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Die andere Sicht der Dinge

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Wer noch nicht sieht, wie und was mit dem Auge des Herzens gesehen werden kann, für den wohnt, wenn er es trotzdem versucht, in jedem metaphysischen Sehen etwas von Magie. Denn auf geheimnisvolle Weise entstehen vor ihm übernatürliche Wirkungen.

In den drei erschienenen Texten von Franz Richter (siehe auch Seite 19) gibt es als Protagonisten Personen, die nun keineswegs Anfänger sind im Schauen des Unsichtbaren. Sie stehen bereits an der Schwelle und beginnen, mehr zu sehen als Schulweisheit sich je träumen läßt. Jede der drei Geschichten stimmt nachdenklich und vordergründig ist die Ursache wohl in der Tatsache zu finden, daß Franz Richter in ausgedehntem Maß die Metapher als Stilmittel verwendet. Es wird etwas durch eine Folge von Ausdrücken aus der einen Sphäre bezeichnet, deren eigentlicher Sinn aber jeweils einer anderen Spare angehört.

Der Autor versteht es immer wieder, seelische und geistige Gegebenheiten durch Geschehnisse in der Welt der Materie darzustellen und umgekehrt die Dinge dieser Welt durch Tatsachen aus dem Reich des Geistes auf neue Weise nahezubringen. Der Mensch kann ja, entsprechend der zentralen Erzählung im Ruch, nicht vordergründig feststellen, ob er plötzlich doppelsichtig wurde oder zufällig ein Stück Doppelspat vor sich hat. Sieht er allerdings mit einem Auge die Welt und mit dem anderen, was sie im innersten zusammenhält, kommt es zur Katastrophe, bis, ja, bis das Kind eben Heilung bringt.

Nicht anders verhält sich der Wissenschaftler, der seinem baldigen Ableben entgegensieht und zuletzt akzeptiert, daß der Mensch die Wahrheit vergeblich sucht, aber, Gott sei gedankt, sie sucht den Menschen. Die Titelgeschichte mit dem Bild des Pfaues, dessen Dasein einen Sommer auf dem Land begleitet und zuletzt lehrt, daß jeder Tag seine eigene Plage hat und daher ohne die Last der Vergangenheit tagtäglich neu zu beginnen ist.

Wer bloß ein wenig übrig hat für Zusammenhänge, die über jene von Materie und Energie, von zufälligem Leben und Kältetod hinausgehen, wird im diesem Buch eine Wundertruhe gefüllt mit neuen und ungewohnten und plötzlich nicht mehr magischen Arten zu Sehen vor sich haben, in der er für lange Zeit wühlen kann: zu eigenem Nutzen und sogar dem seiner Umgebung.

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