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Wiens literarische Repräsentanz

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Lebendige Stadt. Literarischer Almanach 1954. Herausgegeben vom Amt für Kultur and Volksbildung der Stadt Wien. 322 Seiten.

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Lebendige Stadt. Literarischer Almanach 1954. Herausgegeben vom Amt für Kultur and Volksbildung der Stadt Wien. 322 Seiten.

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Mit diesem stattlichen Band, der Beiträge von 73 Autoren, — Dichtern. Schriftstellern und Publizisten — vereinigt, wird zum erstenmal nach 1945 der Versuch unternommen, Wiens literarischen Standard aufzuzeigen. Ohne Ansehen der „Richtung" und alle Altersstufen umfassend (freilich auf die Lebenden beschränkt), reiht diese Anthologie das lyrische Gedicht neben den Essay, die dramatische Szene neben das Romanfragment oder das Stimmungsbild.

Die einzelnen Beiträge sind in vier Themenkreise gruppiert: -Ruf der Herkunft, Trauer und Glück von heute, Kampf der Zeit und Schau ins Kommende. In Wirklichkeit entsprechen aber nur emzelne Stücke oder kleine Gruppen den genannter, Titeln. Recht eindrucksvoll und logisch komponiert ist die Intrada zu dieser ..Wiener Symphonie" in vier Sätzen: nach einem Eingangsgedicht von Lernet-Holenia („Heiliger Wald") folgt die hymnisch-rhapsodische „Rede an Wien" von Kurt Frieberger, hierauf eine sachlichere kulturgeographische Ortsbestimmung der Stadt von Kari Ziäk, daran schließen sich „Die Legende von Henoch"von Felix Bram und die farbigsuggestive Schilderung von Aigues Mortes, der geschichteumwitterten Stadt der „gestorbenen Gewässer" durch Friedrich Funder. — Zwischen dramatischen Fragmenten von Rudolf Holzer und G. K, Bienek steht, ein wenig exponiert, Felix Hubaleks lautstarke, zum. Teil mit richtigen Argumenten vorgetragene Klage über die „Traditionslüge", die in ein weniger überzeugende Lob de

Kulturfunktionärs mündet. Wegen ihrer wichtigen Themen seien aus der letzten Gruppe („Schau ins Kommende") noch Edwin Rolletts Kritik des Schlagwortes von der „Uebergangszeit" und Franz Hiesels Szenen aus einem Schauspiel, das die Arbeiterpriester zum Gegenstand hat, hervorgehoben.

Daß Wiens literarische Repräsentanz fast vollzählig auf neutraler Ebene der Oeffentlichkeit vorgestellt werden konnte, ist ohne Zweifel ein Verdienst des Amtsführenden Stadtrates für Kultur und Volksbildung, Hans Mandl, der das Jahrbuch mit einer kurzen Vorrede einbegleitet hat. Da der Kreis der Autoren nicht auf die gebürtigen Wiener beschränkt ist, sondern — durchaus begrüßenswart! —- auf alle in dieser Stadt Lebenden, Wirkenden oder ihrem Kulturkreis Zugehörigen ausgedehnt w-urde, konnten in einem Band nicht alle untergebracht werden, die es verdienten. Weitere Bände mit neuen Namen und neuen Themen sollen folgen. Darin hoffentlich wird man vielleicht auch Rudolf Kassner und Max Mell, Friedrich Torberg, Theodor Kramer und Ferdinand Bruckner, Adrienne Thomas und Ilse Aichinger finden. Von den 16 Künstlern, die die feinen Graphiken schufen, seien wenigstens einige genannt: Hauser. Boeckl, Lehmden, Dobrovsky, Pippal und Swoboda. (Der geschmackvollmodern ausgestattete, sauber gedruckte Band verdiente einen Schutzumschlag oder einen Cellophanbezug.)

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