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Martin Auers Roman "Stadt der Fremden".

Ein Dichter wird nach Nairobi eingeladen, um kreatives Schreiben zu unterrichten und einige Lesungen zu halten. Bei dieser Gelegenheit lernt er Österreicher in der Fremde kennen, die auf den ersten und/oder zweiten Blick mit rassistischen Ansätzen ausgestattet scheinen, die sich arrangiert haben mit den politischen Gegebenheiten und den Nobelpreis für Korruption verdienen würden. Er ist gezwungen mit seinen Bildern und nicht eingestandenen Vorurteilen umzugehen. Er entdeckt eine Möglichkeit aktiv zu werden und etwas für eine bessere Zukunft der Schwarzen tun zu können - oder sollte man sagen, etwas für sein Gewissen. Er konzipiert und arrangiert mit Jugendlichen ein Internet-Projekt und so ist am Ende seines Besuches das erste Slum im Internet und überdies wird auch noch die Zerstörung des Slums verhindert.

Der "Dichter" muss akzeptieren, dass Entwicklungshilfe nicht immer gerne gesehen wird und es selbstbewusste schwarze Intellektuelle gibt wie die attraktive Njoki, die von einem deutschen Kolonisten vergewaltigt wurde. Sie meint: "Du solltest gar nicht hier sein. Wir müssen unseren Weg einfach selber gehen. Ohne uns behindern zu lassen - und ohne uns helfen zu lassen."

Schwäche: Klischees

Die Schwächen des Textes sind die Klischees: die Frauen von Botschaftern, die unglücklich sind und nur auf kulturellen Zuzug aus der Heimat warten, um nicht ganz frustriert zu sein, die korrupten Hotelbesitzer und natürlich die schöne schwarze Journalistin, die unerreicht bleibt. Und am Schluss müssen natürlich alle Gefühle in einen Kuss hineingelegt werden und das noch dazu in aller Öffentlichkeit.

Natürlich leben die Klischees wirklich und gehen auf zwei Beinen, in Kenia ebenso wie hierzulande, keine Frage, aber zwischen dem Leben und der Literatur sollte doch ein Unterschied sein und sei es die Reflexion, die Distanz. Und wenn der Dichter dann im Roman propagandistische Erklärungen gegen die Regierungsbildung der Koalition präsentiert, so kommt dem Rezensenten der Ärger hoch, weil mit gutgemeinten Plattheiten nicht Politik ge-macht werden sollte und Litera-tur dafür zu schade ist.

Von der undefinierbaren Person des Dichters erfahren wir wenig, er lebt getrennt von seiner Frau, hat immer Angst, Dinge als letzter zu erkennen, und gesteht sich seine eigenen Vorurteile zumindest ein. Das ist ein Pluspunkt, immerhin, aber doch zu wenig, um dem Text das nötige Gewicht zu geben.

Der Ärger gegen eine Tendenz des Romans ist formuliert und sofort muss die Gegenrede einsetzen. Denn der Prozess der Arbeit an der Internetseite mit den jugendlichen Slumbewohnern ist spannend: Pädagogik in der Praxis - wenngleich natürlich dadurch auch Illusionen in Bezug auf die Veränderungen der Realität gezüchtet werden.

Es lohnt sich, einen Blick auf die Homepage zu werfen: Die bebilderten Geschichten machen Lust, diesen Prozess nicht nur im fernen Afrika, sondern auch hierzulande in Gang zu setzen. Schade, dass der Roman diesen Prozess nicht mehr fokussiert.

P.S.: Die Internetseite gibt es wirklich: http://www.pips.at/huruma/.

Stadt der Fremden

Roman von Martin Auer

Mandelbaum Verlag, Wien 2003

229 Seiten geb., e 16,30

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