschlichen, das der Autor in so unvergleichlicher Weise gestaltet hat, nicht in dem Maß sichtbar und hörbar werden-, das der Verantwortung entsprochen hätte, die den Festspielen mit der Repräsentation dieses Schauspiels auferlegt war.
Damit soll die Regieleistüng Josef G i e I e fr s, der die klar gegliederte Arkadenszenerie der
Felsenreitschule, in die Caspar N e h e r sein sparsam andeutendes, Bühnenbild gestellt hat, zum., Ausspielen der Senats- und Volksszenen klug benutzte, das szenische Geschehen aus seiner dramatischen Logik' ruhig entwickelte, die Akzente richtig verteilte und die .Einzelszenen so konzentriert, als es auf der ausgebreiteten Bühne möglich war, heraushob, nicht übersehen.sein.
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