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Der Teufel ist mir lieber
Der autobiographischen Pflichtübung des prominenten Schriftstellers entledigt sich Henry Miller in Form von Hörfunk- und Fernsehinterviews mit seinem Freund und Übersetzer Georges Beimont. Die Gespräche wurden gekürzt, montiert und mit Randbemerkungen versehen und bilden jetzt ein Buch, in dem der Reiz der spontanen Formulierung erhalten geblieben ist.
Henry Miller ist kein tiefsinniger Autor, der in diesen Gesprächen etwa erst einen Schlüssel zu seinem Werk liefert. Der Kommentar unterstreicht, was der Leser längst ahnt. Millers Vorliebe dafür, sich möglichst von der schlechten Seite zu zeigen. Der Teufel ist ihm lieber als der Engel, die sexuelle Bindung darstel- lenswerter als die wahre Liebe. Dieser kategorische Zug konveniert übrigens ausgezeichnet mit der Entwicklung einer Literatur, zu deren „Vorläufern“ man Henry Miller zu zählen pflegt.
Mit den Philosophien hat er es der Reihe nach probiert und aufgegeben. Hängengeblieben ist Trivial-Östliches. „Für mich ist heute das Ideal, auf allen Gebieten immer untätiger zu werden — darin, finde ich, liegt rlip wiaihrp Wpi«:lbpit. . . . sifTi trpitisn
So treibt er denn. „Wissen Sie, Ich - lasse gerne die Antworten im a Geheimnisvollen. Ich liebe das Geheimnis. Ich glauibe, das ganze Leben d ist nichts als ein Geheimnis… ein e Geheimnis, das man nie ergründen t wird.“ (No, na!) „Das ist auch der i Grund, weshalb ich weder die Beri mühungen der Wissenschaftler noch die der Politiker besonders liebe. Ich halte beide für überflüssig.“
Weiter. „Ich glaube, im Grunde liebe ich die fast asketische Einfachheit. Und wie ich bereits sagte, die Ästhetik ist mir völlig egal. Gewiß, der Schönheitssinn der Japaner ist etwas, das ich sehr liebe, ja, was ich wohl am meisten an ihnen bewundere. Aber das hindert mich nicht daran, daß mir persönlich diese Dinge völlig egal sind.“
Dann. „Trösten ist ein sehr schönes, ein großes Wort. Wir brauchen keinen Komfort, sondern Trost. Das Wichtigste ist, daß jemand einem zuhört, wenn man Kummer hat. Jemand, der ganz einfach zuhärt; er braucht weiter nichts zu sagen oder irgend etwas zu geben. Zuhören zu können, das ist eine sehr große Gabe, nicht wahr?“ (Allerdings, probieren Sie’s bei Henry Miller!)
Die Katze aus dem Sack. „Der Sex ersetzt wirklich in gewisser Weise Gott. Das mag manchen als Lästerung erscheinen. Aber so darf man das nacht verstehen.“ (Weil’s so nicht wahr ist!)
Ein angenehmes Blabla. Mister Miller, wir danken für dieses Gespräch.
MEINE JUGEND HAT SPÄT BEGONNEN. Dialog von Henry Mil- l e r mit Georges Beimont. Aus dem Französischen von Widulind Clerc-Erle. Im Goverts-Krüger- Stahlberg-Verlag, Stuttgart. 124 Seiten. Paperback. DM 14.80.
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