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Als Miniwald chancenlos

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Genau weiß man noch nicht, wie lange Regenwaldbäume leben. Da es in den Tropen keine ausgeprägten Jahreszeiten gibt, bilden die Bäume keine deutlichen Jahresringe. „Es gibt praktisch keine Veröffentlichungen über Wachs- tümsraten von Bäumen in den Urwäldern des tropischen Tieflands“, sagte mir Gary Hartshorn vom Tropical Science Centre in Costa Rica.

Da wir so gut wie nichts über die komplizierten gegenseitigen Abhängigkeiten und über das Fort- pflänzungs- und Ernährungsverhalten der meisten Arten wissen, können wir auch nicht mit Sicher- hėft'žagen, ob der Schutz kleiner isolierter Waldgebiete das Uber- lėRįn dieser Arten sichert. Aber sfeKoh:ijetzt weiß man, daß "die ganz kleinen Schutzgebiete wertlos sind.„Ihr Zustand verschlechtert sich innerhalb weniger Monate“, sagte Lovejoy. Es gibt unter Tropenökologen die Meinung, daß sich selbst erhaltende Regenwaldreservate mindestens 50.000 Hektar groß sein sollten - viel größer als viele der bestehenden Schutzgebiete; einige glauben sogar, daß das Minimum bei 200.000 Hektar liegt.

Selbst die Katalogisierung der Pflanzen und Tiere des Waldes hat gerade erst begonnen. „Die tropischen Waldpflanzen Ozeaniens sind wenig bekannt... und die Pflanzen Amerikas praktisch ganz unbekannt“, heißt es lapidar in einer 1978 von den Vereinten

Nationen veröffentlichten Zusammenfassung des Forschungsstandes. Im brasilianischen Teil des Amazonasbeckens zum Beispiel umfaßt das größte Gebiet, für das es zuverlässige und veröffentlichte Untersuchungsdaten gibt, nur 5,7 Hektar.

Vollständige Kataloge oder Sammlungen für ein bestimmtes Land oder Gebiet sind selten. Brasilien, das größer als das Festland der Vereinigten Staaten und eines der reichsten und am weitesten entwickelten tropischen

Lancier ist, besitzt 49 Pflanzensammlungen, die zusammen jedoch nur zwei Millionen Einzelobjekte enthalten, während Sammlungen in den Vereinigten Staaten 46 Millionen Objekte aufweisen können. Der Botanische Garten von Kew in England besitzt eine bessere Sammlung der Pflanzen vieler Regenwaldländer als die Länder selbst.

Sogar die Fragen, wieviel Regenwald es noch gibt und wie schnell er zerstört wird, bleiben in vielen Ländern unbeantwortet oder werden nur unzureichend beantwortet. Satellitenbilder, Radar und Luftaufnahmen geben genaue Information über Waldbedeckung, aber viele Länder benutzen offizielle Daten, die auf veralteten Untersuchungen basieren und nie mehr als bloße Schätzungen waren. Die indonesische Regierung, zum Beispiel, behauptet seit Jahren, daß das Land noch 123 Millionen Hektar Regenwald besitzt und das trotz der Tatsache, daß jährlich mindestens 600.000 Hektar Wald gerodet werden und ein noch größeres Gebiet schwer geschädigt wird. Die Gesamtfläche unberührten Regenwaldes in Indonesien dürfte nur noch 81 Millionen Hektar betragen.

Die Grundlagenforschung der Tropenbiologie (wovon die Regenwaldökologie nur einen Teil ausmacht) erhält weltweit etwa 40 Millionen US-Dollar Zuschüsse pro Jahr. „Nureine'Handvoll Einzelpersonen in den Vereinigten Staaten ist kompetent genug, um weitreichende Untersuchungen tropischer Ökosysteme zu leiten und durchzuführen“, sagt Peter Raven, der Vorsitzende des Komitees für Forschungsprioritäten in der Tropenbiologie im amerikanischen National Research Council. „Und nur drei dieser Wissenschaftler beschäftigen sich momentan mit Untersuchungen in den Tropen. Weltweit beläuft sich die Zahl der Wissenschaftler, die in der Lage sind, solche Untersuchungen durchzuführen, auf nicht mehr als zwei Dutzend.“

Gekürzt aus dem Buch „Der Regenwald - Ein schwindendes Paradies“ von Catherine Caufield. Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt/M. 1987.338 Seiten, Ln.. öS 310.50.

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