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Variationen über das Evangelium

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Und die Bibel hat doch recht! Das st ein Schlagwort, der Titel eines Bestsellers — und ein Problem archäologisch und theologisch beschlagene Schriftsteller werden an dieser Art des religiösen „Sachbuches“ noch viel arbeiten. Solange man sich dabei des Problems bewußt bleibt, ist die Tendenz erfreulich. Sie ist besonders erfreulich, wenn die Autoren weder formal noch in der Gesinnung zu Epigonen Werner Kellers werden, sondern der Kategorie ganz neue, reizvolle und religiös vertiefte Akzente geben. Eines der erfrischendsten Bücher auf dieser Linie ist das Werk von Horst Dallmayr.

Heute werden Reisen auf den Spuren aller möglichen Völker, Kulturen und Bücher unternommen. Warum nicht einmal nach der Apokalypse reisen? Mit Hölderlin, Victorinus-Hieronymus und der Heiligen Schrift im Reisegepäck. Dall-mayrs Bericht über die kleinasiatische Tour ist amüsant und doch an den entscheidenden Stellen voll von Verantwortungsbewußtsein und gebotenem Ernst. Nie hätte man gedacht, daß man über das schwierigste Buch des Neuen Testaments, die Geheime Offenbarung, so geistreich plaudern kann.

Auch die „Überlegungen eines Bibellesers“, wie Karl Würzburger seine Sammlung populär-exegetischer Betrachtungen nennt, verdienen Interesse vor allem als Methode, an den modernen Menschen mit dem Gotteswort heranzukommen. Der Autor ist evangelischer Christ und routinierter Rundfunkmann. Die Geringschätzung, ja Ablehnung der Dogmatik, mit der er sein Publikum für ein „direktes“ Verhältnis zum Evangelium zu gewinnen sucht, beruht auf einem weitverbreiteten Irrtum. Die neueren Bestrebungen, die Dogmatik stets aus der Heiligen Schrift zu fundieren, werden das

Vorurteil hoffentlich bald abbauen.

Quellenstudium und religiöse Meditation werden durch die beiden Arche-Bändchen mit Texten von Kierkegaard und Dostojewskij erleichtert.

Von den religiösen Neuerscheinungen der Furche-Bücherei, Hamburg, verdienen die dokumentarischen Tagebuchnotizen Jochen Kleppers besondere Beachtung. Klepper galt als eine große Hoffnung deutscher christlicher Dichtung. Die Nationalsozialisten zerstörten ihn psychisch. Er endete durch Selbstmord im Gefängnis. Die geläufigen moraltheologischen Maßstäbe kann man auf ihn nicht ohne weiteres anwenden. Klepper wollte durch seinen Freitod die Preisgabe von Freunden verhindern. Es ist dies ein Fall von Epikie, über den Fachleute diskutieren mögen ...

Sehr tröstlich und aus dem Born der Dichtung wie aus der Praxis der evangelischen Predigt geschöpft, sind stets die Werke von Albrecht Goes. In „Unsere letzte Stunde“ gelingt es ihm, die Geheimnisse des Todes anzurühren.

Die Gebetstexte „Herr, höre meine Stimme“ sind bewährt und gut. Sie atmen etwas von protestantischer Herbheit und dürften dem österreichischen Katholiken nicht immer zusagen.

An dem „Kreuzweg von Weinrich“ besticht vor allem die herrliche graphische Gestaltung. Die modernen Farbbilder von Siegfried Rischar und die Schriften von Walter Roos sprechen an und erschüttern. Der Text ist etwas zu breit und wortreich angelegt und die Lyrik zählt vollends zur Erbauungsliteratur. Möglicherweise entspricht die Ausdrucksart dem Volksgeschmack. Doch ist auch eine Andacht Gelegenheit den Geschmack zu bilden.

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