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Das göttliche Gebot gilt weiter

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Nach der Zurückweisung des Volksbegehrens durch die Mehrheit des Nationalrats wenden sich die österreichischen Bischöfe in einem Hirtenbrief an die Gläubigen, aus dem wir Auszüge veröffentlichen.

Wenn auch nach dem Gesetz die Abtreibung in den ersten drei Monaten freigegeben wird, so halten wir nachdrücklich fest, daß trotz der geänderten Gesetzeslage die moralische Ordnung unverändert bleibt. Wenn auch das staatliche Gesetz Tötung menschlichen Lebens erlaubt, so gelten nach wie vor das göttliche Gebot und die christliche Sittenordnung. Sie verpflichten weiterhin das Gewissen. Die bewußt vorgenommene oder geforderte Abtreibung, also jeder, der abtreibt und abtreiben läßt, wer dazu rät oder drängt, lädt Schuld auf sich, wie immer das staatliche Gesetz lauten mag.

Die gläubigen Katholiken müssen heute mehr denn je den Mut haben, sich in ihrer Lebensauffassung, wo immer das notwendig ist, von anderen zu unterscheiden. Schon immer war in der Geschichte der Glaube die Kraftquelle für solchen Mut. Das war letzten Endes Ursache der weltweiten Ausbreitung der Kirche.

Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß viele äußere Umstände die positive Einstellung zum Kind erschweren: Jungen Menschen fehlen oft die Mittel zum Erwerb einer eigenen Wohnung; kinderlose Ehepaare werden bei der Vergabe von Wohnungen aus privater Hand bevorzugt; Frauen fallt es schwer, ihre Berufstätigkeit aufzugeben; mit öffentlichen Mitteln geförderter Wohnbau berücksichtigt nicht in genügendem Maße den familiengerechten Lebensraum; es mangelt immer noch an entsprechenden Kindergärten und vor allem an Kinderkrippen und an Spielplätzen in den Städten. Was Familienplanung in unserem Land vor allem erschwert, ist aber das Unverständnis einer überwiegend kon-sum- und genußfreundlichen Gesellschaft. Jeder Christ ist daher aufgefordert, seine Einstellung zum Kind zu überprüfen und zu überdenken, was er in Wort und Tat in seiner Umgebung und seiner Gemeinde zur Besserung dieser Situation beitragen kann.

Das Ja zum Kind bringt für die Eltern den zeitweiligen Verzicht auf manche Annehmlichkeiten und die Zurückstellung persönlicher Wünsche und Pläne mit sich.Aber verantwortungsbewußte Elternschaft bedeutet nicht nur Opfer, sondern auch Freude und existentielle Erfüllung; dies gilt vor allem für die Frau.

Besonders Frauen in seelischer oder finanzieller Bedrängnis brauchen bei ihrer Entscheidung für das Kind unser aller Ermutigung. Wir erwarten mit Recht von unseren Katholiken, daß sie ihnen Verständnis, nachbarliche Hilfe und materielle Unterstützung zuteil werden lassen.

Eindringlich ermuntern wir jeden einzelnen Christen in unserem Larid, ein offenes Auge für schützende und fördernde Maßnahmen in allen Bereichen zu haben, in denen menschliches Leben bedroht ist

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