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Bangen um die Privatschulen
Frankreichs Katholiken bangen um ihre konfessionellen Privatschulen. Anlaß dazu ist die bereits während der Kampagne zur Präsidentschaftswahl vom damaligen Kandidaten Francois Mitterrand verkündete Absicht, das französische Erziehungswesen zu einer großen einheitlichen und laizistischen öffentlicnen Dienstleistung umzugestalten.
Das magische Wort Laizität begeistert die einen und schreckt die andern, seitdem es vor nunmehr gerade hundert Jahren als Markenzeichen eines antiklerikalen Schulsystems in Gebrauch genommen wurde. Es war die Zeit, als die Dritte Republik erst eigentlich zu sich selbst kam.
Hervorgegangen aus der doppelten Katastrophe der militärischen Niederlage und des in Strömen von Blut mühsam überwundenen Aufstands der Pariser Kommune, war sie in ihren ersten Jahren weitgehend von den Royalisten beherrscht gewesen. Erst 1879 gelang den Republikanern der Durchbruch, und nun begann der Aufbau einer neuen Ordnung. Überragende Bedeutung erlangte dabei das vom Unterrichtsminister und zweimaligen Ministerpräsidenten Jules Ferry geschaffene Gesetzeswerk zur Reorganisation des Schulwesens.
Nachdem mit dem Gesetz von 1881 die Unentgeltlichkeit des öffentlichen Grundschulunterrichts gewährleistet worden war, erfolgte 1882 die Einführung der Schulpflicht vom 6. bis 13. Lebensjahr sowie die Verkündung der Laizität des gesamten öffentlichen Unterrichts.
Die Laizität jedoch erwies sich wäh-
rend langer Jahrzehnte als nicht etwa gleichbedeutend mit religiöser Neutralität der Schule; sie war vielmehr_vop offensivem Geist beseelt und machte aus ihrer „Sittenlehrc" und „Staatsbürgerkunde“, womit sie den Religionsunterricht ersetzt hatte, eine regelrechte Gegenreligion, ja sie hatte für weltliche und patriotische Feiern ein besonderes Zeremoniell - um nicht zu sagen: eine Liturgie - entwickelt.
Neben diesem laizistischen öffentlichen Unterrichtswesen gibt es in Frankreich die sogenannten „freien Schulen“ ein weitverzweigtes privates Unterrichtswesen, das etwa 16 Prozent der Gesamtschülerzahl auf sich vereinigt. Diese Schulen sind fast ausschließlich konfessionell, wobei die katholischen 98 Prozent ausmachen.
Früher mußten diese Privatschulen ohne jede öffentliche Hilfe auskom- men. Das Vichy-Regime gestand ihnen 1941 Subventionen aus Gemeinde- und Staatsmitteln zu, die 1945 zunächst gestrichen, 1951 aber (in Form von staatlichen Stipendien auch für Privatschüler) wieder eingeführt wurden.
Große Hilfe kam 1959 aus der Lex Debrė, die ihnen die Möglichkeit eröff- nete, mit dem Staat Verträge zu schließen, aufgrund welcher der Staat im Tausch gegen ein mehr oder minder ausgedehntes Aufsichts- und Mitspracherecht die Personal- und sogar teilweise die Betriebskosten übernimmt.
Die allermeisten katholischen Privatschulen sind seit Jahren solche Verträge mit dem Staat eingegangen. Ihr Lehrpersonal ist dadurch hinsichtlich Gehalt, Aufstiegsmöglichkeiten und
Pension dem staatlichen Personal fast gleichgestellt. •
Der Vorschlag der Regierung geht nun dahin, in gegenseitigen Verhandlungen das bereits bestehende enge Verhältnis in einen völligen Zusammenschluß zu verwandeln und so das gesamte französische Schulwesen zu einem einzigen großen öffentlichen Dienst zu machen: es geht also um die Verstaatlichung des privaten Schulwesens.
Daß die Träger der Privatschulen hiervon keineswegs begeistert sind, ist verständlich; sie finden die bestehende Regelung gut und möchten nichts Wesentliches darum geändert sehen. Die Regierung ihrerseits geht sehr vorsichtig zu Werk und sucht immer wieder zu beschwichtigen: die Unterrichtsfreiheit werde keinesfalls in Frage gestellt, der Präsident habe die Absicht, zu überzeugen, nicht aber Zwang auszuüben …
Was auch immer bei etwaigen Verhandlungen herauskommen mag; die geplante Einrichtung eines einheitlichen öffentlichen Dienstes für das gesamte Schulwesen ist nur auf dem Gesetzesweg zu verwirklichen, erfordert also die Zustimmung der jetzt neu gewählten Nationalversammlung.
Die Bischöfe haben zunächst einmal eine sehr gemäßigte Stellung eingenommen, sind „zum Gespräch bereit“, ja erklären, sie seien nicht von vornherein gegen ein vereinheitlichtes Schulsystem und wollten die Unterrichtsfreiheit nicht als Waffe im parteipolitischen Kampf gebraucht sehen, „um andere Dinge durchzudrücken, die teilweise viel weniger mit dem Evangelium übereinstimmen mögen“.
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