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Gesprach mit der Gesellschaft

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Ein Interview mit dem Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz Msgr. Dr. Karl Forster

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Ein Interview mit dem Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz Msgr. Dr. Karl Forster

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Als vor einigen Wochen die „Katholische Akademie in Bayern“ ihren zehnjährigen Bestand feierte, richtete sich das Interesse der Öffentlichkeit naturgemäß auf Mon-signore Dr. Karl Forster, der sie seit ihrem Anfang geleitet und ausgebaut hat und der nun in das Büro des Sekretärs der deutschen Bischofskonferenz übersiedelt ist. Dort sitzen wir ihm gegenüber und fragen zunächst, „wie es dazu gekommen ist“.

Er erzählt, daß er vom Habilitä-tionsthema weg in den vorbereitenden Ausschuß zur Gründung der Akademie berufen wurde; nach einem Jahr intensiver Planung wurde die Frage nach dem leitenden Direktor akut. Man einigte sich auf ihn — „trotz heftigen Sträubens meinerseits“, wie Mon-signore Forster vermerkt.

FRAGE: Wenn man den Rechenschaftsbericht der Akademie durchblättert, ermißt man, daß es sich nicht nur um ein „florierendes Bildungsunternehmen“ handelt: die Arbeit geht in die Tiefe; „heiße Eisen“ werden nicht nur zu Demonstrationszwecken kurz angefaßt; zu den wichtigsten Problemen der letzten zehn Jahre haben die maßgebendsten Fachleute Stellung genommen; — hat dieses Konzept, das so viel vom Programm des Konzils vorwegnimmt, von Anfang an bestanden?

ANTWORT: Gewiß, man wollte nie eine enge Schulungsstätte schaffen, sondern ein Forum, das dem geistigen Rang Münchens angemessen ist. Man mußte von Anfang an sehen, die Offenheit des Weltgesprächs zu bezeugen und glaubwürdig darzustellen. Ohne Zweifel gelang der Durchbruch in der Publizistik wie im Vertrauen nichtkatholischer Kreise zu diesem Gesprächsforum mit der im Jänner 1958 mit Vertretern der Sozialdemokratie abgehaltenen ersten öffentlichen Tagung.

FRAGE: Hat es bei dieser Öffnung Schwierigkeiten mit kirchlichen Behörden gegeben?

ANTWORT: Die Akademie wurde als eine Einrichtung aller bayerischen Diözesen geschaffen und ist daher den bayerischen Bischöfen verantwortlich; doch ist sje inzwischen in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt worden, die durch ihr Statut eine starke Eigenständigkeit erhalten hat. Nennenswerte „Schwierigkeiten“ hätten also nur von den bayerischen Bischöfen kommen können — aber gerade von ihnen kamen sie nicht. Gerade die Vorsitzenden der bayerischen Bischofskonferenz, die Kardinäle Wendel und Döpfner, haben die Freiheit der Akademie immer mit verteidigt.

FRAGE: Wie versteht sich die Akademie in ihrem Verhältnis zur herkömmlichen katholischen Bildungsarbeit?

ANTWORT: Als Ergänzung. Bil-dungs- und Schulungsarbeit, etwa für bestimmte Personengruppen, haben ihre Berechtigung und Notwendigkeit, aber es muß daneben noch ein Forum geben, das Weltdialog macht; dieses Forum kann natürlich nicht diese innerkirchliche Bildungsarbeit an einem breiten Umfang leisten. Denn das schließt sich von Milieu, Einrichtung und Klima her wechselseitig aus. Freilich hat die Akademie daneben noch die Bildungsarbeit katholischer Verbände übernommen.

FRAGE: Hat die Akademie zu bestimmten Themen von sich aus Stellung bezogen oder sollte sie es tun?

ANTWORT: Nein. Sie soll sich bemühen, zu einer Sache, die strittig ist, die verschiedenen Gesichtspunkte in einer möglichst klaren Weise ins Gespräch zu bringen und dabei die Gemeinsamkeiten, wie eventuell unterschiedliche Standpunkte, zu konstatieren; aber die Akademie als solche hat eigentlich keinen Standpunkt zu vertreten. Der Wechsel von der Akademie in die Bischofskonferenz ist auch ein Wechsel in der Methode, solche Fragen anzugehen; während die Akademie nicht Stellung beziehen darf, müssen es die Bischöfe und Bischofskonferenzen durchaus tun die Kirche hat heute, in der pluralistischen Gesellschaft, durchaus die Aufgabe, sich selber in ihrer Auffassung vom Menschen und der Gesellschaft klar zu artikulieren. Daß sie anderen Interessengruppen gegenüber so etwas wie eine verbindende Funktion hat liegt daran, daß, soziologisch gesehen, ihr Gruppierungsprinzip eben umfassender ist als irgendein anderes Gruppierungsprinzip in der pluralistischen Gesellschaft... Die Kirche muß sich davor hüten, ihr Gruppierungsprinzip verengen zu lassen. Aber: sie hat nicht nur jenes vermittelnde Element, das wir soeben angesprochen haben, sondern auch ihr höchst eigenes: ihre Botschaft in die Gesellschaft hineinzutragen. Dieser Auftrag bedarf natürlich der Konkretisierung. Auf die gesellschaftliche Ebene projiziert auch einer Formulierung. Nur ist dann eine gewisse innerkirchliche Toleranz notwendig, auch verschiedene Projizierungen und Aufträge, die sich im Rahmen des großen Auftrags der Kirche halten, zu tolerieren.

Freilich: der Sekretär der Bischofskonferenz hat keinen primär politischen Auftrag. Er hat die Beratungen der Bischöfe vorzubereiten und ihre Beschlüsse durchzuführen.

Was darüber hinaus die politische Grundlinie der Kirche betrifft, so habe ich immer vertreten, daß die Kirche ihren besonderen Auftrag mit allen politischen Gruppierungen ins Gespräch bringen muß; heute, in der Zeit der großen Koalition, ist das ja keine Sache mehr, die man skurillen Theoretikern oder Vor-wärtsdrängern zuschieben muß, sondern eine Realität, die man annehmen muß. Ebenso ist es natürlich eine Realität, daß eine politische Gruppe der Kirche und ihrem politischen Auftrag näher stehen kann als eine andere. Das bedeutet nicht die Identität der Kirche mit dieser Gruppe, sondern nur den statistisch faßbaren Sachverhalt, daß in vielen politischen Fragen die eine Gruppe der Kirche näher steht als die andere.

FRAGE: Können Sie uns einige drängende Aufgaben der Bischofskonferenz nennen, die aus den Impulsen des Konzils hervorgehen?

ANTWORT: Etwa die Ordnung des Laieneinsatzes, der Laienrepräsentanz in der Kirche. Im Gefolge der Diskussion der Umstrukturierung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken wird besonders die Frage aufgeworfen, wie das verbandmäßig Organisierte mit der Initiative von Einzelpersonen zu integrieren sei.

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