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„... daß die Fristenlösung entbehrlich wird!“

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Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), wie Heinrich Schneider erst kürzlich im österreichischen Jahrbuch für Politik 77 erneut nachgewiesen hat, der Hauptfaktor der „Actio Catholicorum“ in Österreich, verstärkt in diesem Jahr ihre gesellschaftspolitische Wirksamkeit. Zwei Bereiche stehen im Vordergrund:

Die Diskussion über den Fragenkomplex der legalisierten Abtreibung hat nach der parlamentarischen Verwerfung des Volksbegehrens zum Schutze des Lebens auch im katholischen Bereich selbst einen deutlichen Knick erfahren. Erst am „Jahrestag“ kam das Thema wieder verstärkt in die allgemeine Diskussion. Für die Katholiken muß diese Thematik jedoch ständig auch in der allgemeinen Diskussion präsent sein, wobei es im“ gegenwärtigen Stadium wohl kaum um die Frage der strafgesetzlichen Regelung gehen kann.

Vielmehr gilt es, den offenbaren Krankheitssymptomen unserer Gesellschaft nachzuspüren, deren Auswirkung der immerhin vorhandene Bedarf nach dieser Art der Geburtenregelung ist. Wiederholt hat die AKV darauf hingewiesen, daß das Hauptproblem doch der - wie immer auch motivierte - mangelnde Wille zum Kind ist. Läßt man die vermutlich quantitativ eher geringe Zahl der Not-

fälle einmal außer Betracht, so stellt sich heraus, daß die Entscheidung gegen das Kind ja auch außerhalb der Fristenlösung entweder materiell bedingt ist oder ihre Wurzel ganz einfach in den Umweltbedingungen der Familie hat. Dagegen gut es anzukämpfen, weü eine weitgehende Beseitigung dieser ursprünglichen Probleme die Frage nach der Fristenlösung zumindest seltener stellen lassen wird.

Der politische Ausschuß der AKV hat sich zur Aufgabe gesetzt, eine Studie zur Gesamtsituation des Kindes in der gegenwärtigen österreichischen Gesellschaft zu erarbeiten. Dehn tatsächlich deutet vieles darauf hin, daß zwar manches für das Kind geschieht -insbesondere auch auf der politischen Bühne -, daß es aber an einem Gesamtkonzept mangelt und alle gesetzlichen Maßnahmen daher bruchstückhaft bleiben, in einigen Fällen sogar widersprüchlich im Effekt sind. Aus der angestellten Studie, die im Herbst zu erwarten sein wird, könnte man dann jene dringend notwendigen Schlußfolgerungen ziehen, die zu einer Verbesserung der Einstellung der Gesellschaft zum Kind dringend notwendig erscheinen.

Auf anderer Ebene, aber zum gleichen Thema liegt der Versuch, die katholische Öffentlichkeit erneut mit der Problematik der Abtreibung zu beschäftigen: Die AKV ruft für Donners-

tag, den 8. Juni 1978, um 18 Uhr zu einem Bittgottesdienst in den Wiener Stephansdom auf. Gebetsanliegen dieses Gottesdienstes ist „Laßt sie das Licht der Welt erblicken“. Die katholischen Verbände wollen mit dieser Meßfeier, die Werhbischof Florian Kuntner zelebrieren wird, ein Bekenntnis zu der Notwendigkeit ablegen, der Sinnerfüllung der christlichen Familie nicht nur im gesellschaftspolitischen Raum Rechnung zu tragen, sondern auch im Gebet und in der Emotion. Alle Katholiken sind herzlich eingeladen, am 8. Juni in den ehrwürdigen Wiener Dom zu kommen und sich mit diesem Gebetsanliegen durch ihre persönliche Teünahme zu identifizieren.

Es gilt doch gerade in dieser Zeit, auch im eigentlichen katholischen Raum immer wieder bewußt zu machen, daß mit dem neuen Strafgesetzbuch nichts, aber auch schon gar nichts, gelöst ist. Gerade im Bereich der Wiener Diözese ist in den letzten Jahren sehr viel geschehen, um vor allem den Müttern den Entschluß zum Kuid zu erleichtern. Erfolgreich werden alle diese Bemühungen aber nur sein können, wenn dahinter die Entschlossenheit wirklich aller Katholiken steht, alles dazu beizutragen, daß die Fristenlösung entbehrlich und unnütz wird.

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