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Das Wort aus Rom

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Dem medialen Aufschrei auf den Kultur Seiten „Aus für Kirchenkonzerte!“ folgte sofort die • behutsame Richtigstellung einiger kirchlicher Stellen. Nun hieß es in den Medien: „Kein Aus für Kirchenkonzerte.“ Die Frage ist aber offenbar vielschichtiger. Die vereinfachenden Schlagzeilen wurden von der Nachrichtenagentur Kathpress korrigiert. Da hieß es: „Vatikanische Instruktion darf nicht ausgehöhlt werden.“

Die Richtlinien für musikalische Aufführungen in Gotteshäusern, herausgegeben von der Kongregation für den Gottesdienst in Rom, lösten bei ihrem Bekanntwerden vor einigen Monaten jeden-

falls eine gewisse Verwirrung und Beunruhigung aus. Wie steht es etwa um Theateraufführungen in sakralen Räumen? Das Dokument handelt jedenfalls ausschließlich von Konzerten. Doch für die Veranstalter dieser Saison käme dies ohnehin zu spät. Alle Festivals sind geplant, auch in Kirchen.

Einer der meistbeachteten Punkte findet sich unter Ziffer III. 10. c. in den „Praktischen Bestimmungen“ des Dokuments: „Der Eintritt in die Kirche muß frei und unentgeltlich sein.“ Außer dieser Stellungnahme findet sich kein weiterer Bezugspunkt zu einem doch wesentlichen Aspekt von Konzertveranstaltungen, nämlich zur Frage der Finanzierung. Spenden, so die einhellige Interpretation, wären allerdings erlaubt. Doch „damit ist nichts zu machen“, sagt Bürgermeister Josef Böck aus Melk, Veranstalter der Pf ingstkonzerte. In Melk wird auch in der Stiftskirche gespielt.

Dazu kommt ein weiterer Aspekt. In Österreich existieren bereits „Richtlinien für konzertante Aufführungen in Kirchen“, von der österreichischen Bischofskonferenz vor etwa einem Jahr „ad experimentum“ auf drei Jahre genehmigt. Dort jedoch wird den Veranstaltern die Einhebung eines Kostenbeitrages gestattet, wenn auch nicht zu kommerziellen Zwecken.

Woran kann sich ein streßgeplagter Veranstalter orientieren: am römischen Dokument, an den österreichischen Richtlinien? „Es ist klar, daß die römische Vorschrift nicht von regionalen Vorschriften überflügelt werden kann“, stellt Weihbischof Kurt Krenn, Bischofsvikar für Wissenschaft, Kunst und Kultur in der Erzdiözese Wien, die Rangfolge

klar. Doch Veranstalter könnten, so Krenn, in strittigen Fällen direkt in Rom nachfragen. Die Bischöfe würden jedenfalls nicht gegen Rom entscheiden, „dafür garantiere ich“. Der den Ordinarien im Dokument zugestandene Bewegungsfreiraum sei gleichzeitig durch selbiges Dokument festgelegt, präzisiert der Weihbischof.

Für eine Entscheidung um die ausstehenden Durchführungsbestimmungen hat die österreichische Bischofskonferenz mehrere Gutachten erstellen lassen. Eines stammt von Walter Sengst-schmied, Leiter des Amts für Kirchenmusik der Erzdiözese Wien. Das Ergebnis ist noch nicht offiziell, die private Meinung Sengstschmieds deckt sich zum Großteil mit den erwähnten österreichischen Richtlinien, an deren Erstellung er wesentlichen Anteil hatte. „Es gibt drei Möglichkeiten“, analysiert Sengst-schmied, „entweder man läßt weiter die österreichischen Richtlinien gelten“, oder man modifiziert diese den römischen Bestimmungen entsprechend, oder man übernimmt das Dokument der Gottesdienstkongregation direkt.

Ein weiterer Gutachter, Ordinariatskanzler Ernst Pucher aus Wien, deutet zwei Schwerpunkte an: erstens die Möglichkeit der Spendeneinnahmen, zweitens die kumulative Genehmigung von Veranstaltungsreihen, sofern Programm und Termin jedes einzelnen Konzertes bekannt sei. Das heißt, die Extragenehmigungen, wie sie laut den römischen Richtlinien verlangt werden, könnten in einem Antrag zusammengefaßt sein.

Ein wichtiger Unterschied zwi-. sehen den österreichischen und römischen Bestimmungen liegt in der Reihenfolge der einzuholenden Genehmigungen innerhalb der kirchlichen Hierarchie. Bisher konnte der zuständige Ortspfarrer seine Genehmigung erteilen, in strittigen Fällen war das örtliche Ordinariat hinzuzuziehen. Die römische Gottesdienstkongregation drehte die Reihenfolge um: Der zuständige Bischof kann nun nach einem Antrag des Veranstalters dem Ortspfarrer gestatten, eine Benutzergenehmigung zu erteilen. Das bedeutet eine Zentralisierung des Entscheidungsablaufes.

Einig und klar jedenfalls begrüßt man in Österreichs Kirchenführung die Grundintention

des Dokuments. Denn die liegt in der Rückbesinnung auf den Spielraum (in des Wortes doppelter Bedeutung), den der ursprüngliche Charakter eines Gotteshauses zuläßt, und weiters in dem daraus abzuleitenden Grundsatz, daß keine Musik aufgeführt werden dürfe, „die nicht religiös inspiriert ist, sondern komponiert wurde, um in bestimmten profanen Zusammenhängen aufgeführt zu werden“ (Punkt Nr. 8). Diese Anliegen wurden auch in den gegenwärtig gültigen österreichischen Richtlinien vertreten.

Viele Veranstalter stellen diese Forderung der Kirche ohnehin nicht in Zweifel. Pfarrer Josef Herowitsch für das burgenläridi-sche Festival in Lockenhaus, zum Beispiel, verweist auf den pasto-ralen Wert von Kirchenkonzerten. Es seien „gute pastorale Entscheidungen unter Berücksichtigung der jeweiligen sozio-kultu-rellen Verhältnisse zu treffen“, meint dazu das römische Dokument in Punkt 4.

In der laufenden Saison wird bei den Konzerten in den Kirchen von Ossiach, Millstatt, Pertisau, Salzburg, Kremsmünster, Stams, Admont jedenfalls noch Eintritt verlangt.

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